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Sie machen kraftvollen Deutschrock, verarbeiten tonnenweise Lebenserfahrung in ihren Songs und haben mit dem New Talent 2009 einen Bandwettbewerb auf regioactive.de gewonnen. Seitdem ist viel passiert, die vier Stuttgarter stecken momentan mitten in ihren Aufnahmen zum neuen Album. Wir wollten es genauer wissen und haben uns mit Heiko Munk, dem Bassisten der Band, über ihr neues Material und den Videodreh zu "Vorbei" unterhalten.

{image}regioactive.de: Wie kam der Name der Band zustande? Vielleicht aus dem geteilten Leid des Liebeskummers, oder wie erklärt ihr euren Namen?

Heiko Munk: Ja, so ungefähr kann man sich das vorstellen. Jeder von uns hatte in der Vergangenheit einen gewissen "Verschleiß" an Beziehungen, um die es dann auch in den Songs immer wieder mal geht. Und wir wollten natürlich infolgedessen einen Bandnamen, mit dem sich möglichst viele unserer weiblichen Fans identifizieren können. (lacht)

{image}Wer hat beim Video zu Vorbei Regie geführt?

Heiko: Wir hatten über ein paar Ecken Kontakt zur Firma teamWerk in Stuttgart. Dort haben wir zum Thema Regie und Drehbuch sehr eng mit Heiko Bokern zusammengearbeitet. Er ist auch selbst leidenschaftlicher Bassist und langhaariger Rocker. Deshalb wusste er von Anfang an, wohin wir mit dem Projekt wollten. Ehrlich gesagt war uns nicht einmal von Anfang an klar, dass wir für das Video den Song Vorbei verwenden würden. Wir gaben Heiko mehrere Titel zur Auswahl, die wir für videotauglich hielten. Er versuchte dann, sich anhand der Texte und Sounds in die Songs hineinzuversetzen und seine Fantasie spielen zu lassen. Interessanterweise war sich Heiko ziemlich schnell sicher, dass Vorbei sein absoluter Favorit war. Die Story hatte ihn sofort gefesselt.

Was ist die Idee dahinter?

Heiko: In dem Song geht es um ein Paar, das in der Trennung begriffen ist. Nur will das Mädel es nicht so recht wahrhaben, dass es vorbei ist. Wir haben also einen heftigen Streit zwischen unseren beiden Hauptakteuren Pia-Maria Fedelucci und Daniel Hubertus in Szene gesetzt. So richtig mit Anschreien, Heulen und Türenknallen. Man kann sich ja ungefähr vorstellen, was wir beim Filmen für einen Spaß hatten! Damit alles möglichst echt rüberkommt, wollten wie keine dämlichen Marienhof-Kulissen verwenden, sondern haben kurzerhand einen Kumpel so lange bequatscht, bis er uns seine Altbaumietwohnung mitten im Zentrum von Esslingen zur Verfügung gestellt hat. Mittlerweile bezweifeln wir allerdings, ob er wusste was er tat, als er so leichtfertig zugesagt hat. Spätestens als der Kamerawagen ausgepackt, das Parkett von den Lichtstativen verkratzt und die Nachbarn durch die Geräuschkulisse der ersten "Schreiszene" beunruhigt waren, wurde es auch ihm ein bisschen mulmig. Mittlerweile halten ihn seine Mitbewohner wohl für einen gefährlichen Irren und sind im Flur erstaunlich höflich...

Es werden zwischendurch immer wieder Liveszenen eingeblendet. Wo habt ihr diese gedreht?

Heiko: Wir hatten eine richtig coole Location, nämlich die S*cobar in Esslingen. Einer der Betreiber dieses absolut coolen Liveclubs im Herzen Esslingens ist Chris Bubeck, der uns auch seine Wohnung für die Streitszene überlassen hatte. Die Liveszenen haben der Band übrigens alles abverlangt, denn unser Regisseur Heiko Bokern war unerbittlich, wollte hier noch einen Take und dort noch eine Kameraeinstellung aufnehmen, bis alle fix, fertig und halb taub waren. Sogar eine Griffbrettkamera – ganz im Stile von AC/DCs Thunderstruck – kam zum Einsatz. Ein Riesenspaß für uns als Musiker. Nachdem wir Vorbei also insgesamt ca. 127 Mal gehört und dazu mitgerockt hatten, waren wir uns sicher, dass wir ihn nie wieder live spielen wollen. Glücklicherweise haben wir uns mittlerweile erholt und umentschieden...

Wird das auch die erste Singleauskopplung werden?

Heiko: Falls wir einen Geldgeber finden, gerne! (lacht) Ansonsten sehen wir den Clip als wirksames Werbemittel auf unserer Website und natürlich unserem regioactive.de-Profil.

Wie habt ihr euch seit eurem Debütalbum Zeitensprung musikalisch weiterentwickelt?

Heiko: Als Zeitensprung fertiggestellt war, waren wir natürlich erstmal richtig stolz und happy, dass wir es soweit geschafft hatten. Der Sound war extrem groß, bombastisch und glasklar, ein echter Meilenstein für uns nach so vielen Amateur-Proberaum-Aufnahmen, die wir absolviert hatten. Es liegt ja nun schon drei Jahre zurück, und in dieser Zeit haben wir uns musikalisch und auch technisch weiterentwickelt. Schon jetzt, beim Durchhören der ersten Demos, merkt man, wieviel wir als Musiker an Selbstbewusstsein gewonnen haben.

{image}Wie laufen die Arbeiten zum neuen Album? Könnt ihr uns sagen, was uns erwarten wird?

Heiko: Wir werden auf jeden Fall zu einem musikalischen Rundumschlag ausholen. Die Songs werden eine ganze Ecke härter, böser und kantiger werden. Das soll sich sowohl in den Texten als auch im Sound der Instrumente widerspiegeln. Deshalb werden wir auch ganz bewusst auf komplexe Streicherarrangements und 3stimmige Chorsätze verzichten. Wir wollen diesmal soundmäßig nicht zu viel Hightech einsetzen, sondern eher wieder "back to the roots" gehen. Also keine 28 Mikros am Drumset und eine Menge Samples, sondern eher dreckiger purer Rock, der richtig aus den Boxen schreit. Als Kontrast dazu haben wir aber auch vor, ein paar unserer bereits bekannten Titel als sparsame Unplugged-Versionen mit draufzunehmen, so im Stile von 3 Doors Downs Here Without You. Wir haben ja dieses Jahr "Stuttgart brennt" im LKA-Longhorn mit ein paar Akustiknummern eröffnet und haben daraufhin so viel positives und begeistertes Feedback bekommen, dass wir das Thema weiterverfolgen wollen. Das Album wird also hoffentlich ziemlich vielseitig werden.

Woher stammen eure Inspirationen dazu?

Heiko: Inspiration für die neuen Songs schöpfen wir – wie immer – aus den ganz alltäglichen Dingen des Lebens, die uns beschäftigen und in irgendeiner Form umtreiben. Wir sind vier ziemlich unterschiedliche Charaktere mit ganz verschiedenen Interessen. Da kommen schon mehrere Einflüsse aus Rock, Pop und Metal zusammen. Unser Sänger Chris ist auch ganz groß darin, Erlebtes in Songs zu verpacken und mitreißend und ehrlich rüberzubringen...allerdings ist auch meist er derjenige, der durch Beziehungsstress den meisten Input an der Stelle liefern kann (lacht). Falls sich doch noch eine oder zwei Balladen auf das Album verirren, ist nur unser Sänger Chris schuld. Er kann's einfach nicht lassen!

Wer ist an den Albumarbeiten beteiligt?

Heiko: Wenn man so will, heißt der Produzent DEIN eX. Wir wollten fürs neue Album bewusst andere Wege gehen. Deshalb haben wir uns entschlossen, uns die nötige Technik, das Wissen und die Beratung von ein paar wirklich guten Leuten zu holen und dieses Mal komplett alles selbst und in Eigenregie aufzunehmen. Wir waren ja mit unserer letzten Scheibe auch schon ein paar Wochen im Studio unterwegs und haben dort für uns sehr wertvolle Erfahrungen gemacht und natürlich auch eine Menge Einblick in die ganze Technik bekommen.

Was hat sich dadurch für euch verändert?

Heiko: Wir hatten seit jeher Bauchschmerzen von den Unterschieden zwischen unseren Liveshows und dem, was auf Platte davon übrigblieb. Meistens war uns irgendwie zu wenig "Dreck" drin. Daraus kann man jetzt aber keinem Produzenten oder Tontechniker einen Vorwurf machen. Wir waren an der Ecke einfach unerfahren und uns hatte der Überblick gefehlt. Also sind wir dieses Problem angegangen und sind jetzt an einem Punkt, wo die ersten Songs im Kasten sind und richtig fett und "dirty" klingen. Die Gitarren sind richtig laut und die Drums prügeln ohne Ende. Also sind wir genau da, wo wir hinwollten. Mittlerweile glauben wir auch, dass das Gefühl, das ein Song vermitteln soll, auch beim Aufnehmen spürbar sein muss. Wenn man beim Einsingen einer Ballade die Möglichkeit hat, das Licht auszumachen und 1000 Kerzen in einer vertrauten Atmosphäre aufzustellen, erzeugt das einfach eine Stimmung, die sich auf die Musik – und nachher auf den Zuhörer – überträgt. DAS wollten wir mit dieser Aufnahmetechnik erreichen.

{image}Ihr seid ja schon mit einigen Größen aus dem Musikgeschäft aufgetreten. Wer war euer Favorit und warum?

Heiko: Ganz klar die verrückten alten Schottenrocker von Nazareth! Wir haben sie auf ihrer Deutschlandtour supportet und hatten dabei einen Riesenspaß. Wir hatten praktisch ständig Angst, dass einer von ihnen ohnmächtig von der Bühne kippt angesichts der Mengen an Whisky und Wokda, die die Jungs vernichtet haben. Außerdem haben wir bei der Gelegenheit ein paar ganz schlimme schottische Flüche von ihrem Stagemanager gelernt. Unglaublich, in wievielen verschiedenen Zusammenhängen man in einem Satz das Wort "Fuck" benutzen kann. War eine unvergessliche Erfahrung für uns.

Was war euer bestes Konzerterlebnis als Band?

Heiko: Auf jeden Fall unsere Headliner-Show im Rahmen der TryXo Indie Invasion an der Uni Aachen! Wir hatten die Gelegenheit, 3000 feierwütigen Studenten so richtig einzuheizen. Nach der Show konnten wir uns beim Bad in der Menge vor eindeutigen Angeboten kaum noch retten...war eine klasse Party!

{image}Im Rückblick auf eure Bandgeschichte, was waren die Höhen und Tiefen eurer bisherigen Karriere?

Heiko: Die richtig schlimmen Tiefpunkte haben wir zum Glück schon vor Jahren hinter uns gelassen, als wir auf der Suche nach dem perfekten Line-Up in kürzester Zeit ein geschätztes Dutzend an Schlagzeugern verschlissen hatten, bevor wir uns dann endlich zu unserer jetzigen (und hoffentlich endgültigen) Formation zusammengefunden haben. Klar kriegt man im Musikbusiness immer wieder mal einen Dämpfer verpasst, z.B. wenn für eine groß geplante Deutschlandtour der Hauptsponsor abspringt und deshalb das Ganze gecancelt wird. Oder wenn eine Show am anderen Ende der Republik aus Kostengründen vom Veranstalter gestrichen wird, für die man extra seinen Sommerurlaub abgesagt hat, aber den Flug schon bezahlt hat…

Aber wenn man dann Momente wie unseren Sieg beim New Talent Award, beim Rockshop-Song-Contest, Auftritte bei Kultur live, Supportshows für die Heavytones und Luxuslärm oder das Airplay unseres Titels Wenn wir alt sind in der RTL2-Dokusoap "Frauentausch" dagegenhält, lässt das schon Manches verschmerzen. Im Endeffekt sind das auch die Momente, die uns anspornen immer weiter zu machen, solange wir so viel tolle Resonanz auf unsere Musik bekommen. Außerdem brauchen wir doch noch dringend genügend Kohle, damit sich jeder von uns eine Villa mit Pool in San Diego leisten kann!

Vielen Dank für das Interview!

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