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Bandtrennung unausweichlich oder verhinderbar?

Eine schmerzvolle Erfahrung: Sechs Gründe, woran Bands zerbrechen

Tipps für Musiker und Bands von Konrad Ower
veröffentlicht am 26.02.2019

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Eine schmerzvolle Erfahrung: Sechs Gründe, woran Bands zerbrechen

Woran Bands zerbrechen. © kho / 123RF

Wenn eine Band zerbricht, ist es so, als ob ein enger Teil deiner Familie, dein Job sowie dein Lieblingshobby auf einmal wegfallen – nichts ist wie zuvor. Das sollte im Idealfall also vermieden werden. In vielen Fällen gibt es dabei wenig bis nichts, was man tatsächlich aktiv dagegen tun kann, denn die dazu führenden Faktoren sind vielfältig und unberechenbar.

Auch wenn man sie viel zu oft als selbstverständlich erachtet, aber zwischenmenschliche Beziehungen sind zerbrechliche Konstrukte. Freundschaften, Liebesbeziehungen und sogar Familien sind nicht davon ausgenommen. Das Konzept Band fügt noch eine unberechenbare Komponente hinzu: Kreativität. Es können somit also ziemlich viele Dinge in einer Band schiefgehen – ob es sich dabei um musikalische Differenzen, Egos, Neid oder Probleme mit Alkohol oder Drogen handelt.

Oft sind die letztendlichen Gründe objektiv gesehen furchtbar banal, aber aus Sicht der jeweils Betroffenen existentiell und emotionsgetrieben. Daher muss jedes Mitglied einer Band sich gehörig anstrengen, damit es nicht zum Äußersten kommt.

Doch wie kann eine solche Situation dann aussehen, wenn sie eintrifft? Alle möglichen Szenarien können wir natürlich leider nicht abdecken, aber hier findest du eine Liste von oft vorgekommenen Gründen, woran eine Band zerbrechen kann und wie du ein solches Szenario entweder verhindern oder zumindest daraus lernen kannst – wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.

1. Mitglieder steigen aus

In den meisten Bands spielen Gesang oder Songwriting eine Hauptrolle bei der kreativen Ausrichtung einer Band. Steigen derartige Schlüsselmitglieder aus, klafft oft eine dermaßen große kreative Lücke, dass die Band keine Wahl hat als das ganze Unterfangen zu beenden – Ausnahmen bestätigen natürlich die Rolle.

Nichtsdestotrotz darf die Rolle der anderen Mitglieder nicht geschmälert werden. Einen begnadeten Instrumentalisten am Bass, an der Gitarre oder an den Drums zu verlieren, kann sowohl die Chemie als auch Sound einer Band maßgeblich verändern. Oft kann diese unverwechselbare Komponente schlichtweg nicht ohne weiteres ersetzt werden. Die Band verliert schlagartig das gewisse Etwas, ohne dass man mit Bestimmtheit sagen könnte, was das genau wäre.

Gerade deswegen sollte man Bandmitglieder, die vielleicht keine "Rampensäue" sind, aber anderweitig genauso essentiell sind, immer zu schätzen wissen. Denn der Mensch lernt etwas erst richtig zu schätzen, wenn es weg ist.

2. Es gibt künstlerische Differenzen

Grund Nummer 2 ist wohl ein absolutes Klischee, aber wohl eines der häufigsten Gründe für Bandauflösungen. Was ist die Identität einer Band? Natürlich besteht sie vorrangig aus der musikalischen Ausrichtung. Um diese konsequent zu Ende zu denken, entsprechende Songs zu schreiben und aufzunehmen, braucht es weitaus mehr als musikalische Virtuosen.

Vielleicht hat man also die talentiertesten Mitmusiker, aber teilen alle auch die gleiche Vision? Einen unterschiedlichen Musikgeschmack zu haben, muss dabei keineswegs einen Konflikt hervorrufen – warum auch?  Ob der eine Metal, der andere Rap und der dritte im Bunde dann doch lieber elektronischen Pop hört, muss nicht unbedingt eine Rolle im Proberaum spielen. Wenn sich aber der persönliche Geschmack mit der Ausrichtung der Band absolut nicht vereinen lässt, dann gibt es ein Problem.

Es gibt nur wenige Optionen. Entweder gibt man jeglichen kreativen Input ab und ist "nur" eine rein ausführende Kraft nach Ansage oder man erreicht Kompromisse, mit denen alle glücklich sind. Wird jedoch festgestellt, dass niemand auch nur einen Zentimeter nachgeben mag, dann hat die Band in dieser Konstellation keine Zukunft.

Wenn dies der Fall ist, dann ist es Zeit für jeden, getrennte Wege zu gehen und Musiker zu finden, mit denen man die gleiche Vision teilt.

3. Die bandinterne Kommunikation ist zusammengebrochen

Bei diesem Punkt wird die Parallele zu anderen Beziehungsarten ganz deutlich. Kommunikation ist nämlich ein Fundament, ohne das Menschen langfristig nicht miteinander auskommen. So gut die Intentionen von uns allen sind, aber niemand ist perfekt. Hin und wieder muss sich jedes Bandmitglied daran erinnern, dass man nur weiterkommt, wenn alle an einem Strang ziehen.

Menschen sind sensible Wesen. Eine gedankenlose Aussage hier und eine schlecht laufende Probe da und schon kann ein handfester Konflikt entstehen. Bei all dem anderen Kram, an dem man beim Musikmachen denken muss, bleibt nicht selten das Zwischenmenschliche auf der Strecke. Natürlich muss man nicht immer einer Meinung sein, aber zumindest muss kommuniziert werden. Über Songs, Proben, Konzerte und auch über das, was im Leben des anderen vorgeht. Wie soll man zukünftige Touren oder Studioaufenthalte absolvieren, wenn man sich vollkommen fremd ist?

Darüber hinaus sollten viele Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. Wenn die eigene Stimme gehört werden soll, muss man auch andere Stimmen zum Zug kommen lassen. Ansonsten erzeugt man Spannungen, die unter der Oberfläche brodeln, bis sie überlaufen. Meistens ist es dann zu spät, um etwas zu ändern.

4. Einer will "solo" gehen

Sich langfristig auf ein einziges Musikprojekt zu konzentrieren, ist wohl der beste Weg für den Erfolg. Nichtsdestotrotz ist es ja mit Kreativität immer so eine Sache und nicht immer wird man alle Ideen oder Songs unterbringen können. Entweder passen sie nicht zum etablierten Sound oder die anderen Mitglieder können sich nicht so recht damit anfreunden. Was also damit tun, außer in der Schublade wegschließen? Deswegen ist es üblich, dass viele Musiker neben ihrer Hauptband auch eigene Projekte betreiben und diese als kreatives Ventil nutzen. Das kann sogar Früchte tragen und die Hauptband so mit neuen Einflüssen oder Ideen beliefern – das beste Mittel gegen Stagnation.

Doch in einigen Fällen nimmt dieses Nebenprojekt eine immer größere Rolle ein. Frust oder Unzufriedenheit tragen nicht selten dazu bei. Dies kann dazu führen, dass der Fokus, ob bewusst oder unbewusst, auf die Hauptband langsam aber stetig nachlässt. Stellt man das fest, sollte ein offenes und ehrliches Gespräch geführt werden, um herauszufinden, wo die Prioritäten liegen.

Im schlimmsten Fall ist es wohl besser, die Band zu verlassen. Das mag wehtun und ein erheblicher Einschnitt sein, aber dürfte der optimale Weg für alle sein. Die Band kann mit vollem Elan weitermachen und der Aussteiger kann seinen Fokus auf das eigene Ding legen. Allgemein gesagt, sollte man sich immer darüber bewusst sein, dass wir alle keine unendlichen Ressourcen haben. Vor allem die Ressource Zeit ist kostbar. Bevor man sich in alle möglichen Richtungen ziehen lässt, sollte man lieber mal auf die Bremse treten und darüber nachdenken, was man selbst möchte – alleine schon aus Rücksicht gegenüber anderen.

5. Der erhoffte "Durchbruch" bleibt aus

Wie vermutlich viele von uns wissen, sind die Tage in denen es noch einen üppigen Vorschuss von Labels gab oder man noch von bescheidenen Plattenverkäufen leben konnte, längst gezählt. Durch immer günstig werdendes Musikequipment ist zudem der Künstlerzahl, die um Aufmerksamkeit buhlen, exponentiell gewachsen. Das bedeutet, dass es tatsächlich immer schwerer wird, sich vom Rest abzusetzen und alleine von der Musik leben zu können. Nur die wenigsten Bands schaffen den "großen" Durchbruch.

An sich ist das nicht weiter schlimm, da man auf viele Weisen erfolgreich sein kann ohne gleich ein Superstar zu sein. Darüber hinaus gibt es viele andere Möglichkeiten, in der Musikbranche Geld zu verdienen und die Musik weiterzuführen.

Nichtsdestotrotz haben viele Musiker illusorische Vorstellungen, halten kompromisslos daran fest und sind maßlos enttäuscht, wenn diese Traumszenarien nicht sofort und vielleicht auch nicht nach einigen Jahren eintreffen. Dann gilt es, vielleicht die Messlatte etwas herabzusetzen, auf die bisherigen Leistungen stolz zu sein und einen anderen Weg zu finden. Viele können das aber nicht und kommen nicht damit zurecht.

Dann wird entweder frustriert weitergemacht und verbissen auf ein Ziel hingearbeitet, das aller Voraussicht nach nie erreicht wird oder das Ganze sang- und klanglos beendet.

Nicht falsch verstehen: Durchhaltvermögen ist wichtig, aber man muss früher oder später die eigene Nische finden – eine, die vielleicht nicht ganz am Olymp zu finden ist.

6. Das Leben kommt dazwischen

Wir alle werden älter und eines Tages holt uns eine Vielzahl an Verantwortungen ein. Irgendwann wird es vielleicht schwieriger, das Studium oder einen Vollzeitjob mit der Musik zu vereinen. Alles wird zeitlich sowie anderweitig komplizierter zu koordinieren und obwohl es Multitasking-Experten gibt, die das alles eine Weile lang unterbringen können, ist das nicht Jedermanns Sache. Musik zu schreiben, zu proben und zu touren nimmt dann Zeit ein, die man eigentlich nicht hat.

Manchmal verschieben sich aber auch die Prioritäten der Bandmitglieder. Hinzu kommen Auslandsaufenthalte, Praxissemester oder ein Job, der doch mehr Zeit in Anspruch nimmt, als einem lieb wäre. Oder vielleicht steht der erste Nachwuchs an und die Band muss für ein paar Monate erst einmal hinten anstehen – Monate, in denen sich vielleicht einzigartige Chancen auftun und nicht wahrgenommen werden können.

Das Leben ist in den wenigsten Fällen vorhersehbar. Manchmal können einige Rückschläge zumindest temporär kompensiert werden. Ersatzmusiker könnten vielleicht bei wichtigen Dates aushelfen oder man nutzt den Auslandsaufenthalt eines Mitglieds für Songwriting- und Recordingsessions, die danach fertiggestellt werden können.

Bevor man sich aber die Mühe macht und einen solchen Aufwand betreibt, heißt es: kommunizieren und sowohl sich selbst als auch gegenüber den anderen ehrlich sein. Wenn alle Verhältnisse und Lebenspläne ganz klar offengelegt werden, dann können sich alle darauf einstellen und danach planen. So wird Loyalität und letztendlich auch der Zusammenhalt innerhalb der Band gefestigt, weil alle an einem Strang ziehen!

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