Wie kreative Leistungen geschützt werden
Die Basics zu Urheberrecht, Leistungsschutzrecht und Nutzungsrechten beim Musikmachen
Wir erläutern einige Basics zum Urheberrecht beim Musikmachen. © everythingpossible / 123RF
Rechtfragen sind schnell auf dem Tisch. Zum Beispiel sobald es darum geht, wie man eigene Songs optimal verwerten kann und wann man ggf. eine Nutzung ohne Genehmigung durch andere dulden muss. Umgekehrt ebenso, wenn fremdes Material verwendet wird, Songs gecovert, ein Remix produziert oder gesampelt wird, wird sich die Frage stellen, wie das rechtlich einzuordnen ist und ob hierfür eine Genehmigung notwendig ist.
Zentrale Antworten auf Fragen dieser Art gibt das Urheberrecht, mit dem kreative Leistungen geschützt werden.
Urheberrechtlicher Schutz von Musik
Das Urheberrecht bietet sozusagen einen zweispurigen Schutz:
Zum einen werden Werke aus den Bereichen Literatur, Wissenschaft und Kunst geschützt. Rechtlich spricht man dabei von "persönlichen geistigen Schöpfungen". Dazu gehören auch Kompositionen als "Werke der Musik" und dazugehörige Songtexte als "Sprachwerke". Komponisten und Songwriter haben daran jeweils ein Urheberrecht. Bei ganz einfachen Inhalten ist es grundsätzlich denkbar, dass für einen Urheberrechtsschutz rechtlich gesehen die sogenannte "Schöpfungshöhe" fehlt, zum Beispiel weil etwas nicht individuell genug ist. Musikalisch entsteht ein urheberrechtlicher Schutz aber relativ schnell, weil Kompositionen und Songtexte schnell etwas sind, was quasi nicht jeder so machen würde und deshalb auch individuell ist.
Neben dem Urheberrecht gibt es auch noch sogenannte Leistungsschutzrechte für weitere künstlerische, wirtschaftliche oder organisatorische Leistungen. So hat jeder Musiker mit seiner Performance ein eigenes Leistungsschutzrecht an einer konkreten Aufnahme bei Produktionen, Konzerten o.ä..
Spielt ein Komponist seinen Song selbst ein, so hat er damit ein Urheberrecht an der Komposition als "Werk der Musik" und ein Leistungsschutzrecht an der konkreten Aufnahme. Hersteller von Tonträgern, also ein Label, Produzent oder andere, haben mit ihren wirtschaftlichen Investitionen und ihren organisatorischen Leistungen ebenfalls ein solches Leistungsschutzrecht an den jeweiligen Aufnahmen. Das gleiche gilt für Unternehmen, die Veranstaltungen wie Konzerte organisieren.
Rechteeinräumung
Damit fremdes Material rechtmäßig genutzt wird, ist es notwendig, dass im jeweiligen Fall eine entsprechende Rechteeinräumung von allen Rechteinhabern vorliegt. Rechteinhaber können verschiedene Rechte haben:
Dazu gehören persönliche Interessen, zum Beispiel dass Urheber ihre Werke mit ihrer Bezeichnung versehen können.
Zum andern sind es wirtschaftliche Interessen, also die Verwertung. Dazu gehört die Herstellung und Verbreitung von Vervielfältigungen, einer Veröffentlichung über das Internet, das Recht, Songs bei Konzerten zu spielen und weitere.
Eine Rechteeinräumung ist nur dann nicht notwendig, wenn für die Nutzung im konkreten Fall mit einer gesetzlichen Regelung eine Erlaubnis vorliegen würde. Ein Beispiel dafür ist die Herstellung von Privatkopien in einem begrenzten Umfang, wenn damit keine kommerziellen Zwecke verfolgt werden und die einzelnen gesetzlichen Voraussetzungen im jeweiligen Fall gegeben sind.
Nutzung von Musik: Covern, Sampling u.ä.
Wenn fremde Aufnahmen genutzt oder neu eingespielt werden, stellt sich die Frage, wie die Rechtslage dazu aussieht. Dabei geht es auch darum, was dabei künstlerisch und technisch passiert und wie das dann rechtlich einzuordnen ist.
Werden Cover- oder Remix-Versionen von Originalen neu eingespielt, können an diesen Versionen ihrerseits Urheberrechte entstehen, wenn es sich bei den neuen bearbeiteten Versionen rechtlich ebenso um neue "persönliche geistige Schöpfungen" und damit um Werke im Sinne des Urheberrechts handelt.
Grundsätzlich ist aber auch bei der Verwertung und Veröffentlichung von bearbeiteten Versionen die Zustimmung des Urhebers des Originals notwendig.
Ebenso möglich ist es, dass bei Neueinspielungen für den Tonträgerhersteller an den Coverversionen Leistungsschutzrechte entstehen. Voraussetzung ist, dass die bearbeitete Version etwas neues und eigenes ist, weil dieses Recht nur in Bezug auf die Erstaufnahmen entsteht. Tendenziell dürfte das bei einer Coverversion eher der Fall sein als bei einem Remix, wenn bei letzterem zum Beispiel nicht eine neue Version einer Vorlage eingespielt wird, sondern am Original lediglich digital-technische Verbesserungen vorgenommen werden.
Die Grenzen sind dabei fließend. Entscheidend ist, was im Einzelfall genau gemacht wird!
Werden Teile eines Originals übernommen und in einem neuen musikalischen Zusammenhang verarbeitet wie beim Sampling, stellt sich rechtlich die Frage, ob diese Teile für sich genommen schon Werkqualität haben, also persönliche geistige Schöpfungen sind, und damit urheberrechtlich geschützt sind.
Beispiel "Metall auf Metall"
Von dieser Frage abgesehen kam der BGH in seiner "Metall auf Metall"-Rechtsprechung (Urteile vom 20.11. 2008, Az. I ZR 112/06 und vom 13.12.2012, Az. I ZR 182/11) unter anderem zum Ergebnis, dass schon die Übernahme kleiner Ausschnitte das Leistungsschutzrecht eines Tonträgerherstellers verletzen kann, so dass auch in diesen Fällen eine Nutzung grundsätzlich nur mit einer Rechteeinräumung zulässig ist.
Ohne könnte es nur erlaubt sein, wenn ein neues Werk zu den übernommenen Tönen und Klängen einen ausreichend großen Abstand hält, so dass es als selbständig anzusehen ist und die Tonfolge nicht selbst eingespielt werden kann.
Das Bundesverfassungsgericht hält es dagegen grundsätzlich für möglich, dass die Rechte eines Tonträgerherstellers nach Abwägung der verschiedenen Interessen zurücktreten müssen, soweit mit einem Sampling eine künstlerische Entfaltung vorliegt, die nur geringfügig in die Tonträgerherstellerrechte eingreift (BVerfG, Urteil vom 31.05.2016, Az. 1 BvR 1585/13).
Insgesamt stehen diese Fragen und Einzelheiten dazu weiter in der Diskussion.
Rechtmäßige Nutzung: Erwerb entsprechender Nutzungsrechte
Soweit eine gesetzliche Erlaubnis nicht vorliegt, wird es notwendig, Nutzungsrechte zu erwerben, damit Urheberrechte nicht verletzt werden. Entscheidend dabei ist, dass die Nutzungsrechte erworben werden, die für die beabsichtigte Nutzung notwendig sind, also beispielsweise online oder offline wie für die Vervielfältigung auf Audioträgern oder anderes.
Rechteinhaber können dabei einfache oder ausschließliche Lizenzen, also alleinige Nutzungsrechte einräumen, sie für eine bestimmte Zeit erteilen oder räumlich beschränken, wie zum Beispiel für einen Vertrieb in einem bestimmten Gebiet.
Inhaltlich ist der Erwerb von Rechten für jede Nutzungsart erforderlich. Grundsätzlich kann dabei davon ausgegangen werden, dass für jede Nutzung, die wirtschaftlich oder technisch eine eigenständige Verwertung darstellt, eine gesonderte Rechteeinräumung notwendig ist.
Bestehen darüber Zweifel, verbleiben Rechte beim Urheber. Entsprechend umfangreich kann daher auch die Festlegung ganzer "Rechtekataloge" bei vertraglichen Vereinbarungen sein.
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Marcus Remmele
Rechtsanwalt aus Stuttgart Autor bei Backstage PRO und Kanzleichef bei Marcus Remmele Rechtsanwalt
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