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Zu wenig Ressourcen für den Hype

Major-Labels drängen "Indies" aus dem Vinyl-Markt, weil sie Presswerken lukrativere Aufträge bieten können

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 20.12.2017

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Major-Labels drängen "Indies" aus dem Vinyl-Markt, weil sie Presswerken lukrativere Aufträge bieten können

© Andreas Printz auf Flickr / Lizenz: CC0

Das "schwarze Gold" boomt - Vinyl-Verkäufe steigen auch während des Streaming-Hypes unbeirrt an. Doch je mehr Major-Labels ihre Veröffentlichungen in großen Auflagen pressen lassen, desto stärker werden Indie-Labels mit ihren kleineren Aufträgen vom Markt verdrängt.

Das Jahr 2017 neigt sich dem Ende zu, und im Rückblick scheint es, als fände Musik nur noch digital – insbesondere auf Streaming-Plattformen – statt (siehe z.B. hier und hier).

Die Schallplatte

Doch ein zwischenzeitlich verschwunden geglaubtes Medium kehrt zurück: Schon seit einigen Jahren steigen die Vinyl-Produktionen und -Käufe wieder an. So meldete die British Phonographic Industry (BPI), dass kaum noch Musikalben gekauft werden. Die CD-Verkäufe sanken 2016 um 11,7%, Downloads sogar um fast 30% – nur die Schallplatten-Sales stiegen um über 50%.

Zwar findet dieses Wachstum auf (noch) verhältnismässig geringem Niveau statt, doch lässt sich die Popularität des Mediums Vinyl nicht bestreiten. Auch unsere Artikel zum Thema (hier und hier) fanden großen Anklang bei euch.

Negative Folgen des Hypes

Wie Digital Music News berichtet, hat dieser Trend allerdings auch negative Folgen – insbesondere für Indie-Labels. In dem Maße wie Major-Labels in den Markt einsteigen, wird es schwieriger für Indies, ihre Platten in einem akzeptablen Zeitraum produzieren zu lassen. 

In einem Interview mit dem Guardian berichtet Gerald Short, Gründer des Labels "Jazzman Records", dass sie bereits seit 20 Jahren Platten produzieren. Die Wartezeit habe sich inzwischen von drei Wochen auf drei Monate erhöht.

Als Grund für diese Entwicklung nennt Short einerseits, dass es einfach zu wenige Presswerke gibt, um dem Hype gerecht zu werden. Die Tendenz in den letzten Jahren war eher, Werke zu schließen, als neue zu eröffnen.

Eine Frage der Auflage

Weiterhin bevorzugen Presswerke die großen Auflagen der Major-Labels. Die geringen Stückzahlen, die Indie-Labels häufig pressen lassen können, sind für die Vinyl-Produzenten unwirtschaftlicher als die höheren Auflagen der Majors. 

Die Wartezeiten treffen nicht nur Indie-Labels und -Künstler. In noch höherem Maße sind ungesignte KünstlerInnen betroffen. Ohne finanzielle Unterstützung durch ein Label können diese sich meistens lediglich Kleinstauflagen leisten, die dann in der Wirtschaftslogik des Presswerkes weit hinten angestellt werden. 

Neue Chancen?

Die erst einmal pardoxe Konsequenz des Vinyl-Hypes ist es also, dass viele kleinere Labels – die häufig nie aufgehört haben, Vinyl zu pressen – von den auf den Trend einsteigenden Majors benachteiligt werden. 

Gleichzeitig öffnet diese Situation natürlich auch neue Möglichkeiten auf dem Vinyl-Markt. So steigt die Nachfrage nach Presswerken seit einiger Zeit kontinuierlich an – und damit bieten sich neue Chancen für Unternehmen, sich auf dem Markt zu positionieren.

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