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Gründer der "Spezialistengruppe: Musikerwitze"

Tommy T. Tulip über Musikerwitze, Humor als Networkingtool und klare Kante auf Social Media

Interview von Markus Biedermann
veröffentlicht am 10.04.2018

tommy t. tulip social-media humor

Tommy T. Tulip über Musikerwitze, Humor als Networkingtool und klare Kante auf Social Media

Tommy T. Tulip an den Drums, hier live in der Hafenbar Tegel mit der Band #Vinÿl. © Matthias Rauhut

Tommy T. Tulip aus Berlin ist Betreiber verschiedener Musikerportale und mehrerer Facebook-Gruppen, darunter die "Spezialistengruppe: Musikerwitze". Backstage PRO sprach mit ihm über Humor in der Musikbranche.

Backstage PRO: Tommy, du leitest unter anderem die größte Gruppe für Musikerwitze auf Facebook. Wie lange gibt es diese Idee schon und wie kamst du drauf?

Tommy T. Tulip: Die Gruppe habe ich 2010 gegründet. Damals hat mir einfach eine bestimmte Plattform gefehlt, die sich gezielt mit musikalischem Humor auseinandersetzt. Dabei ist dieser sehr wichtig, um in der Musikbranche neue Kontakte zu knüpfen.

Backstage PRO: Also ist die Gruppe mehr als nur ein Forum für Scherze rund um die Musik?

Tommy T. Tulip: Vollkommen! Selbst wenn es nicht hauptsächlich darum geht, zu netzwerken, ist ein gewisser Teil der Community miteinander sehr vertraut. Ich selbst habe mich auch schon des Öfteren mit Usern getroffen, mit denen ich mich gut verstanden habe.

Backstage PRO: Du bietest aber auch gezielte Plattformen zum Austausch berufsrelevanter Themen an?

Tommy T. Tulip: Genau, vor Facebook gab es ja schon meine Seite blackbirds.tv. Die wird bis heute viel gelesen, weil ich schon früh den Fokus auf die Berliner Musikszene gelegt habe und mich dort gut auskenne. Dadurch hat sich ein gern gesehenes Nischenangebot etabliert, das einem hier vor Ort einfach bessere Möglichkeiten bietet als größere, überregionale Netzwerke. Weiterhin habe ich mit xdrum.eu eine Seite, mit der ich mich selbst als Musiker austoben kann. Dort führe ich einen eigenen Blog und schreibe über alles rund um das Thema Schlagzeug.

Backstage PRO: Wieso ausgerechnet Berlin?

Tommy T. Tulip: Ich wurde 1962 in Berlin geboren und bin mit der Stadt seit jeher verwurzelt gewesen. Mit 16/17 habe ich angefangen Schlagzeug zu spielen. Seit Anfang der 80er Jahre war ich bereits in der West-Berliner Musikszene drin und bin der Stadt bis heute treu geblieben.

"Ich will ernsthafte Netzwerke anbieten"

Backstage PRO: Spielst du heute noch?

Tommy T. Tulip: Ja, nur meine Vorlieben haben sich geändert. Früher stand ich auf Rockmusik, von Metal zu Deutschrock über Funk. Heute habe ich die Grenzen der Musikgenres hinter mir gelassen, cover amerikanische Rocksongs, deutsche Schlager, aber auch Jazz und Latin sind mir bestens vertraut.

Backstage PRO: Das ist ja doch ein interessanter Wandel…

Tommy T. Tulip: Ich sehe das Ganze so: Eigentlich gibt es nur gute und schlechte Musik, egal welchem Genre sie entspringt.

Backstage PRO: Hast du dich auch vor dem Aufkommen digitaler Medien um die Vernetzung von Musikern gekümmert?

Tommy T. Tulip: Ja, früher habe ich selbst Konzerte in Berlin organisiert, danach war ich sogar an der Herausgabe eines lokalen Musikerlexikons beteiligt. In der Buchreihe "Rock City" konnten sich jährlich Musiker aus der Berliner Szene vorstellen und so Werbung für sich machen. Mit der Einführung des Internets und Social Media-Plattformen habe ich dann den Drang verspürt, nun auch digitale Musikernetzwerke anzubieten.

Backstage PRO: Du hast also seit jeher zwei Anliegen, einerseits Musiker miteinander zu verbinden und gleichzeitig deinem eigentlichen Hobby als Musiker treu zu bleiben. Was unterscheidet jetzt deine Netzwerke von anderen Gruppen?

Tommy T. Tulip: Mir hat die Plattform im Netz gefehlt, welche sich ihrem Angebot verpflichtet fühlt. Auf Facebook postet beispielsweise jeder was er will, ohne sich an ein Thema zu halten. Bei vielen Foren führt dies zu ungelenkten Diskussionen, die oft im Sand verlaufen. Bei meinen Facebook-Gruppen, die als Spezialistengruppe und dann "Sessionpool", "Musikerprobleme" und "Musikerwitze" bezeichnet werden, versuche versuche ich dem entgegenzuwirken und ernsthafte Netzwerke anzubieten, um die ich mich als Moderator auch kümmere.

Backstage PRO: Kommt das Angebot gut an?

Tommy T. Tulip: Würde ich schon behaupten. Musikerwitze verzeichnet derzeit über 27.000 Mitglieder und wird aktiv genutzt. Mit blackbirds.tv konzentriere ich mich auf News um die Berliner Musikszene, weshalb die Nutzung natürlich auf die Zielgruppe beschränkt ist.

"Fremdenhass ist ein großes Zeitgeistproblem"

Backstage PRO: Was sind dabei die besonderen Herausforderungen, solch eine Gruppe zu moderieren?

Tommy T. Tulip: Ein großes Zeitgeistproblem stellt der gegenwärtige Fremdenhass in unserer heutigen Gesellschaft dar, weshalb ich dezidiert gegen etwaige Kommentare vorgehe. Fremdenfeindlichkeit wird im Netz oftmals humoristisch verschleiert, weshalb es insbesondere bei solchen Plattformen aufzupassen gilt.

Backstage PRO: Wo ziehst du da die Trennlinie?

Tommy T. Tulip: Das ist situationsabhängig, aber es gibt dennoch ganz klare Grenzen. Witze über Stevie Wonders Blindheit sind zum Beispiel so etabliert, dass ja sogar Wonder selbst gerne Scherze darüber reißt. Sobald es jedoch um politische oder rassistische Diskriminierung geht, gehe ich konsequent dagegen vor.

Backstage PRO: Gibt es irgendwelche Highlights, an die du dich erinnern kannst?

Tommy T. Tulip: Die Frage habe ich befürchtet. Ich bin aber so vergesslich, dass ich mich an die meisten Witze gar nicht erinnern kann. Ein Dauerbrenner ist zum Beispiel "Geht ein Musiker an einer Kneipe vorbei", viele andere Witze konzentrieren sich auf Bassisten.

Backstage PRO: Woran liegt das deiner Meinung nach?

Tommy T. Tulip: Das ist irgendwie historisch erwachsen und war schon vor dem Internet der Fall. Der Bass ist im Vergleich zur Gitarre oberflächlich gesehen einfacher konstruiert. Jeder Musiker weiß natürlich, dass das Instrument trotzdem unersetzlich ist und schwieriger zu spielen ist, als es aussieht.

Backstage PRO: Gibt es einen Post, der berühmt geworden ist?

Tommy T. Tulip: Ja, das eine Video vom Soundcheck mit Fröschle, das ein Mitglied mal gepostet hat. Über Nacht haben wir 10.000 neue Mitglieder bekommen. Das war für mich damals sehr erstaunlich.

Backstage PRO: Du hast ja schon an einer Buchreihe mitgewirkt. Hast du dir überlegt, die Musikerwitze als Printausgabe zu veröffentlichen?

Tommy T. Tulip: Da habe ich schon drüber nachgedacht, aber ich glaube dafür ist der Markt nicht mehr vorhanden. Diese Zeiten sind leider vorbei.

Backstage PRO: Gibt es ein Geheimrezept für einen guten Musikerwitz?

Tommy T. Tulip: Nein, das gibt es nicht. Einige haben natürlich Talent, aber das ist in den meisten Fällen einfach Geschmackssache. Wie bei der Musik an sich gibt es einfach gute oder schlechte Witze, die nicht genrespezifisch sind. Ich glaube, diese Unbestimmtheit ist auch etwas Positives.

Backstage PRO: Da hast du Recht. Danke für das Gespräch!

Tommy T. Tulip: Danke auch, tschüss!

Personen

Tommy T. Tulip

Musikerwitzespezialist aus Berlin

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