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Interview zur Musikbranchen-Konferenz

Intensiver Austausch: Was das Future Music Camp an der Popakademie so besonders macht

Interview von Markus Biedermann
veröffentlicht am 21.12.2016

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Intensiver Austausch: Was das Future Music Camp an der Popakademie so besonders macht

Steffen Geldner (Projektmanager Digital Innovation) und Prof. Dr. Alexander Endreß (Studiengangsmanager Musikbusiness). © MKB

Das Augenmerk beim Future Music Camp liegt auf den brennenden Themen der digitalen Musikwirtschaft. Ursprünglich als erstes Barcamp für die Musikbranche gestartet, hat es sich mittlerweile zu einem modernen Konferenzformat für Führungs- und Nachwuchskräfte aus den Creative Industries entwickelt. Wir sprachen mit Prof. Dr. Alexander Endreß (Studiengangsmanager Musikbusiness an der Popakademie) und dem Organisator Steffen Geldner, um einen Ausblick auf das achte FMC zu wagen.

Backstage PRO: Steffen, du bist Projektmanager Digital Innovation an der Popakademie Baden-Württemberg und mit der Organisation des Future Music Camp betraut. Was sind die Ziele des Formats?

Steffen Geldner: Eines der Hauptziele ist der Austausch zwischen den Studierenden der Popakademie, Studierenden von anderen Hochschulen, Musikern und Musikschaffenden. In der Kombination entsteht eine gute Mischung, die für alle Teilnehmer von Vorteil ist. Die Studierenden stehen im Austausch mit den Speakern, die eine prominente Funktion innehaben sowie mit Leuten aus der Branche. Für die Studierenden besteht außerdem die Möglichkeit, ihre Studienprojekte oder Abschlussarbeiten zu besprechen oder Experteninterviews zu führen.

Aber nicht nur die Teilnehmer profitieren von diesem Austausch, sondern auch die Popakademie selbst. Bei den Vorträgen können wir neue Dozenten verpflichten und so unser Curriculum aktuell halten.

Alexander Endreß: Wenn man es historisch betrachtet, war die ursprüngliche Überlegung, ein Barcamp für die Musikindustrie zu schaffen. Das bedeutet, dass die Themen von unserer Seite vorher nicht festgesetzt sein sollten. Der Grundgedanke war es, die Digital Natives zu uns zu holen und sie mit Leuten aus der Musikindustrie zu vernetzen, damit sie voneinander lernen können.

Backstage PRO: Wie ist denn der aktuelle Stand der Dinge für die siebte Ausgabe?

Steffen Geldner: Für 2017 haben wir uns vorgenommen, ein Thema als Schwerpunkt auszuwählen: Streaming. Besonders bei den von uns kuratierten Talks versuchen wir in die Tiefe des Themas vorzudringen und die verschiedenen inhaltlichen Aspekte näher zu beleuchten. Das ist der bisherige Stand der Dinge.

"Es ist unsere Ambition, die Dinge in ihrer Komplexität darzustellen"

Future Music Camp 2016

Future Music Camp 2016

Backstage PRO: Nimmst du zu diesen Aspekten einen eigenen Standpunkt ein oder gehst du neutral heran? Speziell über das Streaming wird ja viel diskutiert.

Steffen Geldner: Als Hochschule ist es unsere Aufgabe, objektiv an die Sache heranzugehen und alle Seiten zu beleuchten.

Alexander Endreß: Ziel einer akademischen Ausbildung sollte es immer sein, Sachlagen völlig wertfrei zu analysieren und sich dann ein Bild davon zu machen, um es im Anschluss für beide Seiten optimieren zu können. Die viel größere Ambition, die wir haben, ist der Versuch, die Dinge in ihrer Komplexität darzustellen. Wir wollen nicht zu sehr simplifizieren und Dinge auf eine einzige Aussage zuspitzen.

Man muss verstehen, dass das Streaming ein synergetisches, interaktives Feld ist, mit unterschiedlichen Ansprüchen und Zielen. Es handelt sich um eine Symbiose: Content braucht Kanäle und Kanäle brauchen Content. Eine professionelle Diskussion beinhaltet die Beleuchtung aller Anspruchshaltungen, damit man dann die Wege zur Optimierung des großen Ganzen findet.

Backstage PRO: Wie werden solche Themen für das Future Music Camp ausgewählt?

Alexander Endreß: Teilweise hat unser ursprünglicher Barcamp-Ansatz sehr gut funktioniert, jedoch gab es immer auch Besucher, die nur allgemein über digitale Themen reden wollten, ohne konkreten Bezug zur Musikindustrie. Daher steuern wir das Format etwas mehr und filtern die Themen.

Steffen Geldner: Mittlerweile hat sich das FMC zu einem zweiteiligen Konferenzformat entwickelt. Zum einen gibt es zehn bis zwölf von mir ausgewählte Speaker, die sich in ihren Vorträgen auf Musikthemen fokussieren. Zum anderen gibt es noch die offeneren Sessions, die inhaltlich auf die ganze Kreativbranche ausgeweitet sind. Jeder kann Themen für die Sessions einreichen. An dieser Stelle können dann, wie bereits erwähnt, Abschlussarbeiten der Studierenden vorgestellt oder Umfragen gemacht werden.

Backstage PRO: Gibt es dann überhaupt noch den typischen Barcamp-Teil am Anfang der Veranstaltung, bei dem Sessions vorgeschlagen werden und das Publikum sein Interesse signalisiert?

Steffen Geldner: Ja, den Aspekt gibt es in abgewandelter Form noch immer. In den letzten Jahren war es so, dass die Themen meist vorher eingereicht wurden. Wie das beim FMC 2017 sein wird, steht noch nicht fest.

Backstage PRO: Geben auch Absolventen inhaltlichen Input?

Alexander Endreß: Natürlich! Wir setzen Absolventen ja auch als Dozenten und Projektleiter ein. Viele extern beschäftigte haben Lust dazu, uns regelmäßig darüber zu informieren, was sie gerade tun. Das ist wirklich schön und macht Spaß. Vor allem aber haben wir dadurch die Gewissheit, dass wir stets gut über die aktuellen Trends informiert sind.

"Es geht darum, ins Gespräch zu kommen"

Future Music Camp 2016

Future Music Camp 2016

Backstage PRO: Backstage PRO: Habt ihr die Erfahrung gemacht, dass potenzielle Speaker oder Sessionleiter ihre Themen rasch einreichen, oder gilt es bei manchen auch Hemmungen zu überwinden, zum Beispiel weil man das eigene Thema als noch nicht ganz zu Ende durchdacht empfindet?

Steffen Geldner:  Bei den Sessions gab es bisher keine solchen Probleme. Wenn man ein spannendes Thema hat, ist es dem Sessionleiter selbst überlassen, in welcher Form es präsentiert wird. Es muss also kein vorbereiteter Vortrag sein – hier kommt der Barcamp-Charakter wieder zum Tragen.

Alexander Endreß: Bei den Sessions ist eher die Moderation eines Themas gefragt. Es geht um die Anregung einer Diskussion eines wie auch immer gearteten Problems oder Sachverhalts.

Unsere Studierenden, die sich an diesem Format beteiligen, werden dabei aber nicht alleine gelassen und unvorbereitet in die Sessions geschickt. Durch unsere Erfahrungen, wie so eine Diskussion ablaufen kann, versuchen wir ihnen bei der Vorbereitung auf die diversen möglichen Szenarien zu helfen. Es soll die Kompetenz vermittelt werden, wie die Diskussion eines Fachthemas moderiert wird. Außerdem werden die Sessions nicht dokumentiert oder veröffentlicht. Es geht wirklich darum, ins Gespräch zu kommen und den Horizont bestimmter Themen zu entdecken.

Backstage PRO: Wie geht ihr mit dem Barcamp-Problem um, dass manche Leute die Sessions ausschließlich als Promotion-Fläche nutzen wollen?

Steffen Geldner: Bei den Speakern, die ich selbst kuratiere, schaue ich mir im Vorhinein an, ob die Person schon irgendwo unterrichtet hat, ob sie Papers herausbringt und relevante Themen beisteuert. In der Regel stehe ich ja auch mit den Sessionleitern bereits vorher im persönlichen Kontakt, um so etwas auszuschließen. Trotzdem kann das natürlich vorkommen. Der Vorteil an Barcamps ist aber, dass sich das meistens von alleine erledigt. Solche Sessions werden dann von den Teilnehmern einfach nicht besucht.

Backstage PRO: Denkt ihr manchmal darüber nach, das Ganze noch größer aufzuziehen?

Steffen Geldner: Ein Vorteil des Future Music Camp ist, dass es sehr persönlich ist. Meiner Meinung nach ist es auch sehr wichtig, dass es an der Popakademie stattfindet und nicht etwa an größeren Veranstaltungsorten. Mit unseren Kapazitäten sind wir am Maximum, vor allem wenn man bedenkt, dass wir das FMC kostenlos anbieten. Würden wir es größer aufziehen, wäre das wahrscheinlich nicht mehr möglich.

Alexander Endreß: Das FMC ist sehr themengetrieben. Wir sind und wollen sehr speziell bleiben in dem, was wir inhaltlich vermitteln und die Leute sollen sich während der zwei Tage darauf fokussieren können. Wenn es möglich wäre, diese Intensität beizubehalten, wäre nichts gegen ein größeres Format einzuwenden. Es ist auch eine strategische Frage, ob das in unserem Fall sinnvoll wäre. Ich sehe die Gefahr, dass die Themen zu sehr verwässern. Zudem würde es ein größeres organisatorisches Erfordernis bedeuten.

"Viele verstehen die Hintergründe noch nicht"

Alexander Neipp (Universal Music Deutschland), Daniel Grunenberg (Glasperlenspiel) und Steffen Geldner beim Future Music Camp (v.l.n.r.).

Alexander Neipp (Universal Music Deutschland), Daniel Grunenberg (Glasperlenspiel) und Steffen Geldner beim Future Music Camp (v.l.n.r.)., © Popakademie Baden-Württemberg

Backstage PRO: Glaubt ihr, dass es für Musiker mit Blick auf all die vielfältigen Themen leichter oder schwerer geworden ist, die Musikbranche mit ihren ganzen Regelungen, Institutionen und Eigenarten zu verstehen?

Steffen Geldner: Seit einigen Jahren ist es durch neue technische Möglichkeiten relativ einfach geworden, selbst schnell Musik zu publizieren. Jeder weiß, wie er mit Social Media und Digitalvertrieb umzugehen hat, aber trotzdem verstehen viele die Hintergründe noch nicht. Da setzen wir an der Popakademie mit unseren Lehrplänen an: Wir vermitteln zum Beispiel die Funktionsweise des Youtube-Algorithmus oder das Rankingsystem bei Spotify. Unsere Rolle ist es also, das vorhandene Basiswissen zu erweitern und auf das nächste Level zu bringen. Diesen Ansatz verfolgen wir auch beim Future Music Camp.

Backstage PRO: Schafft das Future Music Camp für die ortsansässige Musikindustrie einen Mehrwert? Es fällt ja durchaus auch ein Schlaglicht auf die Möglichkeiten und Köpfe, die es in Mannheim gibt.

Steffen Geldner:  Absolut! Das FMC ist das jährliche Event, bei dem viele Absolventen nach Mannheim kommen, um einfach mal wieder hier zu sein, die neuen Studierenden kennenzulernen sowie Freunde und Mitarbeiter wiederzutreffen. Somit glaube ich schon, dass wir das Licht etwas mehr nach Mannheim rücken können. Ein vergleichbares Format gibt es in Deutschland nicht. Das FMC bietet die Möglichkeit für eine fachliche Vernetzung zwischen den verschiedenen Akteuren der Musikindustrie, insbesondere der digitalen.

Backstage PRO: Wir wünschen euch viel Erfolg mit dem achten Future Music Camp und danken für eure Zeit!

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Locations

Popakademie Baden-Württemberg

Popakademie Baden-Württemberg

Hafenstraße 33, 68159 Mannheim

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