Recording Todsünden
Die drei größten Fehler… bei Gesangsaufnahmen
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Eine Gesangsaufnahme im Studio. Wir nennen euch die die drei größten Fehler beim Vocal-Recording!. © Florian Scholz
Zu den Todsünden beim Vocal-Recording gehören:
- Schlechte Raumakustik
- Falsche Mikrofon-Position
- Zu viel destruktive Bearbeitung bereits bei der Aufnahme
Selbstverständlich gibt es bei der Gesangsaufnahme noch viel mehr zu beachten, wenn aber diese drei Punkte nicht stimmen, ist Hopfen und Malz verloren. Übrigens: Wenn ich im Folgenden von Sängern spreche, meine ich natürlich auch Sängerinnen!
1. Schlechte Raumakustik
Was? Wie? Akustik? Es geht doch um Recording. Da braucht man ein gutes Mikrofon und fertig ist die Laube! Weit gefehlt. Dass wir hier nicht mit einem 10 Euro-Headset aus dem Discounter mit den unblöden Kunden oder den planetaren Namen arbeiten, sollte klar sein. Das ist keine Todsünde mehr sondern das Ausschlusskriterium, wenn wir von Vocal-Recording reden. Die Akustik ist das A und O und mit der Raumakustik fängt es an:
In einer Doppelgarage mit kahlen Wänden werdet ihr niemals eine gut klingende Gesangsaufnahme machen können. Diesen dröhnenden und blechernen "Hall" bekommt ihr einfach nicht mehr aus der Aufnahme heraus. Wenn eure Vocals genau SO klingen sollen, kann das eine Option sein. In den meisten Fällen ist das nicht der Zielsound und verändert werden kann er nicht mehr.
Daher sollten die Gesangsaufnahmen so trocken sein, dass ihr mit einem Hallgerät (bzw. einem Plugin) jederzeit eure Vorstellungen von Hall und Raum umsetzen könnt. Dazu muss nicht der komplette Raum "trocken" oder gar schalltot sein. Als schalltot bezeichnet man Räume, die keinerlei Raumklang haben. Sie werden für Messungen und zur Simulation von Außenaufnahmen (Film-Synchronisation, Hörspiel…) genutzt.
Um eure Vocals trocken genug aufzunehmen, könnt ihr euch eine Vocal-Booth bauen oder kaufen und ins Heimstudio oder den Proberaum stellen. So aufwändig muss es aber nicht werden. Wenn ihr ein wenig mit Akustikschaumstoff (nicht der normale Schaumstoff), Moltonvorhängen und – falls zur Hand – Bassfallen experimentiert, kommt ihr schon recht weit.
Es gibt für den ambitionierten Home-Vocal-Recording-Engineer auch Mike-Screens, die im Halbrund um das Mikrofon montiert werden um etwaige Reflexionen und Störgeräusche zu eliminieren. Um mal eben schnell in einem nicht allzu lauten und halligen Büro was aufzunehmen ist das ganz OK. Wunder solltet ihr aber nicht erwarten. Eine Möglichkeit ist auch ein gut gefüllter Kleiderschrank der geöffnet wird und vor/in dem das Mikrofon platziert wird. Simpel aber wirkungsvoll!
2. Falsche Mikrofonposition
Erheblich wichtiger als die Marke oder Art des Mikrofons ist die Position. Die Unterschiede zwischen minimalen Positionsänderungen sind deutlich größer als beim Wechsel der Mikrofonmarke. Natürlich wird ein 10 Euro-„Mikrofon“ vom Wühltisch nicht mit dem Boliden aus der Nobelabteilung vom Musik-Gisebrecht schritthalten können, aber über solche Binsenweisheiten brauchen wir uns nicht zu unterhalten.
Auch die richtige Positionierung ist eine Frage der Akustik (Schallausbreitung). Dazu gehört für mich auch, dass ein Plopp-Schutz verwendet wird. Sollte es sich um ein Kleinmembranmikrofon handeln müsste es leicht weg vom Mund gerichtet werden, da selbst der Plopp-Schutz das berüchtigte Ploppen bei Kleinmembranmikrofonen nur minimiert und nicht gänzlich verhindert.
Allgemeine Ratschläge zur Mikrofonposition sind so nicht möglich, da es doch zu sehr vom angestrebten Sound abhängt. Ich rate– hauptsächlich beim Homerecording – stets dazu, das Mikrofon so nah wie sinnvoll möglich zu platzieren. Bei Balladen oder ähnlichen Stücken könnt ihr – sofern ihr geübte Sänger seid – mit dem Nahbesprechungseffekt arbeiten.
Für Titel, bei denen die Vocals eher laut aufgenommen werden, ist etwas Abstand (durchaus auch 1 Meter oder mehr) ein Versuch wert. Leider kapitulieren hier die meisten Heimstudiobesitzer bereits vor der nicht ganz optimalen Raumakustik, die hier das limitierende Element ist.
Nehmt Gesang immer im Stehen auf. Wenn ein Notenpult für den Text gebraucht wird, dann stellt es – im Verhältnis zum Mikrofon – in einem möglichst großen Winkel auf. Gemeint ist, dass es keine Reflexionen vom Notenpult auf das Mikrofon treffen, zumindest so wenige wie möglich:
Darüber hinaus sollte die Mikrofonposition so gewählt sein, dass sich die Klangfarbe der Stimme nicht ständig (ungewollt) ändert. Testen könnt ihr diesen Effekt (er wird Kammfiltereffekt geannt), wenn ihr die flache Hand vor den Mund haltet und sprecht oder singt während ihr die Hand vor und zurück bewegt (Arm ganz ausstrecken und heranziehen). Es gibt sehr emotionale Sänger, die sich stark vor dem Mikrofon bewegen. Da hilft es nur, den Abstand so lange zu verändern, bis es durch die Bewegungen des Vocalartisten keine ungewollten Klangveränderungen mehr gibt.
3. Destruktive Bearbeitung
Ein Fehler der oft passiert ist, dass bereits bei der Aufnahme weitreichende EQ-Einstellungen und starke Kompressionen vorgenommen werden. Viele Mikrofonvorverstärker bieten diese Funktionen an. Ein Hochpassfilter als Trittschall, eine sehr schwache Kompression (Threshold-20 dB Ratio 2:1 als Beispiel) um zu dynamischen Gesang in den Griff zu bekommen kann sinnvoll sein, aber hier ist extreme Vorsicht geboten.
Was bearbeitet ist, ist bearbeitet und kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Speziell für unerfahrene Heimstudiobetreiber oder wenn der Mikrofonvorverstärker komplett neu ist und ihr das gute Stück noch nicht gut genug kennt, sollte hier weniger mehr sein. Im Zweifel lieber sein lassen und hinterher bearbeiten!
Natürlich gibt es Plugins, die versprechen Hall, EQ oder Kompressor aus einer Aufnahme zu entfernen, aber diese funktionieren nur in engen Grenzen und es ist immer besser einen Fehler aktiv zu vermeiden, als diesen hinterher mühsam wieder zu beseitigen.
Klar gibt es noch viele wichtige Punkte bei einer Gesangsaufnahme. Diese drei Fehler sollten aber auf jeden Fall vermieden werden. In diesem Sinne: "Drum Singe, wem Gesang gegeben…"
Euer Feedback
Welche Erfahrungen habt ihr beim Vocal-Recording machen können – wie lauten deine Tipps an die Kollegen?
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