© Scene Writers

Newcomerbands haben es nicht leicht. Sie müssen sich in einem harten Geschäft behaupten, aber gleichzeitig andere durch ihre kreative Leistung überzeugen. Wir sprachen mit Sebastian Nouvortne, Schlagzeuger und Songwriter der Band Scene Writers, über Pay-to-Play, Nutzen oder Schaden von Newcomerwettbewerben und Wege, als Band Gigs zu erhalten ohne dafür bezahlen zu müssen. Ihr seid natürlich wie immer herzlich eingeladen, die Aussagen zu diskutieren.

regioactive.de: Wie lange gibt es die Band Scene Writers?

Sebastian Nouvortne: Uns gibt es ungefähr seit März 2010, anfangs noch unter dem Namen ColdWaterEffect, inzwischen haben wir uns in Scene Writers umbenannt.

Wie habt ihr euch kennengelernt?

Sebastian: Unser Sänger Christian und ich sind gemeinsam zur Schule gegangen. Wir machen auch schon länger gemeinsam Musik, als es die Band gibt. Michael, unser Gitarrist, war auch auf der selben Schule. Marius haben wir allerdings gezielt gesucht, da es relativ schwierig ist, Bassisten zu finden. Wir haben alles Mögliche unternommen, und er hat sich schließlich auf einen Aushang an der Uni gemeldet.

Ihr studiert alle?

Sebastian: Genau, wir sind alle eingeschriebene Studenten. 

Das klingt aber nicht so, als würdet ihr wirklich studieren.

Sebastian (lacht): Wir sind zwar eingeschriebene Studenten, aber in Wirklichkeit sind wir alle Musiker.

Ihr seid als Band sehr stark von Brit-Pop beeinflusst. Ist das eine faire Aussage?

Sebastian: Ja, definitiv. Christian und ich haben vornehmlich Musik aus England gehört, was unseren Schreibprozess auch stark geprägt hat.

Welche Bands oder Künstler waren für euch besonders wichtig?

Sebastian: Radiohead, aber auch Bands wie Snow Patrol, die frühen Coldplay-Aufnahmen, aber auch Oasis.

Ihr habt eine Vorliebe für elegische Melodien. Ist es euer Ziel als Band, diese Melodien auszuarbeiten und zu erforschen?

Sebastian: Wir gehen beim Schreiben von Songs eigentlich immer von der Melodie aus und versuchen diese mit einfachen Mitteln ins Zentrum zu stellen. Auch bei anderen Bands fasziniert mich, wie sie es schaffen, die Melodie auf simpler Basis in den Vordergrund zu stellen, ohne ein Lied mit Produktionstricks zu überfrachten, wie das heutzutage üblich ist.

Die Schönheit der Einfachheit?

Sebastian: Genau. Das ist sehr gut.

Ihr habt ein schönes Video zu eurer Single It's Alright aufgenommen. Wie kam das zustande, es sieht ja relativ hochwertig aus?

Sebastian: Wir haben eigentlich kaum Geld dafür ausgegeben. Wir haben mit Hilfe von Youtube-Videos einen eigenen Kamera-Kran und ein eigenes Kamera-Rig zusammengebaut und das mit einer DSRL-Kamera gefilmt. Wir hatten einen Kameramann, ansonsten haben wir Bildbearbeitung und Schnitt alles in Eigenregie gemacht.

Wie funktioniert ihr als Band? Entscheidet ihr alles demokratisch?

Sebastian: Wir sind schon eine Demokratie, aber jeder hat einen gewissen Schwerpunkt. Christian und ich schreiben die Songs, Marius macht das Booking, das Management erledigt Michael, unser Gitarrist.

Wo kann man euch denn bald live erleben?

Sebastian: Wir werden auf einigen Festivals spielen, u.a. beim Food For Your Senses-Festival in Luxemburg. Wir werden im Rahmen der Langen Nacht der Museen vor dem Mainzer Landtag spielen. Und in Kürze werden wir noch den Auftritt bei einem anderen großen Festival bekanntgeben, das dürfen wir aber noch nicht verraten.

{image}Wenn ihr auf Festivals spielt, werdet ihr dafür bezahlt oder erhaltet ihr lediglich die Fahrtkosten?

Sebastian: Es ist sehr unterschiedlich, es hängt von der Größe des Open Airs ab. Auf wirklich großen Festivals ist es nicht üblich, dass Newcomerbands Gage erhalten. Wir achten aber darauf, dass mindestens die Spritkosten bzw. die Busmiete wieder reinkommen, es sei denn der Gig ist aufgrund der Zuschauerzahl so lukrativ, dass wir bereit sind, etwas zu bezahlen. Das kommt aber nur selten vor. In der Regel versuchen wir schon, eine Gage zu erhalten. Das funktioniert auch recht gut, wenn man mit den Veranstaltern spricht. Viele der Festivalgigs, die wir gespielt haben, sind durch persönliche Kontakte zustandegekommen, das erleichtert die Gespräche.

Welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht, als relative Newcomer Gigs zu bekommen?

Sebastian: Grundsätzlich ist es sehr schwierig. Was Pay-to-Play angeht stehen die Liveclubs vor dem Problem, dass sie nicht sehr viel Geld mit Newcomern verdienen. Aus der Sicht eines Clubbesitzers ist es natürlich ein großes Risiko eine Band spielen zu lassen, die 400km anreist und sich vor einem halben Jahr gegründet hat. Andererseits kann man an bestimmten Abenden einer jungen Band ermöglichen, als Vorgruppe einer etablierten Band aufzutreten.

Mit anderen Worten, Veranstalter könnten mehr Mut zeigen, indem sie jungen Bands ermöglichen, im Vorprogramm von größeren Acts aufzutreten.

Sebastian: Ja, das finde ich schon. Ich war selbst schon auf vielen Konzerten, wo keine Vorband gespielt hat. Das finde ich bedauerlich, weil es für eine junge Band toll gewesen wäre, vor so vielen Leuten zu spielen – und das ohne großes Risiko für die Veranstalter.

Was sind eure persönlichen Erfahrungen mit Pay-to-Play?

Sebastian: Wir selbst haben noch nie einen Pay-to-Play-Gig gespielt, weil das finanzielle Risiko für uns nicht tragbar war. Meiner Meinung nach nutzt es einer jungen Band nichts, viel Geld für einen Auftritt zu bezahlen.

Es sei denn, sie haben schon eine riesige Fanbase in einem bestimmten Ort.

Sebastian: Das ist etwas anderes. Es kommt natürlich auch darauf an, was der Auftritt der Band bietet. Wenn man vor 2000 Leuten spielt, lohnt es sich auch mal 100 Euro dafür zu zahlen. Wir sind damit gut gefahren, uns Plätze als Support-Bands zu sichern. Beispielsweise haben wir als Vorband von Auletta gespielt, wofür wir nichts bezahlen mussten. Das kam auch durch persönlichen Kontakt zustande und war eine super Erfahrung, auch wenn die Leute in den Clubs nicht wegen uns da waren. Ohne Booker ist es nicht leicht, aber es gibt durchaus Möglichkeiten. In Großstädten ist es allerdings sehr schwierig, Gigs zu bekommen, ohne dafür zu bezahlen.

{image}Ihr kommt ja aus Lahnstein, aus dem Koblenzer Raum, selbst da gibt es vermutlich nur begrenzte Auftrittsmöglichkeiten.

Sebastian: Extrem wenige. Der Circus Maximus ist eigentlich der einzige Club hier in der Gegend. Wir durften allerdings beim Rockbuster auftreten, ohne diese Förderung wäre es sehr schwer geworden, auch weitere größere Gigs zu bekommen. 

Kannst du das etwas näher beschreiben?

Sebastian: Rockbuster ist ein Förderprogramm des Landes Rheinland-Pfalz. In verschiedenen Städten oder Regionen finden Vorentscheide statt. Da haben wir uns beworben, wurden genommen und durften in der Vorrunde zusammen mit vier anderen Bands in Koblenz auftreten. Wir sind ins Finale eingezogen, das am 18. Oktober 2011 in der Stadthalle in Lahnstein stattfand – wir haben dann den 2. Platz belegt. Außerdem standen Jupiter Jones als Headliner auf der Bühne.

Das war für euch natürlich ein großer Erfolg, der euch auch zum Weitermachen motiviert hat.

Sebastian: Ja, definitiv. Der Auftritt wurde auch professionell gefilmt und besonders für Bewerbungen ist es extrem wichtig, ein Livevideo in guter Qualität vorweisen zu können. Auf diese Weise kann man als Veranstalter die Energie der Band gut erkennen. 

Würdet ihr anderen Bands raten, an solchen Newcomerwettbewerben teilzunehmen?

Sebastian: Pauschal gesprochen: nein. Rockbuster ist für uns eine Ausnahme. Wir haben gerade zu Anfangszeiten, auch mit anderen Bands, mit Newcomerwettbewerben eher negative Erfahrungen gemacht. Häufig wird man als Band dazu angehalten, einen gewissen Satz an Karten zu kaufen – Pay-to-Play. Das betrifft nicht nur die größeren Wettbewerbe, die einen gewissen Namen haben, sondern speziell auch die kleinen Veranstaltungen, wo man den Eindruck erhält, dass nicht die Bandförderung, sondern die Gewinnmaximierung im Mittelpunkt steht.

Du würdest jungen Bands also raten, aufzupassen, ob man bei solchen Wettbewerben etwas zahlen muss, um auftreten zu dürfen.

Sebastian: Ich persönlich würde nicht zahlen, ganz besonders nicht bei Newcomerwettbewerben. Ich finde, es widerspricht dem Gedanken der Förderung junger Bands. Aber man kann sich mittlerweile im Internet informieren, beispielsweise auch über Backstage PRO, welche Wettbewerbe den richtigen Weg gehen und welche nicht.

Ihr habt letztes Jahr auch an der Bandfactory der VW Sound Foundation in Wolfsburg teilgenommen. Welche Eindrücke habt ihr da mitgenommen?

Sebastian: Es hat uns auf jeden Fall weitergebracht. Die Bandfactory war hochprofessionell und man konnte mit Leuten von Major Labels reden, die am Ende wirklich Entscheidungen treffen, und gerade als Newcomer bekommt man solchen Kontakt ansonsten nicht so leicht. Major Labels nimmt man ansonsten eher als den undurchschaubaren Überbau der Musiklandschaft wahr und weiß nicht, wie sie funktionieren und nach welchen Kriterien sie arbeiten. Wir würden das auf jeden Fall wieder machen.

Die Coachings und die Gespräche haben euch also genutzt?

Sebastian: Klar. Wir hatten die Gelegenheit zu Einzelgesprächen mit Profis, die sich nur um uns als Band drehten und die 45 Minuten gedauert haben. Wann hat man sonst schon mal diese Möglichkeit?

Mit Bewerbungen habt ihr offensichtlich großen Erfolg. Ihr seid von Backstage PRO für den John Lennon Talent Award nominiert und von den Verantwortlichen daraufhin in das Förderprogramm aufgenommen worden. Wie lief das ab?

Sebastian: Nachdem wir von euch vorgeschlagen wurden, haben wir Besuch von den Verantwortlichen bekommen und hatten ein eingehendes Gespräch, woraufhin wir in das Programm aufgenommen wurden. Wir wurden dann auf die Frankfurter Musikmesse eingeladen, wo das erste Treffen stattfand. Im Verlauf dieses Kennenlernwochenendes haben wir in einem großen Konferenzraum zwei Songs gespielt. Anschließend erhielten wir eine Bewertung. Wir hatten Gelegenheit, gegenseitig Kontakte zu knüpfen und die Musikmesse zu besuchen, wo wir natürlich auch viele Eindrücke gesammelt haben. Es hat sehr viel Spaß gemacht.

Wie wichtig ist es auch bei solchen Events, andere Bands kennenzulernen?

Sebastian: Sehr wichtig. Wenn man intensiv Musik betreibt, befindet man sich oft in einer Art Tunnel und kann nicht so gut einschätzen, was man falsch oder richtig macht. Andere Musiker können von außen oft hilfreiche Tipps geben oder man kann bei anderen erkennen, welchen Weg diese gegangen sind.

Wie geht es jetzt weiter mit dem JLTA?

Sebastian: Die ersten Arbeitssitzungen werden im Juli im Verlauf von mehreren Tagen stattfinden. Wir haben schriftliche Anregungen bzw. Kritikbögen erhalten und an dieser Stelle werden wir dann wieder einsetzen.

Was sind eure nächsten Ziele als Band?

Sebastian: Wir schreiben eigentlich seit dem Rockbuster-Finale andauernd an neuen Songs, die wir im Sommer aufnehmen werden. Dann wird sich entscheiden, welchen Weg wir mit diesen Stücken gehen werden.

Vielen Dank für das Gespräch!