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Naturally 7 (live in Mannheim, 2015) © Manuela Hall

Die Antwort auf die Frage, ob man denn Naturally 7 kenne, fällt bei vielen oftmals gleich aus. Ja, sie haben mal vor einigen Jahren ein Feature mit Sarah Connor gesungen. Doch bei ihrem Konzert im Rosengarten in Mannheim zeigt sich, dass die sieben Vokalisten aus New York mit überwiegend jamaikanischen Wurzeln gar keinen berühmten Namensträger brauchen, um ihre Zuhörer vom Hocker zu reißen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Das minutenlange Klatschen des Publikums verwandelt sich langam in eine laut tosende Brandung, durchsetzt von einigen lauten Rufen. Oben auf der Bühne sitzen sieben Sänger, die den Beifall mit stoischer Ruhe auf sich einwirken lassen.

Noch eine Stunde vorher hätte man nicht ansatzweise mit einer derart ausufernden Euphorie rechnen können. Die A-Capella-Show von Naturally 7 scheint selbst am Ende des Konzerts noch nicht den Höhepunkt erreicht zu haben. Doch alles der Reihe nach.

Coolness gepaart mit Kultur

Welche Art von Klientel bedient das Vokal-Septett aus den USA eigentlich? Ein kurzer Blick durch den Rosengarten genügt. Im Grunde reicht das Spektrum vom anmütigem Wagner-Operngänger bis hin zum hipp gekleideten Jugendlichen. Eine A-Capella-Band wie Naturally 7 ist eben cool und kulturell zugleich.

Apropos cool: Die Klimaanlage des Saals scheint im Vorfeld auf Hochtouren gelaufen zu sein, so dass einem beim Betreten beinahe fröstelt. Man ist gespannt auf die Show, die vermutlich für Ausgleich sorgen wird.

Die Technik macht's

Das Set der rein vokalen Formation hat im Laufe des Abends mehrere bekannte Klassiker zu bieten, wie beispielsweise den Opener "In The Air Tonight", "Rivers Of Babylon" oder "Englishman in New York". Dabei kopieren die sieben Sänger nicht einfach nur das Original, sondern sie ummanteln die Songs mit ihrer eigenen Musikmischung, die von R'n'B über Folk und Pop bis hin zu Funk reicht.

Die Imitation der Instrumente erfolgt nicht nur vokal, sondern auch pantomimisch. Es hat den Anschein, als könnten allein die Sänger ihre nicht vorhandenen Instrumente sehen, die sie sehr authentisch in der Luft bedienen.

Langsames Auftauen

Das Publikum wirkt anfangs noch sehr zurückhaltend, da kaum eine Kopfbewegung oder sonstiges Mitwippen zu sehen ist. Dem versucht die Band natürlich entgegenzuwirken.

Durch verschiedenste Comedy-Einlagen wird die Stimmung langsam lockerer, und mehrere Zuhörer klatschen immer wieder mit. Besonders beeindruckend ist das Solo-Stück von Rod Eldridge, in dem er sehr mithilfe einer Loop-Station geschickt "Mannheim" und 99 Luftballons miteinander kombiniert.

In den Bann gezogen

Den nicht enden wollenden Applaus müssen die Sänger mittlerweile durch ihre eigenen Ansagen beenden. Diese richtet vor allen Dingen der Bandleader Roger Thomas an das Publikum. Alle saugen seine bedacht vorgetragenen Worte wie Schwämme auf. "Schaut nicht zurück in die Vergangenheit, lebt das Jetzt."

Viele beantworten diese Worte mit starkem Nicken oder lauten "Ja!"-Rufen. Genau jetzt könnte genauso gut die US-Predigerin Joyce Meyer mit einer Bibel unter ihrem Arm auf die Bühne treten und Anekdoten aus ihrem Leben erzählen.

Es geht auch ohne Mikrofon

Den Höhepunkt der Show stellt sicherlich der ohne Mikrofon vorgetragene Song "Another You" dar. Hier machen Naturally 7 ihrem Namen alle Ehre. Vollkommen natürlich und unverstärkt präsentieren die Jungs ihre sehr professionellen Gesangsstimmen.

Auch im genial arrangierten "Fix You" (im Orginal von Coldplay) harmonieren die Stimmen der Sänger bestens miteinander. Spätestens hier wird klar, dass jeder einzelne von ihnen eine einzigartige Stimmfarbe besitzt, die sich im Zusammspiel mit den Bandkollegen zu einem wohlklingenden Ganzen verbindet.

Keine Boyband

In den letzten zwanzig Minuten des Konzerts steht die gesamte Halle. Die schnellen Tanzbewegungen der Band im Song "Ready Or Not" versucht das Publikum bestmöglichst nachzumachen. In solchen Momenten ist die Grenze zur kitschigen Boyband greifbar, aber noch nicht überschritten; die Spielfreude der Band lässt sie einfach zu natürlich und zu sympathisch wirken.

Auf die Frage, wer zum ersten Mal ein Naturally 7-Konzert besucht, schnellen viele Arme in die Höhe. "Haben wir denn mit euch neue Freunde dazugewonnen?" Aber sicher.

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