Zur Verleihung des APPLAUS 2018
"Der Zustand der Musikbranche ist schlecht": Interview mit Erhard Grundl von Bündnis 90/Die Grünen
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Erhard Grundl, MDB (Bündnis 90 / Die Grünen). © Bündnis 90 / Die Grünen
Daniel Koch: Herr Grundl, Sie waren Sänger der Band Baby You Know. Welchen Song würden Sie neuen Hörer*innen empfehlen, um in das Oeuvre der Band einzutauchen? Es passiert ja nicht so oft, dass man ein MdB singen hören kann.
Erhard Grundl: Der Song wäre "Vagabond Smile", der 1993 auf der Compilation "Love Is My Only Crime" erschienen ist. Das Lied beschreibt eine Kindheit und Jugend als niederbayerischer Hillbilly.
"Die Branche braucht Zeit, Geld und Infrastruktur"
Daniel Koch: Ihre Biografie weist eine sehr enge Verbindung zur Popmusik auf. Sie hatten die Band, arbeiteten beim Musikvertrieb EFA, der 2004 eingestellt wurde – und haben da die wirtschaftlichen Tücken der Musikbranche erlebt. Wie bewerten sie den Status der Musikbranche in Deutschland zurzeit?
Erhard Grundl: Der Zustand ist sehr schlecht. Gerade die drei verbliebenen Major-Labels haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten einiges zur Schwächung und zum Sterben der Plattenläden beigetragen, in dem sie in ihrer Strategie die Handelsketten und Onliner bevorzugt haben. Mit diesen Läden stirbt aber auch der Charme der ganzen Branche.
Geschuldet ist dies natürlich der verschlafenen Digitalisierung, die zu spät erkannt wurde. Langsam berappelt sich die Branche und kann vielleicht für andere auch Blaupause sein. Wichtig aber ist, dass nicht nur auf Hits gesetzt wird, sondern der Vielfältigkeit der Musik Rechnung getragen wird. Die Musikbranche muss sich selbst dazu verpflichten, auch Neues zuzulassen und wieder Künstler*innen langfristig aufbauen. Das bedarf Zeit, Geld und auch eine gute ordnungspolitische Infrastruktur, wie beispielsweise das Urheberrecht.
"Musikclubs bereichern unser Kulturleben"
Daniel Koch: Unter anderen aufgrund der Forderungen von Ihnen und Ihrer Partei sind die Mittel für die Initiative Musik und den APPLAUS im Sommer erhöht worden. Was waren die Argumente?
Erhard Grundl: Ich habe meiner Fraktion und unseren Haushälter*innen vorgeschlagen, den APPLAUS finanziell zu stärken, weil unsere Musikclubs unser Kulturleben bereichern. Sie sind dafür zuständig, unsere musikalische Vielfalt sowohl in Metropolen als auch im ländlichen Raum sichtbar zu machen.
Es profitieren aber nicht nur die Clubs, sondern auch viele Nachwuchmusiker*innen und -bands. Das hat überzeugt, und das Thema war auf der politischen Agenda. In den Haushaltsverhandlungen wirkten dann viele Kräfte. Am Ende war es ein Erfolg für unsere musikalische Vielfalt.
Backstage PRO dankt den Gesprächspartnern und der Initiative Musik für die Bereitstellung dieses Gesprächs.
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