Markus Brehm, einer der drei Inhaber des ComeBack, vor dem Mannheimer Laden.

Markus Brehm, einer der drei Inhaber des ComeBack, vor dem Mannheimer Laden. © Daniel Nagel

Der Mannheimer Plattenladen "ComeBack", der auch eine Filiale in Darmstadt unterhält, feiert im April 2012 sein fünfundzwanzigjähriges Bestehen. Seit seiner Gründung wird er gemeinsam von den Inhabern Markus Brehm, Harry Schulz und Harry Berberich betrieben. Geschäftsführer Stefan Reis ist ebenfalls fast seit Beginn dabei. Anlässlich des Jubiläums sprachen wir mit Markus Brehm über das Geheimnis ihres Erfolgs, den Wandel der Musikkultur und türkische Plattensammler.

{image}Das ComeBack in Mannheim ist in vielerlei Hinsicht ein normaler Plattenladen. Er verfügt über eine große CD-und Platten-Abteilung und bietet außerdem seit jeher Filme an, früher in Form von Videokassetten und Laserdiscs (!), heute als DVDs und Blu-Rays. Von anderen Plattenläden, die ausgesprochene Nerd-Paradiese sind, unterscheidet sich das ComeBack allerdings durch sein Angebot an Konsolen-Spielen, die vor allem Kinder und Jugendliche in den Laden locken. Aufgrund der Lage des Ladens nahe des Mannheimer Marktplatzes in einem Viertel mit sehr hohem Migrantenanteil, sorgt das für eine ungewöhnliche Mischung der Kulturen und Altersgruppen unter den Kunden. Anlässlich des fünfundzwanzigsten Bestehens sprachen wir mit Markus Brehm, dem das ComeBack gemeinsam mit Harry Schulz und Harry Berberich gehört.

regioactive.de: Fünfundzwanzig Jahre sind eine irrsinnig lange Zeit für einen Plattenladen. Was ist ihr euer Erfolgsgeheimnis?

Markus Brehm: Es gibt sicherlich mehrere. Wichtig ist, dass die Chemie innerhalb der Firma stimmt. Das ComeBack gehört drei Inhabern, und auch nach fünfundzwanzig Jahren verstehen wir uns immer noch sehr gut. Normalerweise scheitert eine GbR oftmals daran, dass die Leute untereinander nicht mehr klarkommen.

Man sagt ja eigentlich, wenn drei zusammen sind, gibt es immer Streit…

Ja, aber es gibt auch immer eine Entscheidung. Wir haben zwar stets darauf geachtet, dass wir uns einig sind, aber das waren wir nicht immer. Wir sind aber nach wie vor miteinander befreundet, ich würde mit beiden noch in Urlaub fahren. Ein zweiter Grund unseres Erfolgs ist sicherlich das breitgefächerte Angebot. Ich wollte eigentlich nie einen reinen Musikladen, sondern ein Second-Hand-Medienkaufhaus. 

Das war von Anfang an das Ziel?

Nein, das hat sich im Laufe der Zeit so entwickelt. Am Anfang waren wir von Londoner Plattenläden, "Record and Tape Exchanges", inspiriert. Wir wollten einen Musikladen mit Gebrauchtware machen und dann gucken, was passiert.

"Gucken, was passiert" ist ja eigentlich eine schlechte Voraussetzung, um einen Laden zu betreiben, aber es funktionierte dann doch.

Die Zeit war günstig, viele wechselten von LPs auf CDs, glänzende Zeiten für einen Second-Hand-Laden. Alle wollten ihre Platten loswerden. Vielleicht war aber auch die Unbefangenheit hilfreich. Unseren Businessplan haben wir mit Kuli auf Karopapier erstellt, die Zahlen haben wir uns einfach ausgedacht.

Ich habe auf eurer Homepage gesehen, dass ihr bereits innerhalb eines Jahres nach der Eröffnung umgezogen seid.

{image}Der Laden platzte nach einem Jahr aus allen Nähten, da er nur 35m2 groß war. Die Miete war günstig, wir dachten, wir probieren das mal ein Jahr, und wenn es nicht funktioniert, verkaufen wir die Platten wieder auf dem Flohmarkt. Nach drei Monaten war der Erfolg aber schon absehbar, der Laden war voll mit Ware. Das lag auch daran, dass wir am Anfang unser Geld komplett in Ankäufe investiert haben. Und dann kamen immer mehr CDs dazu. Am Anfang hatten wir einen Schuhkarton mit CDs auf dem Tisch stehen, 35 DM pro Stück, 50 DM neu. Wahnsinn...

Ihr habt also mit sehr wenigen CDs angefangen und habt dann vom massenhaften "Umstieg" von Vinyl auf CD profitiert: Leute haben euch ihre Plattensammlungen verkauft, um sich die CDs zuzulegen. Kannst du das etwas näher erklären?

Plötzlich galt die Platte als schlechteres Medium, zumindest hat die Industrie die Leute davon überzeugen wollen, dass sie das schlechtere Medium sei. Viele Sammler haben daraufhin ihre Sammlung verkauft, aber da das viele gemacht haben, waren die Platten nicht mehr so viel wert. Was wir damals an Raritäten billig verkauft haben...

Dann hat sich die CD durchgesetzt und das CD-Geschäft hat viele Jahre geboomt. Heute ist die CD im Stellenwert und Preis wieder auf dem absteigenden Ast. Welche Auswirkungen hat das auf euch?

Man ist stärker gefordert, die Ware besser zu präsentieren und auch die Preise günstiger zu gestalten. Es ist zwar so, dass der Markt schrumpft, aber er ist immer noch auf einem hohen Niveau. Jährlich werden in Deutschland 600.000 LPs, aber einhundert Millionen CDs verkauft. Das ist immer noch sehr viel. Natürlich verlagert sich viel ins Internet, gerade bei Berufstätigen. Wir haben aber auch junge Kunden, die gezielt CDs kaufen und nicht Vinyl. Es ist nicht so, dass der CD-Markt völlig zusammengebrochen ist.

Wie sieht es denn mit dem Absatz von gebrauchtem Vinyl aus?

Man liest ja immer, dass Vinyl stark im Kommen sei, aber so eine wirkliche Achterbahnfahrt kann ich bei gebrauchtem Vinyl nicht feststellen. Ich habe früher auch nicht weniger Vinyl verkauft als heute. Der Absatz ist über die Jahre hinweg relativ konstant geblieben.

Wie hörst du Musik? Kannst du eigentlich Musik noch hören?

(lacht) Gute Frage. Am besten kann ich sie eigentlich im Auto hören. Da muss ich mir leider CDs anhören, aber zu Hause habe ich auch ein Büro, und dort höre ich mir die Originale an. Das zelebriere ich auch, darum geht es ja eigentlich beim Plattenhören.

Die Begeisterung für Vinyl hat also in all den Jahren nicht nachgelassen?

Nein, eher haben sich die Interessen etwas verändert. Wir kommen ja alle aus der Punk/Wave-Szene, heute interessiere ich mich sehr stark für Originale aus den 1960ern. Aber die Leidenschaft existiert noch. Wenn man die verliert, dann besitzt der Laden auch keine Perspektive mehr.

Ihr verkauft nicht nur Schallplatten und CDs, sondern auch DVDs/Blu-Rays und Konsolen-Spiele. Mit den Spielen lockt ihr ja ein ganz anderes Publikum in den Laden. Film- und Plattensammler unterscheiden sich nicht so sehr, aber für die Spiele kommen viele Kinder und Jugendliche, die sich für den Rest des Ladens nicht interessieren.

{image}Die Kinder interessieren sich nur für das Regal mit den Spielen, und davon eigentlich nur für die rechte Ecke. Auf die Idee, in den Keller zu gehen und sich die Platten anzusehen, kämen sie nie. Wichtig ist es mit den Kindern – und gerade auch mit den türkischen Kindern – respektvoll umzugehen. Wir haben einen guten Ruf bei den Türken. Hier um den Marktplatz herum leben so viele Migranten, die Spiele sind natürlich ein gezielter Versuch, auch unter ihnen Publikum zu gewinnen. Wenn alle Ausländer aus Mannheim verschwinden würden, müsste ich zwei Leute entlassen.

Gibt es eigentlich türkische Plattensammler?

Ich wüsste keinen. Bei uns jedenfalls nicht.

Was kaufen türkische Kunden vornehmlich? CDs?

Filme. Action-Filme, Kung-Fu, alles was ein wenig zur Sache geht. CDs weniger.

Migranten haben ihre eigene Musik, die sie in speziellen Geschäften kaufen.

Ja. Damit kenne ich mich eben auch nicht aus.

Wie hat sich denn das Kaufverhalten im Verlauf der Jahre geändert?

Das monatliche Kaufverhalten hat sich rapide geändert. Früher war es eigentlich eine durchgehende Linie, natürlich mit einer Spitze am Monatsanfang. Heute habe ich das Gefühl, dass vielen Leuten zum Monatsende die Luft ausgeht, und zwar massiver als vor fünfzehn oder zwanzig Jahren. In der letzten Monatswoche verkaufen wir wenig, dafür verkaufen die Kunden sehr viel an uns. Kaum ist der 29. ballern die Kunden das Geld regelrecht raus. An den Konsolen kann man es am besten sehen. Wir kaufen in einer Woche fünfzehn Konsolen an, und verkaufen sie innerhalb von drei Tagen.

Als ihr den Laden eröffnet habt, gab es ja gar keine Konsolen. Außerdem könnte es auch daran liegen, dass diese Konsolen ein anderes Publikum ansprechen, das möglicherweise in schwierigen finanziellen Verhältnissen lebt.

Ja. Einem Raritätensammler ist es egal, ob es der 26. oder der 3. eines Monats ist, wenn er eine Rarität sieht, die er haben will, dann kauft er sie – wie auch immer. Was sich auch geändert hat, dass niemand nach Prozenten gefragt hat. Heute gibt es niemanden, der nicht fragt.

Ihr habt zu eurem Jubiläum eine besondere Aktion, vielleicht kannst du dazu etwas sagen?

Der Gedanke war, dass es ja die Kunden sind, die den Laden am Laufen halten und daher haben wir uns entschlossen, ihnen etwas zurückzugeben. Wir machen vom 16. bis zum 21. April eine Rabattwoche mit 20% Nachlass auf Second-Hand-Ware und 10% auf Neuware. Am 21. April ist auch der Record Store Day, an dem die Plattenfirmen verschiedene Spezialprodukte veröffentlichen. Dazu werden bei uns DJs auflegen, es gibt Sektausschank und eine Punkband, Radio Havanna, wird vor dem Laden ein Set spielen.

Vielen Dank für das Gespräch!