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Itchy Poopzkid (live beim Rock im Hinterland 2015) © Rudi Brand

Itchy Poopzkid, die Band mit dem wohl bescheuertsten Bandnamen aller Zeiten, feiern im LKA Longhorn in Suttgart ihren Tourabschluss und reißen wie gewohnt die Hütte ab.

Eines sei vorweg gesagt: Wenn Itchy Poopzkid aus Eislingen an der Fils auf die Bühne gehen, sollten sich Punkrocker, die Worte wie "street credibility" in den Mund nehmen und sich bei jedem erfolgreichen Plattenverkauf fragen: "Ist das noch Punkrock?", lieber vom Acker machen.

Denn Sibbi, Panzer und Max machen, was ihnen gefällt – und dazu gehören neben Punkrock-Songs auch ruhigere Balladen und ihr kommerziell unheimlich erfolgreiches Buch "How To Survive As A Rockband". Dass sie trotzdem auch live immer noch überzeugen und die Menge zum Kochen bringen, zeigen die drei Schwaben am 29. November 2015 im LKA Longhorn in Stuttgart.

Sollten dringend zum Friseur

Den Anfang machen KMPFSPRT, eine deutsche Punkrock-Band aus Köln, die eine halbe Stunde auf der Bühne alles geben und die Leute gut bei ihrem ersten Bier unterhalten. Schwerer haben es hingegen John Coffey. Obwohl die Holländer eine solide Performance abliefern, schaffen sie es nicht wirklich, die Menge mitzureißen. Vielleicht liegt es auch daran, weil alle so unheimlich abgelenkt sind von den monströsen Mengen an Haar, die die fünf Bandmitglieder auf die Bühne bringen. Man fragt sich unwillkürlich: Seit wann sind Schnauzer eigentlich wieder gesellschaftsfähig?!

Und es wird deutlich: John Coffey brauchen weniger Publikum, einen kleineren Club und deutlich mehr Haar im Publikum zum Hin- und Herschütteln. Erst beim letzten Song vermag die Band die Menge schließlich zu mehr als einem rhythmischen Kopfnicken zu bewegen. Schade, da hätten die Holländer vielleicht mal öfter unter ihren üppigen Haarschöpfen hindurchlinsen sollen.

Energie und Schweiß vom ersten Ton

Nicht weniger als 1300 Besucher sind anwesend, um mit Itchy Poopzkid den Tourabschluss und gleichzeitig das Heimspiel in Stuttgart zu feiern. Auffallend ist an diesem Abend vor allem, dass das Publikum sehr jung ist. Teilweise werden die angehenden PunkrockerInnen sogar noch von Mama oder Papa begleitet oder hingebracht. Itchy Poopzkid können sich darüber freuen, dass sie auch bei den 15 bis 18-jährigen bestens anzukommen, auch wenn manche später angesichts der pogenden Menge etwas verschreckt aussehen.

Um halb 10 ertönt schließlich das epische Intro von Itchy Poopzkid und die drei gebürtigen Schwaben rennen unter tosendem Applaus auf die Bühne. Schon beim ersten Lied entwickelt sich ein Moshpit in der Mitte der Halle und alle flippen komplett aus.

Alt und Neu und besondere Momente

Itchy Poopzkid spielen eine gut ausbalancierte Mischung aus neuen und alten Songs. Auch die neueren, teilweise etwas ruhigeren Lieder aus dem aktuellen Album "Six" werden vom Publikum gut angenommen und bejubelt. Einen besonderen Moment gibt es bei "Silence Is Killing Me", bei dem die Band auf der "Six"-Tour immer jemanden aus dem Publikum aussucht, der als Schlagzeuger einspringen darf. An diesem Abend meistert der Glückliche die Herausforderung wirklich gut und wird von der Menge frenetisch gefeiert.

Wie immer spielt "Panzer" auch einen ruhigeren Song mitten im Publikum. Nachdem er sich durch die Menge gekämpft und sie mit "Mann, stinkt's hier unten!" kommentiert hat, werden auch die harten Jungs bei "As Long As I Got Chords", der musikalischen Liebeserklärung an einen Plattenspieler, ganz ruhig und sentimental. Anschließend spielen Itchy Poopzkid mit "I Gotta Get Away" zum ersten Mal einen Akustik-Song, bevor die Show dann wieder Fahrt und Hitze aufnimmt.

Der Schweiß-Höhepunkt ist schließlich bei "The Weight of The Water" erreicht, bei dem die Band das Publikum auffordert sich kollektiv in den Arm zu nehmen und abzufeiern. Nichts für schwache Näschen!

Der Star des Abends: Opa

Besonders sympathisch: Die Familien der Bandmitglieder sind auch vor Ort. Sänger und Gitarrist Sebastian "Sibbi" Hafner winkt von der Bühne aus zu seinem Opa hoch, der im verglasten Backstage-Bereich sitzt. Es folgen minutenlange "Opa! Opa!" -Rufe der Menge, die der alte Herr sichtlich gerührt mit unentwegtem Winken kommentiert.

Alles in allem liefern Itchy Poopzkid zuverlässig genau das ab, was man von ihnen erwartet: keine musikalischen Höchstleistungen, aber eine energiegeladene Liveshow, die von ruhigeren Momenten unterbrochen wird, viel Witz und diese unfassbar sympathische und bodenständige Ausstrahlung.

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