Anonymer Musiker entlarvt
15 Milliarden Streams: Schwedischer Künstler steckt hinter 650 Fake Artists
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© Simona Sergi
Als Fake Artists werden Musiker*innen bezeichnet, die unter Pseudonymen Musik veröffentlichen, jedoch keine wirkliche Online-Präsenz haben. Ihre Musik ist aber in vielen der wichtigsten Spotify-Playlists für "Stimmungsmusik" zu finden.
Ein Mann mit vielen Profilen
Johan Röhr soll beispielsweise unter den Namen Minik Knudsen, Mingmei Hsueh, Csizmazia Etel oder Adelmar Borrego auf Spotify mehr als 15 Milliarden Streams erzielt haben. Das macht ihn nicht nur zu einem der 100 meist gestreamten Artists auf Spotify, er hängt damit auch ABBA, Mariah Carey und Michael Jackson ab. Avicii hat zwar mehr Streams insgesamt, aber weniger monatliche Hörer*innen als Röhr.
Ein Blick auf die Profile zeigt, dass es sich bei der Musik im Wesentlichen um kurze Klavier- oder Synthesizer-Stücke handelt, die man freundlich als Entspannungsmusik oder weniger freundlich als Gedudel bezeichnen kann. Bei manchen handelt es sich um Eigenkompositionen bei anderen um Coverversionen bekannter Popsongs wie "Can You Feel The Love Tonight".
Der Mann hinter den Namen
Laut DN macht Johan Röhr seit Anfang 2000 bereits Musik und hat beim Hauschor des Melodienfestivals in Schweden gesungen sowie bei Tourneen und Fernsehproduktionen mitgearbeitet.
Der Musiker soll auf Basis des Jahresberichts seines Privatunternehmens im Jahr 2022 ungefähr 3,1 Millionen US-Dollar verdient haben. DN macht jedoch deutlich, dass nicht klar ist, wie viel Geld er durch die 15 Milliarden Streams auf Spotify erwirtschaftet hat.
Röhrs Musik sei auf ungefähr 144 Playlists für Instrumentalmusik vertreten, die zusammen über 62 Millionen Follower*innen haben. Zum Beispiel stammen auf der Spotify Playlist "Stress Relief", die 1,45 Millionen Follower*innen hat, 41 von 270 Songs von Röhr, so DN.
Boomendes Label
Johan Röhr, sein Label Overtone Studios und Spotify wollten nicht von der schwedischen Zeitung zu dem Thema befragt werden. Jedoch schickte Overtone CEO Niklas Brantberg DN ein Statement.
Darin bestätigt er, dass Johan Röhr unter mehreren Pseudonymen arbeitet. Des Weiteren erklärt Brantberg: "Viele dieser [Künstlernamen] sind alte und inaktive Musikprojekte, und wir haben die Anzahl der Künstlerprofile, die aktiv Musik veröffentlichen, deutlich reduziert, obwohl wir heute mit viel mehr Künstlern zusammenarbeiten".
Der CEO bezeichnet Röhr außerdem als Pionier im Bereich der Stimmungsmusik und erklärt, dass Röhr der erste Artist war, der mit Overtone Studios zusammenarbeitete. Auf ihrer Homepage brüstet sich Overtone Studios zudem damit, "Milliarden Streams" erzielt zu haben.
Keine Einwände bei Spotify
Spotifys Pressesprecherin für Nordeuropa erklärte zu dem Fall: "Wir hindern Künstler und Bands nicht daran, Musik unter ihrem eigenen Namen oder unter verschiedenen Pseudonymen zu veröffentlichen, und da die Nachfrage nach dieser Art von Musik steigt, wächst auch die Zahl der Rechteinhaber und Künstler, die diese Art von Inhalten produzieren".
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