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don't just fix it in the mix

Die drei größten Fehler… beim Arrangieren

Tipps für Musiker und Bands von Mario Rembold
veröffentlicht am 14.04.2015

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Die drei größten Fehler… beim Arrangieren

Drei Fehler, die ihr beim Arrangieren vermeiden solltet. © Mario Rembold

Unsere Artikelserie "Die drei größten Fehler bei…" nennt euch diesmal drei Dinge, die ihr beim Arrangieren unbedingt vermeiden solltet.

Heute muss man nicht mehr tief in die Tasche greifen, um seinen Heimrechner in ein kleines Tonstudio zu verwandeln. Umso frustrierender, wenn aus einem schönen Song einfach keine gut klingende Aufnahme werden will – trotz toller Plugins und empfindlicher Mikrofone.

Wie sehr man beim Abmischen auch an den Reglern dreht, es wird einfach keine runde Sache draus… Nicht selten liegt der Hund dann schon ein paar Schritte vorher begraben, nämlich bei der Auswahl der Instrumente und dem Zusammenspiel derselben. Die Rede ist vom Arrangement.

Allzu oft verführen die Möglichkeiten der technischen Nachbearbeitung dazu, diesen Schritt zu vernachlässigen, ganz nach dem Motto „Fix it in the Mix“. Dabei ist das Arrangieren ein bedeutender Schritt im kreativen Gesamtprozess, der überhaupt erst die Basis für einen guten Mix legt. Klar, es gibt kein Patentrezept, und für jeden Ratschlag wird man Gegenbeispiele finden.

Doch wer sich an seinem Song festgebissen hat und nicht weiter kommt, sollte einfach mal schauen, ob er sich beim Arrangieren nicht mit einem der folgenden drei Punkte das Leben schwergemacht hat:

1. Zu viel Auswahl

Da sitzt man nun vor seiner Audio-Workstation und starrt auf das leere Projekt. „Was könnte zu meinem Song passen?“, fragt man sich und klimpert herum. Zum Glück kann man zig virtuelle Instrumente per Plugin einbinden – jedes bietet wiederum hunderte Sounds, von authentisch-natürlich bis synthetisch-psychedelisch. Mit Spuren geizen muss man auch nicht, falls man einen leistungsstarken Rechner mit latenzarmer Soundkarte angeschafft hat.

Was aber, wenn das Herumstöbern in den Presets nicht mehr inspiriert, sondern die gigantische Auswahl einen stattdessen überfordert? Wenn du hier auf der Stelle trittst, dann fang doch noch mal von vorn an und…

  • …halte dein Arrangement zunächst möglichst einfach. Eine Handvoll Spuren reicht meist aus, um die Richtung des Songs festzulegen – bis in die späten 80er Jahre haben selbst Profis erfolgreich auf Vier- und Achtspurgeräten gearbeitet!
  • …triff Entscheidungen und schmeiß den Rest raus! In vielen Fällen brauchst du bloß ein Hauptinstrument, das die Harmonien liefert, einen einstimmigen Bass, ein rhythmisches Gerüst und die Hauptmelodie aus Gesang oder einem Leitinstrument. Wenn das steht, dann kannst du immer noch ausschmücken und mit zusätzlichen Soundgimmicks herumspielen. Das macht dann sogar Spaß, sobald das Fundament erstmal gut klingt!

Am Ende können dann natürlich wieder viele Spuren herauskommen, beispielsweise wenn man E-Gitarren oder Vocals doppelt oder später beim Abmischen Feinheiten der Drums nachjustiert. Aber beim Arrangieren hält es den Kopf frei, wenn man mit einem übersichtlichen Grundgerüst beginnt.

Bands, deren Songs im Proberaum entstehen, haben es da einfacher. Weil jeder Musiker bloß ein bis zwei Instrumente gleichzeitig spielen kann, ist man gar nicht erst mit einer unendlichen Auswahl an Sounds und Instrumenten konfrontiert.

2. Jedes Instrument ist am wichtigsten

Dem Gitarrist ist ein tolles melodisches Riff für die Strophe eingefallen, und der Pianist tobt sich zeitgleich an schrägen Bluenotes aus. Der Drummer stellt sein akkurates Timing durch ausgefallene Breaks unter Beweis, und irgendwo im Hintergrund stört eine Sängerin, die man ohnehin nicht versteht. Kein Wunder, dass das ursprüngliche Demo an der Akustikgitarre viel schöner klingt!

Grundsätzlich sollte man beherzigen, dass das Arrangement dem Song dient, und nicht der eigenen Eitelkeit! Wenn jemand an seinem Instrument zeigen will, was er kann, dann müssen ihm die anderen Instrumente auch Raum dafür lassen und sich zurücknehmen. Es kann einfach nicht jedes Instrument zur selben Zeit im Mittelpunkt stehen! Davon abgesehen kann man auch eine dezente Begleitung anspruchsvoll spielen, ohne sich aufzudrängen und dem Hauptinstrument oder der Gesangsstimme den Platz streitig zu machen. Am Ende zählt allein das Zusammenspiel.

Das gilt auch für den Einzelkämpfer am MIDI-Sequencer mit seinen virtuellen Instrumenten: Da hat man eine komplexe Klavierbegleitung erarbeitet, und außerdem noch diese zauberhafte Melodie mit den fetten Hollywoodfilm-Streichern eingespielt. Jedes für sich allein klingt toll, aber kooperieren beide auch? Wenn später noch jemand da drauf singen soll, wird es schnell zu viel des guten. Kreativität bedeutet nun mal auch: „Kill your darlings“.

Der vielleicht wichtigste Tipp an dieser Stelle: Hör dir Musikstücke deiner Vorbilder an und lerne von deinen Idolen! Achte ganz bewusst darauf, an welchen Stellen Spannung erzeugt wird und warum! Auch das Weglassen eines Instruments in einer Passage schafft Aufmerksamkeit. Gute Begleitmelodien werten die Hauptstimme auf, ohne sie zu behindern.

Beispiel: Eine abwärts laufende Basslinie klingt toll, wenn der Sänger gerade eine aufwärtslaufende Melodie singt. Bass und Gesang liegen im Frequenzband nämlich weit auseinander, so dass der Basslauf „in die andere Richtung“ einen interessanten Gegenpol liefert, ohne dabei zu stören. Falls ein Klavier hingegen eine solche Melodielinie spielt, die genau im Tonregister des Sängers liegt, dann kommen sich beide möglicherweise ins Gehege. Ebenso unschön kann es klingen, wenn der Pianist sich ohne Rücksicht auf den Bassisten mit der linken Hand austobt.

Gerade den Bassbereich sollte man nicht überladen. Er trägt die meiste Energie, so dass für das „Wumms“ im Song meist Bass-Drum und ein einstimmiger Basslauf vollkommen reichen – wie gesagt, hör dir an, wie es bei deinen Idolen klingt! Zu viel unterhalb der 200 Hertz macht die Nummer mumpfig, dumpf und verwaschen – das kann man auch schon beim Arrangieren berücksichtigen! Also sprich dich mit deinen Bandkollegen ab, wer an welcher Stelle dieses tiefe Ende ausfüllt. Natürlich darf man da auch mal kreativ sein, zum Beispiel indem der Pianist die tiefe Taste zeitlich versetzt zum Bassisten anschlägt. Einfach mal ausprobieren und das Ohr entscheiden lassen!

Falls ein einzelnes Instrument für sich genommen schön klingt, aber in der Kombination mit anderen Instrumenten nicht funktioniert, schau auch hier, ob sich die Frequenzen in die Quere kommen! Manchmal genügt es schon, statt der vollen Dreiklänge bloß Quintakkorde zu spielen oder einstimmig zu begleiten. So können Akkorde mit einem voluminösen Streicher-Preset sehr überladen ankommen, wenn man schon Klavier oder Gitarren verwendet. Eine dezente einstimmige Begleitlinie mit Streichern kann aber charmant klingen, wenn man den richtigen Tonhöhenbereich findet. Falls es noch nicht voll genug klingt, darf man seine Begleitmelodie auch eine Oktave darüber oder darunter (ggf. mit einem anderen Instrument) doppeln, falls sich das mit den übrigen Instrumenten verträgt.

Sollte die Akustikgitarre irgendwie schräg klingen: Manchmal kann man mit Hilfe eines Kapodasters „nach oben hin“ ausweichen – natürlich muss man dann die Griffe entsprechend abändert, damit die Tonart wieder stimmt. Aber in vielen Fällen setzt sich das Instrument dann besser durch, ohne aufdringlich zu wirken. Gerade wenn man schon E-Gitarren oder einen vollen Streicherteppich verwendet, der die tiefen Mitten füllt.

Selbstverständlich darf man das Zusammenspiel der Instrumente später beim Abmischen noch optimieren. Im Idealfall sollte aber auch das rohe Arrangement schon stimmig klingen und für sich stehen können. Spielereien am Mixer sollten nicht dazu dienen, Arrangierfehler auszubügeln!

3. Bloß keine Pause einlegen!

Das Grundgerüst steht, und irgendwie klingt doch alles ganz schön. Jetzt willst du die Sache auch zu Ende bringen. Eigentlich könntest du das Lied jetzt auch gleich abmischen und beim Musikportal deiner Wahl hochladen... oder besser doch nicht?

Unser Tipp: Gönn deinen Ohren auch mal eine Pause, geh spazieren oder schlaf eine Nacht drüber. Es schadet auch nicht, zwischendrin ganz andere Musik zu hören – als „Reset“ für die Gehörgänge.

Es ist eindrucksvoll, wie anders einem der Arrangement-Entwurf mit etwas Abstand erscheinen kann. Man stößt plötzlich auf Unstimmigkeiten, die vorher nicht auffielen. Umgekehrt kann es auch passieren, dass man eine Passage gut findet, die einem tags zuvor nicht gefallen hatte. Unterm Strich sparen solche Pausen Arbeit und bewahren den Spaß am Kreativsein.

Zuletzt noch ein wichtiger Rat: Falls du an einem Pop- oder Rocksong mit Gesang arbeitest, sollte diese Gesangslinie bereits beim Arrangieren zu hören sein. Wer „für das richtige Feeling“ erst über ein fertig gemischtes Playback singen möchte, sollte trotzdem schon mal provisorisch einsingen oder die Hauptmelodie zumindest mit einem Instrument in gleicher Tonlage einspielen. Diese Spur nimmt man später wieder raus. Sie hilft aber dabei, zu beurteilen, wie gut die Begleitung die Hauptstimme unterstützt und wo es zu ungewollten Reibungen kommt.

Eure Meinung

Sicher kann man einen Prozess wie das Arrangieren nicht allein an drei Punkten festmachen. Was sind eure Erfahrungen? Wo seht ihr die größten Stolpersteine beim Zusammenbasteln von Begleitung und Hauptstimmen? Habt Ihr Tipps und Kniffe zum Arrangieren, die Ihr teilen wollt? Dann her damit!

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