Unklar und realitätsfern
Stillstand bei der EU-Urheberrechtsreform: Viel Kritik, kein Trilog
Das europäische Parlament in Straßburg. © Von Wikiolo (D) - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=9476222
Die Regierungen der elf Nationen, die den aktuellen Kompromissvorschlag der rumänischen Ratspräsidentschaft ablehnen, kritisieren insbesondere Artikel 11 und 13 – Leistungsschutzrecht bzw. Uploadfilter. Zu den ablehnenden Nationen gehört u.a. auch Deutschland.
Useruntauglich
Artikel 13 regelt innerhalb der Urheberrechtsreform die Haftbarkeit von User Generated Content-Plattformanbietern wie YouTube. Der Artikel soll sicherstellen, dass die von Nutzerinnen und Nutzern hochgeladenen Inhalte vom Plattformbetreiber korrekt lizenziert werden und somit verhindern, dass unerlaubt z.B. Musikstücke veröffentlicht werden.
Kritisiert wird, dass Artikel 13 bedeute, dass Plattformbetreiber Lizenzvereinbarungen mit allen nur denkbaren Rechteinhabern weltweit treffen müssen – was wohl faktisch unmöglich sein dürfte. Die Alternative wären Uploadfilter, die hochgeladene Inhalte noch vor der Veröffentlichung scannen. Diese sind jedoch bekannt dafür, äußerst fehleranfällig zu sein.
Laut den kritischen Landesregierungen werden die Bedürfnisse der Internetnutzer im aktuellen Reformentwurf nicht genügend beachtet. Die rumänische Ratspräsidentschaft, der derzeitige Vorsitz des Ministerrates der EU, gibt an, der Rat brauche mehr Zeit, um die Implikationen der Urheberrechtsreform zu durchdenken und einen tragbaren Entwurf zu schaffen.
Kreativwirtschaft fordert Streichungen
Auch die Kreativwirtschaft sieht Artikel 13 kritisch: Nach Informationen von Golem wollen diese erst einmal die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur Haftung von Online-Plattformen im Fall von Urheberrechtsverstößen abwarten.
Zwar ist eine solche Plattformhaftung auch in der aktuellen Urheberrechtsreform vorgesehen, jedoch sieht die Kreativwirtschaft im derzeitigen Entwurf erneut die Plattformbetreiber privilegiert: So seien erneut vor allem die Rechteinhaber in der Bringschuld, da diese Plattformen mit notwendigen Daten versorgen müssten, damit deren Werke erkannt werden.
Weiterhin beinhaltet die aktuelle Version der Reform ein "Recht auf Remix", das die Verwendung urheberrechtlich geschützen Materials für Parodien oder Memes erlaubt. Wie umfassend dieses Recht jedoch ist, ist ebenfalls noch nicht geklärt. Der VUT etwa bezeichnet die Einschränkung als praxisfremd und praktisch undurchführbar.
Reformreue
Nachdem die Urheberrechtsreform noch im Juli 2018 vom EU-Parlament abgelehnt wurde, wurde sie im zweiten Versuch im September angenommen. Insbesondere YouTube startete daraufhin eine umfassende Protestaktion und behauptete, die Reform würde zu einer starken Einschränkung des Angebots führen.
Bereits der letzte Entwurf, der während der Trilogverhandlungen veröffentlicht wurde, wurde – insbesondere von Seiten der Kreativen – kritisiert. Laut Piratenpolitikerin Julia Reda bereuen inzwischen mehr und mehr Parlamentarier, überhaupt für die Reform gestimmt zu haben.
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