Gemeinsam Interessen vertreten
Musikwirtschafts-Verbände gründen Forum Musikwirtschaft
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Florian Drücke ist Geschäftsführer des BVMI. © Christoph Söder
Das Forum Musikwirtschaft ist eine gemeinsame Initiative von Musikkonzernen, Labels, Verlagen, Veranstaltern, Clubbetreibern und der Musikinstrumente- und Equipment-Branche, um gemeinsame Positionen zu adressieren.
Die Coronakrise hat die Schnittmengen der Verbände und die Bedeutsamkeit des gemeinsamen Auftretens in politischen Fragen noch einmal besonders deutlich gemacht. In einem Interview mit der Musikwoche gaben die Verbände nun diese neue Form der Zusammenarbeit bekannt.
Sechs Verbände arbeiten zusammen
Den Schulterschluss im Forum Musikwirtschaft vollziehen die Vertreter folgender Organisatoren: Birgit Böcher, Geschäftsführerin des Deutschen Musikverleger-Verbands (DMV), Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI), Jörg Heidemann, Geschäftsführer des Verbands unabhängiger Musikunternehmer*innen (VUT), Daniel Knöll, Geschäftsführer der SOMM - Society Of Music Merchants, Jens Michow, Präsident des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) und Karsten Schölermann, zweiter Vorsitzender der LiveMusikKommission (LiveKomm).
Birgit Böcher vom DMV erklärt, dass die Zusammenarbeit zwischen den Verbänden der Musikwirtschaft noch nie so gut funktioniert habe wie derzeit. Sie hoffe darauf, dass die Verbände auch weiterhin gemeinsam so schlagkräftig seien, um sichtbarer zu sein und den gemeinsamen Anliegen mehr Gewicht zu verleihen.
Gemeinsam stärker
Der Zusammenschluss soll es außerdem einfacher machen, in der Politik wahrgenommen zu werden. "Fürs BKM sind wir zu sehr Wirtschaft, fürs Wirtschaftsministerium sind wir zu sehr Kultur. Wir wurden zwischen diesen beiden Häusern hin- und her gespielt und bekamen nicht so richtig einen Fuß in die Tür", sagt Jörd Heidemann vom VUT.
Das Forum Musikwirtschaft wurde hervorgerufen, weil die Gründung eines Dachverbands in der Branche keinen Sinn ergäbe, sagt BDKV-Präsident Jens Michow. "Denn es gibt trotz aller Gemeinsamkeiten weiterhin auch viele singuläre Probleme der einzelnen Verbände, die andere wiederum nicht haben. In diesen Fällen spricht jeder Verband weiterhin für sich. Wir aber treten an, Schnittmengen zu finden – und da haben wir gerade in Corona-Zeiten bereits eine ganze Menge identifizieren können. Wir leben in einer Zeit der Schulterschlüsse und Allianzen, und auch in einer Zeit, in der wir alle erkannt haben, dass gemeinsames Handeln mehr bringt, als wenn jeder einzeln Klinken putzen geht."
"Alle reden über Tourismus oder Gastronomie, aber viele vergessen die wirtschaftliche Schlagkraft der Kultur-und Kreativwirtschaft sowie insbesondere der Musikwirtschaft. Deshalb wollen wir stärker auftreten, um unsere Wirtschaftskraft gemeinsam besser darstellen und entsprechende Rahmenbedingungen ermöglichen zu können", ergänzt Daniel Knöll, SOMM. Man wolle nicht nur bei der Bundesregierung Signale setzen, sondern auch die einzelnen Länder und Regionen auf die kleinteiligen Verknüpfungen der Musikwirtschaft aufmerksam machen.
Musikbranche in der Krise
Um die Wirtschaftskraft der Branche besser darstellen zu können, benötige man geeignete Zahlen, erläutert Knöll. Das Forum wird dementsprechend eigene Studien durchführen. Bereits zum Hamburger Musikdialog 2020 am 16.09. im Vorfeld des Reeperbahn Festivals soll die zweite Auflage der Musikwirtschaftsstudie von 2015 und eine Musikkonsumentenstudie veröffentlicht werden.
Florian Drücke, BVMI, erläutert, dass das Forum als "Ermöglicher" und "Macher" auftreten wolle. Der erste Schritt bilde eine gemeinsame Tagung, die an eine zweite Auflage der "Agenda Musikwirtschafts"-Tagung 2018 angelehnt sei. Da diese aufgrund der Coronakrise nicht stattfinden konnte, arbeite das Forum Musikwirtschaft an einer "eigenfinanzierten Konferenz, mit der wir die Politik erreichen und dort unsere Positionen und Schmerzpunkte adressieren wollen". Im Mittelpunkt der Konferenz sollen die zwei Themenblöcke "Urheberrecht" und "Musikwirtschaft in und nach Corona-Zeiten" stehen.
In der Konferenz sollen zudem auf der Basis von Blitzumfragen Details zur Entwicklung der jeweiligen Teilbranchen während der Coronakrise im Vergleich zum Vorjahr präsentiert werden. Ende März wurde in einer gemeinsamen Schadensmeldung der Musikverbände der Umsatzausfall der ersten sechs Monate auf fast 5,5 Milliarden Euro geschätzt.
Gekommen, um zu bleiben
Vor ungefähr fünf Jahren sei der aktuelle Zusammenschluss "absehbar" gewesen, sagt Karsten Schölermann (LiveKomm). "Damals haben wir mit der Musikwirtschaftsstudie untermauerte Zahlen vorlegen können und wurden erstmals gemeinsam wahrgenommen." Seit dem seien die Verbände immer mal wieder gemeinsam aufgetreten.
Den ersten richtigen Anstoß für einen solchen Schulterschluss der Musikverbände gab jedoch der Nauener Kreis vor einem Jahr, berichtet Jörd Heidemann. "Das war der Startschuss. Wenn es diese Runde nicht gegeben hätte, wären wir in Corona-Zeiten nicht in der Lage gewesen, so schnell zu reagieren und zum Beispiel gemeinsame Papiere zu erarbeiten und zu verabschieden."
Der bisherige Plan sei, dass Forum Musikwirtschaft auch nach der Coronakrise aufrecht zu erhalten. Es gäbe genug Themen, bei denen die Verbände auch unter einfacheren Bedingungen die selben Positionen vertreten würden. "Wir erhöhen hier den politischen Druck, wenn wir die Kraft der sechs Wirtschaftsverbände dauerhaft bündeln", sagt Knöll.
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