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Umkehr noch möglich: EU-Auschuss stimmt im Vorentscheid für Urheberrechtsreform und Uploadfilter
"Community kann Kontext. Filter nicht." - Eine Kampagne der Wikimedia-Foundation gegen Uploadfilter. © Christian Schneider / Lizenz: CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/)
Sogenannte Uploadfilter würden bedeuten, sollte die Reform auch im Plenum des EU-Parlaments durchgesetzt werden, dass Content-Provider wie z.B. YouTube in Zukunft sämtliche User-Uploads vor der Veröffentlichung scannen müssen.
Neue Reihenfolge
Uploadfilter sollen gewährleisten, dass urheberrechtlich geschützte Materialen nicht unerlaubterweise hochgeladen werden können. Es dürfen nur Inhalte verbreitet werden, für die die Plattform eine Lizenz der Rechteinhaber hat.
Die bisherige Regelung sah vor, dass Plattformen lediglich eine Möglichkeit bereitstellen müssen, unrechtmäßig hochgeladene Inhalte auf Verlangen der Rechteinhaber zu entfernen. Somit konnten diese Inhalte aber zumindest bis zum Auffinden noch Traffic für die jeweilige Plattform generieren.
Unklare Auswirkungen
Musikverlage sowie Künstler kritisieren bereits seit langer Zeit, dass Plattformen wie YouTube oder Facebook fremde Inhalte verwenden, um damit Umsätze zu generieren – an denen die Urheber jedoch nur marginal beteiligt werden.
Zwar antwortete YouTube mit Content ID bereits auf die Forderungen der Musikverlage, die Effizienz des Filters ist jedoch umstritten. Auch die Auszahlungen seitens YouTube werden kritisiert.
So ist es wenig verwunderlich, dass Verwertungsgesellschaften den ersten Vorstoß der Urheberrechtsreform einstimmig begrüßen. Harald Heker, Vorstandsvorsitzender der GEMA, freut sich darüber, dass "das Europäische Parlament deutlich signalisiert, dass Europa den Wertetransfer von den Kreativschaffenden hin zu den Plattformbetreibern nicht länger toleriert."
Florian Drücke vom Bundesverband Musikindustrie stellt die Reform als einen "sehr wichtigen weiteren Schritt auf dem Weg, die Verantwortung von Plattformen zu konkretisieren und sicherzustellen, dass Kreative und ihre Partner angemessen an der Wertschöpfung beteiligt werden," dar.
Starke Einschränkungen
So nachvollziehbar das Verlangen einer Urheberbeteiligung an den Gewinnen von Content-Provider-Plattformen jedoch auch ist, so schwierig ist sie gerade in ihrer Umsetzung durch die geforderten Uploadfilter.
Zum einen gibt der bisherige Entwurf der Reform wenig Aufschluss darüber, wie diese Uploadfilter in der Praxis umgesetzt werden sollen. Die bisherigen Formulierungen sind allesamt sehr schwammig und schwer zudeuten.
Zum anderen werden gerade kleinere Plattformen, die User-Uploads ermöglichen, hart getroffen: Effiziente Upload-Filter sind häufig zu teuer für z.B. Start-ups, sodass diese im schlimmsten Fall komplett auf den Upload von nutzergeneriertem Content – auch dem lizensierten bzw. selbstgeschaffenem – verzichten müssen, da sie keine vollständige Kontrolle über die Uploads gewährleisten können.
Weiterhin würde die Auswahl dessen, was auch auf größeren Plattformen hochgeladen werden kann, stark von den Lizenzverträgen der jeweiligen Plattform abhängen. Es ist davon auszugehen, dass davon auch Satire, Parodien oder Zitate, Cover, Samples und Remixe betroffen sein werden – und damit die Meinungsfreiheit direkt angegriffen wird. Dies würde in der Konsequenz auch die DIY-Promotion- und -Releasemöglichkeiten unabhängiger Acts einschränken.
Keine voreilige Panik – was ihr tun könnt
Die Einführung des weiterhin geforderten, europaweiten Leistungsschutzrechtes sähe vor, dass Dienste wie Google News, das Schlagzeilen und kurze Ausschnitte von Pressetexten verwendet, um einen Überblick über die Berichterstattung verschiedene Nachrichtenseiten zu bieten, diese in Zukunft dafür entlohnen müssen – sämtliche Arten von Link-Previews wären damit theoretisch vergütungspflichtig.
Netzaktivisten kritisierten die vorgeschlagene Reform bereits im Vorfeld der Abstimmung. netzpolitik.org spricht auf Twitter von "unkontrollierbaren Zensurinfrastrukturen", gibt aber auch zu bedenken, dass das Ergebnis noch nicht final ist.
Die Abstimmung im EU-Parlament wird wohl am 4. oder 5. Juli stattfinden, die endgültige Abstimmung im Herbst oder Winter. Bis dahin gilt es, seiner Stimme Ausdruck zu verleihen. Eine Möglichkeit dazu ist die Petition auf change.org, bei der bisher immerhin schon über 300.000 Menschen unterschrieben haben.
Weiterhin ist es auch möglich, sich direkt an einen EU-Abgeordneten zu wenden, z.B. via Mail. Die notwendigen Kontaktinformationen nach Land geordnet findet man z.B. auf der englischsprachigen Website savetheinternet.info
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