Die Branche ist gewappnet
Dieter Semmelmann (Semmel Concerts) über die Pandemie und die Hoffnung auf 2021
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Dieter Semmelmann. © Semmel Concerts Entertainment GmbH
Gegenüber dem Tagesspiegel nimmt Dieter Semmelmann, Gründer von Semmel Concerts, kein Blatt vor den Mund: 2020 sei ein beschissenes Jahr gewesen, in dem Dinge passiert seien, die sich die Branche in ihren schlimmsten Albträumen nicht hätte vorstellen wollen.
Die Corona-Pandemie habe dazu geführt, dass Semmel rund 1500 Veranstaltungen entweder verlegen oder ganz absagen musste – ein Volumen von über zwei Millionen Tickets. Mittlerweile habe sich das Unternehmen jedoch mit der Situation einigermaßen abgefunden und versuche in erster Linie, Schadensbegrenzung zu betreiben.
Ein Tropfen auf den heißen Stein
Die Folgen der Pandemie schätzt Semmelmann als sehr ernst ein: Er verweist auf die Sorge von Jens Michow, dem Präsidenten des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV), dass bis zu 50 Prozent der Veranstalter/innen nicht überlebensfähig seien. Spätestens 2022 werde es "einen Aderlass geben" in dessen Zuge sich die Branche weiter konzentrieren wird.
Der Nutzen der staatlichen Förderprogramme sei eher begrenzt: Während viele Hilfspakete für die Kulturbranche große Unternehmen wie Semmel Concerts explizit ausschlössen, sei das Programm Neustart Kultur ein Tropfen auf den heißen Stein:
"Die Milliarde im Rahmen von Neustart Kultur verteilt sich auf wahnsinnig viele Unternehmen und Sparten. Für die kommerzielle Veranstaltungsbranche sind etwa 100 Millionen übrig geblieben; die gibt es für neue Projekte, die nicht gewinnbringend durchgeführt werden können. Es werden aber keine Verluste oder Schadenersatz für die letzten Monate übernommen."
Fixkosten als größtes Problem
Semmelmann gibt an, dass er die Hilfen nicht schlechtreden wolle, und jede Form der Unterstützung begrüßenswert sei. Doch die Probleme von Semmel Concerts löse dies nicht. Man fordere keinen kompletten Ersatz des ausgefallenen Umsatz, aber den Ersatz der Fixkosten, "rückwirkend bis zum Beginn des ersten Lockdowns und für die nächsten Monate."
Gerade die Fixkosten seien das große Problem, da Büromieten, Versicherungen und laufende Kosten ja weiterhin bezahlt werden müssen. Auch könnten nicht alle Mitarbeiter/innen in Kurzarbeit geschickt werden; die Verlegung der Konzerte müsse ja organisiert werden.
Bereit sein
Gleichzeitig steht für Semmelmann fest, dass sein Unternehmen 2021 möglichst schnell wieder auf den Markt zurückkehren möchte. Von Seiten der Politik hofft er, dass sie das Versprechen von Finanzminister Olaf Scholz hält, Schäden und Verluste durch reduzierte Besucherkapazitäten zu ersetzen.
"Wir brauchen relativ schnell eine gesicherte Aussage, wie dieses Modell genau aussehen wird. Wir arbeiten mit unseren Verbänden daran, entsprechende Vorschläge vorzubereiten und sie im Finanz- und Wirtschaftsministerium vorzustellen. Unter Dach und Fach ist es noch nicht. Aber alle Beteiligten arbeiten konstruktiv zusammen und sind gewillt, gute Konzepte zu entwickeln."
Außerdem arbeite Semmel Concerts an vielen weiteren Konzepten, um für eine Wiederaufnahme des Betriebes gerüstet zu sein. Semmelmann hofft, ab Mitte Januar angehört zu werden, wenn sich die Lage hoffentlich entspannt hat – denn sein Unternehmen wolle zusammen mit den Künstler/innen endlich wieder tolle Erlebnisse schaffen.
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