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Lizenzierung für Film, Fernsehen und Video-Plattformen

Die Rechtslage bei On-Demand-Streams von Konzerten: Die GEMA und das Filmherstellungsrecht

Tipps für Musiker und Bands von Ralf Kitzberger
veröffentlicht am 31.08.2021

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Die Rechtslage bei On-Demand-Streams von Konzerten: Die GEMA und das Filmherstellungsrecht

© Jesus Loves Austin via Unsplash

Du hast wegen Corona deine Konzerte gestreamt und aufgezeichnet und bietest diese nun als VoD (Video-On-Demand) an. Wie verhält es sich mit den Lizenzen? Was gilt für Film und Fernsehen? Rechtsanwalt Ralf Kitzberger klärt auf.

Um Klarheit zu erlangen, wie es sich bzgl. der Lizenzen und GEMA-Meldungen im Falle von On-Demand-Konzerten verhält, ist es notwendig, sich mit dem Berechtigungsvertrag der GEMA auseinanderzusetzen. Relevant sind die Tarife zum Filmherstellungsrecht, bei denen es vorrangig um die Nutzung für Kino und Bildtonträger geht.

Falls du an dieser Stelle denkst, "Na dann bin ich mit meinen Videos bei Youtube oder Vimeo ja auf der sicheren Seite", dann Vorsicht: Für Youtube und andere Plattformen gilt in Hinblick auf das Filmherstellungsrecht das Gleiche wie beispielsweise für die Nutzung im Kino.

Verwendung von Musik in Kinofilmen

Gemäß § 1 lit. i Abs. 1 des GEMA-Berechtigungsvertrages räumt der Autor eines Musikwerkes der GEMA zur treu händischen Wahrnehmung das Recht ein, das Musikwerk (mit oder ohne Text) zur Herstellung von Filmen zu nutzen (sogenanntes Filmherstellungs- bzw. Synchronisationsrecht).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die GEMA das Filmherstellungs- bzw. Synchronisationsrecht nur unter auflösender Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) erhält. Diese Bedingung tritt ein, wenn der Rechteinhaber (Autor bzw. Verlag) das Recht selbst wahrnehmen möchte und dies der GEMA mitteilt (§ 1 lit. i Abs. 1 S. 2 ff GEMA-Berechtigungsvertrag).

Macht der Musikurheber oder der Verlag von diesem Recht Gebrauch, muss das Recht zur Filmherstellung von dem Urheber- bzw. dem Verlag durch sogenannte Filmmusiklizenzierung direkt erworben werden – und zwar in jedem einzelnen Fall.

Das bedeutet, dass Musik die in Kinofilmen verwendet wird, in der Regel beim Urheber oder beim Musikverlag lizenziert werden muss. Für viele Songwriter und Musikverlage sind Filmlizenzen eine wichtige Einnahmequelle.

Neue Regelung für nicht-kommerzielle Verwendung

Die GEMA hat zu Beginn des Jahres 2021 ihre Wahrnehmungsverträge abgeändert. Seitdem ist es möglich, dass die GEMA das Filmherstellungsrecht für Filme und Videos auf UGC-Plattformen (User-Generated Content-Plattformen) wie Youtube, TikTok oder Facebook ohne Absprache mit Autor oder Verlag direkt erteilt.

Das gilt aber nur dann, wenn es sich bei der Veröffentlichung um eine nicht-gewerbliche Nutzung handelt, d.h. die Nutzung ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass bestimmte Gruppen von Urhebern dieser Regelung widersprechen konnten. Weitere Informationen gibt es hier.

Wenn der Urheber dieser neuen Regelung im Wahrnehmungsvertrag widersprochen hat oder wenn es sich um eine Nutzung mit Gewinnerzielungsabsicht handelt wird nach wie vor Zustimmung von Autor und Verlag benötigt. Ansonsten ist der Tarif für das Filmherstellungsrecht (Tarif VR-OD 10) von der GEMA einzuholen.

Verwendung von Musik im Fernsehen

Eine wichtige Ausnahme von diesen Lizenzierungsregeln bildet das sogenannte Senderprivileg. Gemäß in § 1 lit. i Abs. 2 GEMA-Berechtigungsvertrag gilt bei Fernsehproduktionen, dass die GEMA die Herstellungsrechte an Fernsehanstalten und deren eigene Werbegesellschaften vergibt, ohne dass für den Musikurheber oder den Musikverlag die Möglichkeit besteht, Rechte zurück zu rufen. Das gilt jedenfalls, soweit es sich um Eigen- oder echte Auftragsproduktionen für eigene Sendezwecke und Übernahmesendungen handelt.

Fernsehanstalten können Musikstücke also direkt bei der GEMA lizenzieren, ohne dass der Urheber oder der Verlag Einspruch erheben kann. Urheber und Verlag erhalten aber natürlich die entsprechenden Lizenzgebühren. Nachverhandlungen über die Höhe der Gebühren sind ebenfalls nicht möglich.

Weitere Rechte der GEMA

Losgelöst davon, ob das Sendeprivileg greift oder im Falle der Direktlizenzierung durch Musikurheber, bzw. Musikverlag das Filmherstellungsrecht eingeräumt wird, ist zu berücksichtigen, dass die GEMA stets das Recht der Sendung und der öffentlichen Zugänglichmachung des Musikwerks und gegebenenfalls auch das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung vergibt. 

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung betrifft beispielsweise die Aufführung eines Musikstücks in Clubs und Diskotheken, bei Konzerten, aber auch in Restaurants und Gaststätten.

Die Ausnahme sind Filmwerke, die zur öffentlichen Vorführung im Lichtspieltheater oder für Sendungen bestimmt sind (siehe oben). Das gilt nicht nur für die Aufführung im Kino, sondern auch auf Streaming-Plattformen wie Youtube, Netflix etc. 

BGH: Konzertfilme sind Vervielfältigungen

Im Zusammenhang mit Konzerten hat der Bundesgerichtshof (GRUR 2006, 319 Rz. 29 ff. – Alpensinfonie) die Auffassung vertreten, dass die Verbindung eines Musikwerkes mit dem Bestandteil eines Filmes als solches bei unveränderter Übernahme der Musik indes keine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG darstellt die insoweit einen Rechteerwerber von dem Urheber bzw. dem Musikverlag notwendig machen würden, sondern lediglich eine Vervielfältigung des Werkes gemäß § 16 UrhG.

Die Bildfolge des Filmes könnten das Musikwerk nicht "verfilmen"; auch bei einem Film über eine Konzertaufführung des Werks können nur dessen Darbietungen gezeigt werden. Nach Auffassung des BGH handelt es sich bei der Filmaufzeichnung eines Konzertes trotz des neuen Zusammenhangs von "unveränderter" Musik- und Bildfolgen um eine bloße Vervielfältigung, nicht um eine Bearbeitung.

Die Gegenmeinung

Nach anderer Auffassung kann nicht übersehen werden, dass hier eine auf Dauer angelegte Aufzeichnung mit verschiedenen Blickwinkeln und Bildausschnitten durch Einsatz mehrerer Kameras hergestellt wird, die auch nach sehr vielen Jahren unverändert betrachtet werden können, denn mit dem auf Dauer geschaffenen Zusammenhang mit Musik- und Bildfolge entsteht ein neuer Gesamteindruck (vgl. Dreier/Schulze UrhG, § 23 Rz. 21 m.w.N.).

Erlaubnis muss eingeholt werden

Losgelöst von den aufgezeigten Meinungen ist es allerdings so, dass sofern das Vervielfältigungsrecht des Urhebers durch die erstmalige Herstellung eines Films über die Aufführung tangiert ist. Die Vergabe des Vervielfältigungsrechts nach § 1 lit. h S.7 des Berechtigungsvertrages steht unter dem Vorbehalt der Regelung des § 1 lit i des Berechtigungsvertrages, weshalb wohl doch die Zustimmung von Verlag und Autor zur Herstellung eines Konzertfilms notwendig sind (vgl. Spohn GRUR 2012, 780, 784).

Auch der BGH hat feststellt, dass das Vervielfältigungsrecht zur erstmaligen Herstellung eines Films unter dem Vorbehalt der Regelung des § 1 i BerV steht. Insgesamt ist diese Frage aber umstritten. Die Verlage gehen in jedem Fall davon aus, dass das Film-Herstellungsrecht bei der Herstellung eines Konzertfilms einzuholen ist.

Der Sonderfall Livestreaming

Beim reinen Livestreaming (lest hier mehr über den rechtlichen Rahmen bei Livestreams) findet eine körperliche Fixierung der Bild-Ton-Verbindung nicht statt und somit liegt mithin keine Vervielfältigung im Sinne von § 16 UrhG vor. Mithin reicht für das Livestreaming schon der Erwerb von Aufführungs- und Senderechten bei der GEMA aus. (Büscher/Müller, GRUR 2009, 558, 559).

Wenn ein Livestream jedoch über einen längeren Zeitraum verwendet wird, muss auch das Filmherstellungsrecht eingeholt werden. Dies bedeutet für On-Demand-Streaming, bei dem eine körperliche Fixierung der Bild- und Tonaufnahmen durch Speicherung auf dem Webportal stattfindet, dass es sich insoweit um eine Vervielfältigung handelt, für die Rechte bei der GEMA einzuholen sind.

Da jedoch – jedenfalls beim Streaming audiovisueller Aufzeichnungen – zugleich ein Film entsteht, reicht der Erwerb des Vervielfältigungsrechts nach § 1 lit. h BV von der GEMA nicht aus. Vielmehr ist darüber hinaus nach § 1 lit. h V BV noch die Einholung des Filmherstellungsrechts gem. § 1 lit. i BV bei Autoren und Musikverlagen erforderlich. Weitere Informationen gibt es hier.

Fazit

Im Ergebnis ist daher festzustellen:

  • Für die Herstellung von Kinofilmen, egal ob sie im Kino oder auf Streaming-Portalen zu sehen sind, muss das sogenannte Filmherstellungsrecht eingeholt werden.
  • Sofern Autor und Musikverlag dies nicht selbst wahrnehmen möchten, erfolgt die Lizenzierung über die GEMA. Meistens behalten sich aber Musikverlage und Urheber vor, über die Vergabe von Filmherstellungsrechten selbst zu entscheiden.
  • Für Konzertfilme, egal ob auf Bildtonträgern (wie Blu-Ray oder DVD) oder als Video-On-Demand, ist die Lage komplizierter, aber bei der erstmaligen Herstellung muss trotz Streit um Details das Filmherstellungsrecht ebenfalls eingeholt werden. 
  • Zusätzlich zum Filmherstellungs- und Verbreitungsrecht sind Lizenzgebühren für Vervielfältigung und Verbreitung an die GEMA zu entrichten.

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