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Licht am Ende des Tunnels für Textdichter

YouTube entwickelt ein innovatives Tool für die Musikindustrie

News von Theo Müller
veröffentlicht am 24.05.2016

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YouTube entwickelt ein innovatives Tool für die Musikindustrie

Youtube. © alexeyboldin/123RF

Das Thema Youtube und Musiklizenzierung schien bis jetzt ein leidiges zu sein. Der Streit zwischen GEMA und Youtube, inklusive seltsamen Sperrbildschirmen, ist bis heute nicht ausgefochten und eine Einigung ist nicht wirklich in Sicht. Doch nun hat Youtube ein Datenformat entwickelt mit dem endlich alle Urheber und Rechteinhaber fair bezahlt werden könnten.

Für alle die es noch nicht mitbekommen haben: Nicht die GEMA sperrt Videos auf Youtube, sondern Youtube selbst. Grund dafür ist, dass Youtube die Nutzungsrechte an der Musik nicht besitzt. Das liegt vor allem daran, dass Youtube und GEMA nicht in der Lage waren, sich über eine Vergütung der auf Youtube eingestellten Musik zu einigen.

Für das Aushandeln dieser Vergütung ist vornehmlich die GEMA verantwortlich, schließlich geht es hier vor allem um die Rechte der Musikurheber, sprich der Autoren, Textdichter und vor allem der Songschreiber. Einzelne Labels, Vertriebe und Verlage haben natürlich inzwischen Deals mit Youtube abgeschlossen, so dass Künstler zumindest etwas Geld mit Youtube verdienen können. Dabei handelt es sich aber vor allem um ausübende Künstler, die ihre Tonaufnahmen über Labels vermarkten lassen. Die Songschreiber gingen meist leer aus.

Youtube: Ein Videoportal ist der größte Musikservice

Youtube ist wohl der weltweit meist genutzte Streaming-Service für Musik. Doch weil Youtube sich als Videoportal versteht, fehlt nach wie vor die Infrastruktur, um Musik korrekt zu lizenzieren. Vor allem Textdichter und Songschreiber stehen schlecht da im Vergleich zu echten Musikservices wie iTunes oder Spotify, die dank komplexen Metadaten auch korrekt an alle Beteiligten abrechnen können.

Wenn Musik-Aggregatoren, Digitalvertriebe oder ein Labels Songs digital an die Musikservices weitergeben, werden auch die entsprechenden Metadaten mit angeliefert. In diesen Metadaten sind alle Urheber inklusive der Autoren gelistet. Die Grundlage dafür liefert DDEX – eine Organisation, die internationale digitale Standards für Musikverwertung vorgibt.

It's complicated

Youtube hat diese Metadaten bis jetzt nicht, weil die Musik meist unabhängig von den Digitalvertrieben auf Youtube landet. Wird die Musik ohne diese Daten genutzt, gibt es gewaltige Probleme. Youtube kann in Minutenschnelle durch ein technisches Verfahren erkennen, welcher Song hochgeladen wurde und auch ermitteln wer der Rechteinhaber ist, doch wird dadurch nur der Inhaber der Tonaufnahme ermittelt.

Der Rechteinhaber kann dann entscheiden ob der Song auf Youtube bleiben darf und ob das Video, in dem der Song enthalten ist, mit Werbung belegt werden darf. Das ganze nennt man "Claiming". Wenn letzteres der Fall ist, dann wird der Rechteinhaber mit Minimalbeträgen bezahlt, die weit unter einem Cent pro Stream liegen. Das kann sich aber trotzdem lohnen vor allem wenn Videos Millionen von Views ansammeln.

Der Teufel steckt im Detail

Bei diesem ganzen Verfahren fehlt aber bis jetzt die Transparenz. Problematisch ist nach wie vor, dass Songs oft mehrere Autoren haben. Manche davon sind bei den großen Verlagen unter Vertrag, die in der Regel inzwischen Deals mit Youtube haben. Manche Autoren sind aber auch gar nicht bei einem Verlag oder nur bei einem kleinen der noch keinen gesonderten Deal mit Youtube abgeschlossen hat.

In diesen Fällen werde Songs nicht korrekt abgerechnet, da (wenn überhaupt) nur an einen Verlag ausgezahlt wird. Auch treten immer wieder Probleme auf, sobald Autoren den Verlag wechseln und Youtube nicht entsprechend informiert wird. Dann sind Songs schnell falsch oder gar nicht lizenziert.
Diese Probleme tauchen übrigens nicht nur bei Youtube auf, aber ist Youtube eben der größte Musikservice, bei dem diese Probleme auch die größten Auswirkungen haben.

Youtube ändert den Kurs

Nach all den Jahren der Rechtsstreits scheint Youtube nun aber in die Vollen zu gehen und entwickelt eine Lösung, die für die gesamte digitale Musikindustrie ein Meilenstein darstellen könnte. Unter dem Namen Digital Sales Report Flat File (DSRF) hat Youtube ein neues Tool entwickelt, das genauere Abrechnungen für Musikverleger und Verwertungsgesellschaften zulässt.  DSRF basiert auf der Grundlage der DDEX-Standards.

Neben Audio-Inhalten können auch audiovisuelle Inhalte verwaltet werden. Das System baut auf einem Opensource System auf und lädt somit geradezu dazu ein, von allen Marktteilnehmern genutzt zu werden. Dieses Format kann so von werbefinanzierten Videos, Abomodellen, TV-on-demand bis hin zu sämtlichen Mischformen alle Nutzungsarten der modernen digitalen Musik- und Bewegtbildnutzung abdecken.

Ist eine Lösung in Sicht?

Zu den ersten Testern des neuen Systems gehört neben den anderen großen internationalen Verwertungsgesellschaften auch die GEMA. Das könnte der Anfang vom Ende des großen Streites sein, denn DSRF könnte tatsächlich die technische Grundlage sein, damit Unternehmen wie Youtube endlich korrekt und fair Lizenzgebühren an alle Urheber ausschütten können.

Noch steckt das ganze Projekt in den Kinderschuhen und wird ständig  weiter entwickelt. Aber allein die Tatsache, dass die großen Verwertungsgesellschaften mit an Bord sind, lässt optimistisch in die Zukunft blicken, ist digitale Musikauswertung doch nach wie vor noch ein komplexes und unsicheres Gebiet. Die digitale Revolution der Musikbranche hat gerade erst begonnen.

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