×

“NFTs können unserer Kunst ihren Wert zurückgeben”

NFTs, DAO, DIY: Josef Pötzinger über die Möglichkeiten für Artists im Web 3.0

Interview von Florian Endres
veröffentlicht am 29.04.2022

future music camp streaming nfts web 3.0

NFTs, DAO, DIY: Josef Pötzinger über die Möglichkeiten für Artists im Web 3.0

JOsef Pötzinger. © Privat

Josef Pötzinger ist eine Hälfte des Pop-Duos whoiswelanski und selbstständiger NFT- und Metaverse-Consultant. Im Interview mit Backstage PRO gibt uns Josef einen Vorgeschmack auf seinen Auftritt beim Future Music Camp 2022, wo er über die Chancen des Web 3.0 für Artists spricht.

Backstage PRO: Hallo Josef, fangen wir mit den Grundlagen an: Was versteht man eigentlich unter dem Web 3.0?

Josef Pötzinger: Das Web 3.0 steht, nach dem Web 1.0 und 2.0, für die Idee der nächsten Evolutionsstufe des Internets. Es verspricht, die mit dem Web 2.0 auftretenden Probleme wie die zentrale Datenspeicherung und die Machtkonzentration auf einige wenige große Internetkonzerne zu beenden oder zumindest zu reduzieren.

Ob dies wirklich gelingen wird, oder ob die Versprechen des Web 3.0 am Ende mehr zu einem Marketingtrick avancieren, wird sich erst noch zeigen, da wir noch ganz am Anfang dieser Entwicklung stehen: Die existierenden Web 2.0-Websites versuchen aktuell, mit den ersten Tools überhaupt erst den Übergang zu gestalten.

"Das Web 3.0 ist dezentral" 

Backstage PRO: Welche Techniken, Trends und Tools sind mit dem Web 3.0 verbunden?

Josef Pötzinger: Das Web 3.0 basiert maßgeblich auf der Blockchain-Technologie, die es ermöglicht, Daten dezentral, sicher, transparent und irreversibel zu speichern. Non-fungible Tokens (NFTs) sind eng mit der Blockchain verbunden und spielen eine entscheidende Rolle, da sie es ermöglichen, digitale Objekte handelbar zu machen und deren Echtheit nachzuweisen.

→ Hier findet ihr unseren ausführlichen Artikel zum Thema "NFTs"!

Zu den aktuellen Trends im Web 3.0 Bereich zählt natürlich das Metaversum (engl. Metaverse),  also die Idee eines virtuellen “Universums”, in dem Nutzerinnen und Nutzer sich frei bewegen können und, wie auch im Internet, z.B. miteinander agieren und soziale Kontakte knüpfen können.

Außerdem bildet sich gerade ein großer Hype um das Thema DAOs, sogenannte Decentralized Autonomous Organizations. So heißen Communities und Organisationen, die über einen nicht zentral steuerbaren Programmcode organisiert sind und die ihren Mitgliedern Mitbestimmungs- bzw. Mitgestaltungs-Rechte einräumen.

"NFTs können die Streaming-Ökonomie verändern"

Backstage PRO: Wie können DIY-Künstler/innen von den neuen Techniken des Web 3.0. profitieren?

Josef Pötzinger: Der offensichtlichste Nutzen des Web 3.0 für Artists liegt in der sogenannten Tokenisierung unserer Musik über NFTs. Ein NFT gleicht einer einzigartigen, digitalen Kopie unserer Musikstücke, die dann wie ein Kunstwerk verkauft werden kann. Es gibt uns als Artists die Möglichkeit, unserer Musik bzw. unserem digitalen Content im weitesten Sinne einen fairen oder sinnvollen Wert zu geben.

Streamingdienste wie Spotify haben unserer Musik irgendwann diesen Wert einfach zugeschrieben und wir merken jetzt, dass dieses System nicht wirklich aufgeht. Selbst mit einer Vielzahl von Streams generiert dieses System nicht genug Einnahmen für uns.

Artists betreiben Social Media und andere Kanäle wie Streaming-Plattformen als reines Marketingtool in der Hoffnung, damit eine Vielzahl von Menschen zu erreichen. Diese sollen Konzertkarten, T-Shirts, oder Vinyl bzw. CDs kaufen. Das zeigt, dass unser rein digitaler Content, also unsere Musik oder unsere visuellen Konzepte, in der Streaming-Ökonomie fast wertlos ist. NFTs können das verändern.

"Der Einstieg kann erschreckend wirken"

Backstage PRO: Wie ist ein einfacher bzw. “niedrigschwelliger” Einstieg in die Möglichkeiten des Web 3.0 möglich?

Josef Pötzinger: Der unumgängliche erste Schritt für die Nutzung des Web 3.0 ist das Erstellen eines digitalen “Wallets”. Damit kannst du einerseits Geldtransaktionen digital signieren; andererseits brauchst du dies auf Web 3.0-Plattformen, um dich überhaupt anmelden zu können. Künstlerinnen und Künstlern, die NFTs ohne großes Vorwissen erstellen wollen, rate ich, diese auf der sogenannten Polygon-Blockchain über den derzeit größten NFT-Marktplatz OpenSea zu erstellen.

Der Vorteil bei diesem Vorgehen ist es, dass du hier keine Kryptowährungen benötigst, sondern lediglich das sogenannte Metamask-Wallet. Wenn du mit NFTs anfangen willst, eignet sich als erster Content z.B. ein bereits veröffentlichter Song oder ein Musikvideo, das du über eine Plattform wie OpenSea anbietest.

Backstage PRO: Wie hoch sind die technischen Hürden beim Web 3.0, gerade für DIY-Artists?

Josef Pötzinger: Die Hürden sind leider immer noch relativ hoch, und gerade die Fülle an Information und neuen Begriffen in Bezug auf das Web 3.0 kann erstmal ziemlich abschreckend wirken. Das beginnt schon damit, sich für eine Blockchain und einen Marktplatz zu entscheiden - die Polygon-Blockchain und OpenSea sind hier nur eine Möglichkeit unter vielen.

"Das Angebot wird immer größer"

Für den Großteil dieser Plattformen braucht man, wie oben angesprochen, mindestens zwei Dinge: Kryptowährungen und ein Wallet, das man sich wie eine Browser Extension vorstellen kann, um diese zu verwalten. Kryptowährungen erhält man über gängige Krypto-Börsen.

Um diesen Prozess zu umgehen, bieten sich wie gesagt OpenSea/Polygon für einen Einsatz ohne Kryptowährungen an. Je nachdem, auf welchem Marktplatz und auf welcher Blockchain man sein NFT erstellen will, kann es sein, dass andere Kryptowährungen und damit manchmal auch andere Wallets nötig sind. So besitzen experimentierfreudige Nutzer/innen nach einer gewissen Zeit bereits mehrere unterschiedliche Wallets, um unterschiedliche Blockchains auszuprobieren.

Backstage PRO: Für welches Vorgehen haben du und deine Band whoiswelanski entschieden?

Josef Pötzinger: Das Angebot wird hier immer größer und es gibt unterschiedliche Gründe, sich für eine Plattform davon zu entscheiden. Ein ganz wichtiger ist hier vor allem die Umweltthematik, also die Frage nach dem ökologischen Fußabdruck der jeweiligen Blockchain.

Mit whoiswelanski bieten wir unsere Musik beispielsweise auf Marktplätzen an, die auf den Blockchains Tezos und Polygon basieren. Vor allem mit den Tezos Marktplätzen haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht und schon einige Musik-NFTs verkauft. Wir verzichten auf den gängigen Weg über die Ethereum-Blockchain, da diese sowohl teuer als auch aus Umweltsicht problematisch ist.

"Die Popularität steigt kontinuierlich"

Backstage PRO: Wie werden sich die aktuellen Web 3.0.-Trends weiterentwickeln? Werden sie mehr Aufmerksamkeit erhalten, oder siehst du einige bereits wieder an Popularität verlieren?

Josef Pötzinger: Ich schaue mir die Entwicklung des Web 3.0 seit circa eineinhalb Jahren an, und bisher gibt es nur eine Richtung – nach oben. Der ganze Web 3.0-Space bewegt sich so schnell, dass man schon nach wenigen inaktiven Wochen das Gefühl hat, man hat eine Menge verpasst.
Natürlich gibt es auch immer wieder kleinere Auf und Abs.

So hat zum Beispiel das Metaverse-Thema nach der Ankündigung des Facebook-Mutterkonzerns Meta, ein eigenes Metaverse zu erschaffen, eine riesigen Hype erfahren. Dieser hat nun gefühlt wieder etwas abgenommen, zumindest wenn man sich die Preise für digitales Land ansieht.

Backstage PRO: Ist die Idee des Metaverse also schon wieder "out"?

Josef Pötzinger: Ich denk nicht. Schon mit whoiswelanski merken wir, dass das Metaversum durchaus populär ist: Unsere NFTs können hier in unserer virtuellen Galerie erlebt werden. Dort finden regelmäßig Ausstellungen mit unterschiedlichen Artists und Live-Musik statt – ein Konzept, das beim Publikum gut ankommt. 

Große Unternehmen investieren mittlerweile enorme Summen in die Umsetzung eines Metaversums und Web 3.0-Applikationen und ich denke nicht, dass dieser Trend in Zukunft abnehmen wird, sondern sich eher noch verstärken wird.

 

In seinem Keynote-Interview "Als DIY Artist im Web 3.0" wird Josef Pötzinger die Techniken und Trends im Web 3.0 ausführlich vorstellen und erklären, wie Artists die neuen Entwicklungen für sich nutzen können. Die Session findet am Donnerstag, dem 19.05.2022, um 10:15 Uhr statt. 

Ähnliche Themen

Ein Jahr nach dem Crash – sind NFTs für Musiker/innen noch relevant?

Hoffnungsträger oder hoffnungslos?

Ein Jahr nach dem Crash – sind NFTs für Musiker/innen noch relevant?

veröffentlicht am 11.04.2023   4

Meta kündigt Abkehr von NFTs auf Facebook und Instagram an

Prompte Kehrtwende

Meta kündigt Abkehr von NFTs auf Facebook und Instagram an

veröffentlicht am 29.03.2023

Capitol Records unterzeichnet Plattenvertrag mit dem virtuellen Rapper FN Meka

Label Deal für künstlichen Musiker

Capitol Records unterzeichnet Plattenvertrag mit dem virtuellen Rapper FN Meka

veröffentlicht am 18.08.2022   2

Spotify und Instagram führen neue NFT-Features ein

Testphase

Spotify und Instagram führen neue NFT-Features ein

veröffentlicht am 07.06.2022

Newsletter

Abonniere den Backstage PRO-Newsletter und bleibe zu diesem und anderen Themen auf dem Laufenden!