LiveKomm reagiert auf Musikwirtschaftsstudie
Studie: Viele Live-Musikclubs stehen am Rande der Verlustzone
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Gehen bald in noch mehr Clubs die Lichter aus?. © Rainer Sturm / pixelio.de
Die im September veröffentlichte Studie "Musikwirtschaft in Deutschland" (PDF, 2.2mb) nahm erstmals die gesamte deutsche Musikwirtschaft unter die Lupe und ermittelte ihre wirtschaftliche Bedeutung. In dieser Artikelreihe haben wir dazu bereits folgende Artikel veröffentlicht:
- Überblick: Starke Gesamtbranche, Probleme in Teilbereichen
- Die meisten Musiker brauchen Zusatzeinkommen, um über die Runden zu kommen
- Die Macht der Major-Labels ist trotz des digitalen Wandels ungebrochen
Finanziell prekäre Situation der Musikclubs in Deutschland
Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Musikwirtschaft
Nicht immer waren die Ergebnisse der Studie positiv zu bewerten: Wenn die Musikbranche in ihrer Summe doch einen beachtlichen Teil der Kreativwirtschaft darstellt, so sind doch in den einzelnen Unterbereichen schwere Defizite und auch hier und da ein wirtschaftliches Ungleichgewicht fest zu stellen.
Insbesondere im Live-Geschäft bleibt die Lage kritisch. Karsten Schölermann (1. Vorsitzender der LiveKomm) bringt seine Sorgen in einer Pressemitteilung des Verbands für Musikspielstätten in Deutschland zu den Ergebnissen der Studie auf den Punkt:
"Wenn man bedenkt, dass viele Musikclubs gar keine oder nur 1-2 Prozent Subventionen erhalten, machen die Ergebnisse der Studie deutlich, warum viele Clubs am Rande der Existenzfähigkeit stehen."
Festzuhalten ist, dass die Live-Branche umsatzmäßig der größte Teilbereich der Musikindustrie ist. Das führt zu Reaktionen wie zum Beispiel, dass das HipHop Magazin rap.de den Genre-Acts empfiehlt, live deutlich mehr zu machen. Leider zeigen sich aber auch gerade im Live-Bereich die größten Mängel der Musikindustrie.
Die Musikwirtschaftsstudie macht die grundlegenden Probleme der Live-Musikclubs deutlich – drei Hauptpunkte zeichnen sich am deutlichsten ab:
- Es gibt fast so viele ehrenamtliche Mitarbeiter wie erwerbstätige Mitarbeiter in den Clubs. Von den Erwerbstätigen sind die meisten nur Teilzeitkräfte.
- Ohne die Zuschüsse durch staatliche Stellen würden die Clubs nicht mehr kostendeckend arbeiten können.
- Durch Ticketverkäufe alleine können sich Clubs nicht über Wasser halten. Gastronomie und andere Quersubventionen müssen für eine Kostendeckung sorgen.
Lohnkürzungen und Selbstausbeutung halten das Schiff über Wasser
Gesamterlöse vs. Live-Musik vs. Clubs
Die LiveKomm zeichnet auf Basis der Studienergebnisse ein düsteres Bild für die Finanzierung der Clubs. So heißt es seitens des Verbands, dass die unzureichende Kostenstruktur nur durch weitere Lohnkürzungen und Selbstausbeutung kompensiert werden könne – jede Kostensteigerung gefährde die Existenz der Clubs.
Der Verband EventKultur Rhein-Neckar (vereint Clubbetreiber, Veranstalter und Kulturereignisschaffende in der Metropolregion Rhein-Neckar) übt ebenfalls massive Kritik an der aktuellen Situation für Musikclubs: "Die Rahmenbedingungen für Musikspielstätten in Deutschland sind miserabel – obwohl sie jede Woche tausenden Künstlern eine Bühne und Millionen von Gästen eine kulturelle Erfahrung bieten."
Besonders anfällig für dieses finanzielle Ungleichgewicht sind letztendlich die Kleinst-Musikclubs (mit einer Besucherkapazität von bis zu 150 Personen und einem Eintrittspreis von bis zu 10 Euro), die aber vor allem für die Förderung von neuen Talenten und letztendlich für ein buntes und vielfältiges Kulturprogramm sorgen. Durchschnittlich finden hier bis zu 93 Konzerte pro Jahr statt.
Bruttowertschöpung der Musikwirtschaft im Vergleich zu anderen Medienbranchen
Wieder einmal zeigt sich das wie ein roter Faden durch die Studie ziehende Grundproblem der Musikbranche: Die Kleinen sind am schlechtesten dran.
Jetzt stellt sich die Frage, ob diese Situation letztendlich das Ergebnis eines Marktes ist, in dem zu wenig Geld für Clubs vorhanden ist, weil die Konsumenten ihr Geld lieber zu den großen Veranstaltungsorten tragen? Oder ist Konsumenten-Bashing fehl am Platz und ist stattdessen eher die Förderung durch staatliche Mittel zu gering? Oder sollten wir einfach froh sein, dass dank solcher Mittel überhaupt eine gewisses Maß an Clubkultur möglich ist?
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