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"Wenn man nicht bedient, was gewünscht ist, wird es schwierig"

Wie man als Coverband an Gigs kommt und welche Gage drin ist – Die Erfahrungen der Band eXXited

Interview von Mario Rembold
veröffentlicht am 02.07.2019

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Wie man als Coverband an Gigs kommt und welche Gage drin ist – Die Erfahrungen der Band eXXited

eXXited haben Spaß am Covern. © (Bandfoto)

Coverbands begeistern ihr Publikum mit den Songs bekannter Künstlerinnen und Künstler. Doch ist es erfüllend, die Lieder anderer nachzuspielen? Und welche Gage sollte man als Coverband nehmen? Andreas Kowalzik, Gitarrist der Band eXXited, gibt uns Antworten auf diese Fragen.

eXXited (Band-Webseite) ist eine sechsköpfige Band aus Verden bei Bremen. Unter dem Motto "Tribute Hit Show" geben sie Konzerte, die mehrere Stunden dauern können. In der aktuellen Besetzung besteht die Band nun schon seit 11 Jahren. Die Bandmitglieder sind zwischen 40 und 50 Jahren alt und traten damals zunächst mit eigenen Songs auf, bevor sie den Spaß am Covern entdeckten. 2016 bekamen sie eine Auszeichnung als beste Coverband.

Backstage PRO: Hallo Andreas. Wie seid ihr mit eXXited zum Covern gekommen?

Andreas Kowalzik: Wir sind in den 80er-Jahren sozialisiert worden und mit Rock und Metal aufgewachsen. Wir träumten wie so viele davon, Rockstars zu werden. In der Realität sieht das dann natürlich anders aus; es war einfach nicht leicht, mit der eigenen Musik erfolgreich zu sein.

Irgendwann konnten wir nicht mehr so viel Energie in die Musik stecken, zum Beispiel, weil wir eigene Familien hatten. Es gab eine längere Pause. eXXited in der heutigen Besetzung ist entstanden, weil wir wieder Lust auf Musik hatten. Der Spaß stand im Vordergrund, wir wollten gute Songs mit netten Leuten spielen.

Backstage PRO: Das Publikum hat bestimmte Erwartungen an das Repertoire einer Coverband. Wie geht man damit um, wenn das nicht mehr zum eigenen Geschmack passt?

Andreas Kowalzik: Zunächst waren wir eine reine Rock-Coverband und haben nur gespielt, was wir selber mögen. Irgendwann lief das ganz gut, dann wollten wir mehr spielen und größere Auftritte bekommen – so etwas entwickelt sich einfach.

Erst spät wir uns dann ein richtiges Bandprofil erarbeitet, mit dem wir für viele Veranstaltungen in Frage kamen. Wir sind über das Covern von Rocksongs hinausgegangen und haben den Weg in Richtung Partyband eingeschlagen. Uns ging es um ein möglichst breites musikalisches Angebot aus den Top 40, von Pop bis Schlager.

Backstage PRO: Wie hat das geklappt?

Andreas Kowalzik: Das lief eine Zeit lang ganz gut. Aber irgendwann merkten wir, dass irgendwas auf der Strecke bleibt, wenn man sich musikalisch zu breit aufstellt. Zum einen lässt der eigene Spaß nach, zum anderen werden auch die Konzerte anstrengender. Da gibt es Zeltveranstaltungen, wo viel Alkohol im Spiel ist und das Publikum mit bestimmten Erwartungen hingeht. Wenn man dann nicht genau das bedient, was da gewünscht ist, kann es schwierig werden.

"Jugendliche sind heute musikalisch ganz anders sozialisiert"

Backstage PRO: Das klingt, als ob die Band auf manchen Veranstaltungen mehr als ein DJ-Ersatz wahrgenommen wird.

Andreas Kowalzik: Das ist nun einmal der Zeitgeist. Ich bin in einer Zeit großgeworden, in der die Liveband bei großen Zeltfeten als Qualitätsmerkmal galt. Das hat sich geändert, Jugendliche sind heute musikalisch ganz anders sozialisiert. Wenn hinterher eine Handvoll Zuschauer den Namen der Band kennt, kann man schon froh sein. Häufig setzen die Veranstalter tatsächlich lieber auf DJs, weil es nur darum geht, dass im Hintergrund Musik läuft, zu der man feiern kann.

Backstage PRO: Der Spaß am Livespielen hat bei euch also irgendwann nachgelassen. Trotzdem tretet ihr noch immer auf und seid 2016 sogar mit dem Deutschen Rock & Pop Preis in der Sonderkategorie "Cover/Revivalband" als beste Band ausgezeichnet worden.

Andreas Kowalzik: Dieser Preis war tatsächlich der Wendepunkt. Es hatte sich eine Müdigkeit eingeschlichen: Irgendwie passten die Veranstaltungen für uns nicht mehr, wir waren bloß noch Dienstleister.

Ich hatte eXXited dann ohne das Wissen der anderen Musiker beim Deutschen Rock & Pop Preis angemeldet. Obwohl wir nur in einer Nebenkategorie nominiert waren, wurden wir dann tatsächlich als die beste Coverband ausgezeichnet. Das hat uns einen positiven Schub gegeben. Wir wollten zurückkehren zu der Musik, die uns Spaß macht und dort spielen, wo das Publikum besser zu uns passt. Das war eine gute Entscheidung.

"Es ist nicht leicht, an Auftritte zu kommen"

Backstage PRO: Nun wisst ihr als Band gar nicht immer, was euch erwartet und welches Publikum kommt. Wie lässt sich steuern, dass Publikum und Band besser zusammenpassen?

Andreas Kowalzik: Es ist nicht leicht, als Coverband an Auftritte zu kommen. Das ist heutzutage ein schwieriges Feld. Man muss sich selber darum kümmern und bei Veranstaltungen bewerben, von denen man glaubt, dass es passen könnte.

Wir haben gute Erfahrungen mit Stadtfesten gemacht. Dort steht eine Bühne, vor der sich Leute aufhalten, die Livemusik zu schätzen wissen. Andererseits ist es wirklich schwer, an Stadtfeste heranzukommen, da die Konkurrenz groß ist. Vieles läuft über Agenturen – wir haben jedoch nie mit einer Agentur zusammengearbeitet.

Backstage PRO: Welche Auftritte macht ihr heute nicht mehr?

Andreas Kowalzik: Schützenfeste, Erntefeste und diesen ganzen dörflichen Veranstaltungen passen einfach nicht zu uns. Hier werden wir zwar häufig angefragt, lehnen die Angebote jedoch meistens ab.  Die einzige Ausnahme ist das Fest vom Bürgerschützenverein 1906 e.V. in Hövel in Nordrhein-Westfalen. 2019 spielen wir dort am 29. Juni.

Backstage PRO: Was ist denn in Hövel anders als auf anderen Schützenfesten?

Andreas Kowalzik: Als wir dort das erste Mal angekommen sind, dachten wir, das wäre unser letztes Schützenfest. Wir hatten wirklich große Sorge, dass der Auftritt nach hinten losgeht, auch weil die Leute in typischer Vereinskleidung herumliefen. Ein klassisches Schützenfest eben. Dann ging das Publikum aber schon vom ersten Song an dermaßen ab, inklusive Stagediving, dass wir motiviert waren, wiederzukommen.

Backstage PRO: Lohnen sich die Auftritte denn finanziell?

Andreas Kowalzik: Das sollte man realistisch betrachten. Ich kenne kaum eine Coverband, die wirklich davon leben kann – und das auch will. Wir haben es mit eXXited nie darauf angelegt, weil wir alle feste Berufe haben. Ich bin Musiklehrer, ebenso unsere Keyboarderin; wir haben auch einen Ingenieur dabei. Letztlich ist die Musik für uns immer eine Leidenschaft und ein Hobby. Für mich ist es auch ein Luxus, zu sagen: Wir können auftreten, wir müssen aber nicht.

"Jeder in der Band sollte auf 200 bis 400 Euro kommen"

Backstage PRO: Trotzdem erbringt ihr als Band eine Leistung und wollt sicher nicht dafür draufzahlen. Worauf sollte man achten, wenn man mit einem Veranstalter verhandelt?

Andreas Kowalzik: Ich kalkuliere immer einen Preis, der die Gage für die Musiker enthält. Hinzu kommt aber dann noch Ton- und Lichttechnik. Außerdem plane ich eine kleine Rücklage für sonstige Ausgaben der Band wie Marketing, Promotion und Versicherung ein. Natürlich muss man sich auch mit dem Thema Steuern befassen.

Backstage PRO: Was für eine Gage kann man denn verlangen?

Andreas Kowalzik: Es gibt Coverbands, die nehmen pauschal 1.000 Euro inklusive Ton und Licht, andere treten nicht unter 5.000 Euro auf. Das ist immer abhängig von Größe und Art der Veranstaltung und dem zur Verfügung stehenden Budget. Ich finde, jeder Musiker in der Band sollte auf eine Gage zwischen 200 und 400 Euro kommen. Das halte ich für einen realistischen Wert, der für diese Dienstleistung drin sein muss.

"Bands werden oft ausgenutzt"

Backstage PRO: Wer euch als sechsköpfige Band bucht, muss also mit 1.200 bis 2.400 Euro rechnen. Darin sind die Kosten für Licht- und Tontechniker ebensowenig enthalten wie die von dir erwähnten "sonstigen Rücklagen". In einer Zeit, in der viele Bands auf Hutbasis auftreten oder sogar für Auftritte bezahlen sollen, braucht man aber auch ein gewisses Selbstbewusstsein beim Verhandeln, oder?

Andreas Kowalzik: Ich glaube, diese Problematik betrifft vor allem Bands, die mit eigener Musik auftreten und noch am Anfang stehen. Leider wird das gern ausgenutzt. Bei den Coverbands hat sich ein gewisser Standard etabliert, der auch bezahlt wird. Daran darf man sich auch als Nachwuchsband orientieren.

Als Argumentationshilfe beim Verhandeln: Verweist auch auf eure Kosten für Proben, Equipment, Anfahrt, Arbeitszeiten im Büro – und dass ihr darüber hinaus auch Lebenshaltungskosten habt und eure Zeit und euer Können für den Auftritt einbringt.

Backstage PRO: Mich überrascht, dass ihr einen eigenen Techniker samt Equipment für Licht und Ton mitbringt. Ist das nicht etwas, für das normalerweise der Veranstalter sorgt?

Andreas Kowalzik: Das gibt es auch, ist aber seltener der Fall. Wir bieten unsere Dienstleistung in der Regel komplett an. Wir bringen unsere Instrumente mit, unser Tontechniker hat eine eigene Veranstaltungsfirma und kümmert sich um den Rest: PA, Monitoring, Licht und so weiter. Wir arbeiten seit mehr als zehn Jahren zusammen und sind ein eingespieltes Team.

"Sound und Optik sind ein Gesamtpaket"

Backstage PRO: Dass der Tontechniker euch gut kennt, ist sicher ein großer Vorteil, oder? Schließlich kann die beste Band schlecht klingen, wenn die Person an den Reglern schlecht arbeitet.

Andreas Kowalzik: Absolut. Natürlich kann eine Band nur so gut klingen, wie sie spielt. Aber wenn die Musiker toll spielen und es trotzdem schlecht klingt, dann liegt das Problem entweder bei der Technik oder bei demjenigen am Mischpult. Daher finde ich es auch so wichtig, dass man einen Techniker hat, der einen kennt und Ahnung von der Materie hat.

Auch das Licht darf man nicht vernachlässigen. Die Performance lebt auch davon, dass die Band auf der Bühne optisch gut rüberkommt. Inzwischen erwarten die Leute daher auch eine ordentliche Lichtshow. Sound und Optik sind ein Gesamtpaket.

Backstage PRO: Bekommt euer Techniker für jedes Konzert einen Ablaufplan, an welcher Stelle in welchem Song sich das Licht ändert und wann es Bühnennebel gibt?

Andreas Kowalzik: Bei vielen professionellen Bands wird das so gehandhabt. Aber wir spielen Programme von bis zu fünf Stunden an einem Abend. Da wird dann nicht für jeden einzelnen Song das Licht programmiert, sondern unser Techniker passt die Lichtstimmung spontan an den jeweiligen Song an.

"Die Kreativität beim Covern hat ihre Grenzen"

Backstage PRO: Nun gibt es ja manchmal Leute, die Coverbands als unkreativ ansehen, weil sie bloß Lieder anderer nachspielen. Ist das für euch ein Thema?

Andreas Kowalzik: Nein, diese Kritik läuft bei mir eher ins Leere. Ich habe größten Respekt vor jeder Band, die eigene Musik macht und damit auch einigermaßen erfolgreich ist. Dafür benötigt man sehr viel mehr Kreativität als für das Nachspielen von Songs.

Als Coverband brauchst du in erster Linie wirklich gute Musiker. Bis zu einem gewissen Anteil kann man hier auch eigene Kreativität einbringen: Wir verändern schon mal ein Arrangement oder bauen Medleys aus verschiedenen Stücken zusammen. Aber natürlich hat die Kreativität ihre Grenzen – es sei denn, man hat als Coverband gerade das Konzept, bekannte Songs in ein neues Gewand zu stecken.

"Wir verzichten auf Loops und Playback"

Backstage PRO: Mich fasziniert ja immer, dass viele Coverbands die Lieder besser spielen, als es teilweise die Originalinterpreten auf ihren Konzerten tun. Ich denke, gerade in eurem Metier ist gutes Handwerk besonders wichtig, weil ihr ja immer an der Version gemessen werdet, die der Hörer aus dem Radio kennt.

Andreas Kowalzik: Das stimmt nur zum Teil. Ich möchte niemanden in die Pfanne hauen, aber es gibt kaum Coverbands, die wirklich zu einhundert Prozent live spielen. Gerade bei den besonders gut gebuchten Bands laufen häufig noch Playbacks mit. Manche gehen so weit, dass nur noch Gesang und Schlagzeug live sind.

Backstage PRO: Das überrascht mich. Wobei ich je nach Genre aber auch Playbackspuren legitim finde. Habt ihr auch schon mit Loops oder anderen Einspielern gearbeitet?

Andreas Kowalzik: Wir standen vor dieser Frage, als es darum ging, Dancefloornummern aus den 1990ern nachzuspielen. Wenn du diesen Sound originalgetreu reproduzieren willst, bekommst du das live nicht hin, weil viele der Bass- und Synthi-Sequenzen zu speziell sind. Wir haben uns aber entschieden, dass wir nach wie vor ohne Playbacks komplett live auftreten wollen. Daher verzichten wir auf Songs, die allein mit Band nicht so gut funktionieren.

Backstage PRO: Vielen Dank für das Gespräch, Andreas. Und weiterhin viel Erfolg und vor allem viel Spaß mit eurer Band!

Wer die Band für einen Auftritt buchen will, kann eXXited hier bei Backstage PRO anschreiben.

Artists

eXXited - Tribute Hit Show

Tribute Hit Show Coverband aus Verden

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