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Endlich wieder vor Ort

David Stammer über digitale Innovation in der Musikindustrie und das Future Music Camp 2022

Interview von Florian Endres
veröffentlicht am 14.04.2022

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David Stammer über digitale Innovation in der Musikindustrie und das Future Music Camp 2022

David Stammer beim Future Music Camp 2021. © CAPADOL

David Stammer organisiert seit 2021 das Future Music Camp an der Popakademie Mannheim. Im Interview spricht er über den Einfluss digitaler Innovationen auf die Musikindustrie und die Highlights der diesjährigen Ausgabe.

Backstage PRO: Hallo David! Bevor wir über deine Rolle als Leiter des Future Music Camps an der Popakademie Baden-Württemberg sprechen, interessiert uns dein bisheriger Lebensweg.

David Stammer: Ich habe Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Mannheim und danach an der Popakademie Music & Creative Industries studiert. Schon davor und währenddessen war ich viel im DJ- und Veranstaltungsbereich unterwegs und habe selbst Musik gemacht. Nach dem Studium habe im Marketing bei DASDING und SWR3 gearbeitet. Da ging es um digitale und analoge Kampagnen, hauptsächlich im Veranstaltungsbereich. Ich war also viel im Bereich Festival- und Event-Marketing tätig.

Backstage PRO: Schlussendlich bist du als Project Manager Digital Innovation zur Popakademie zurückgekehrt. Was sind dort genau deine Aufgaben?

David Stammer: Zum einen kümmere ich mich an der Popakademie um den digitale Schwerpunkt im Bachelor Musikbusiness. Neben dem Unterricht betreue ich Vorlesungen, befinde mich im Austausch mit unseren externen Dozierenden in dem Bereich, oder setze kleinere Forschungs- und Praxisprojekte gemeinsam mit den Studierenden um.

Der zweite große Bereich ist das Future Music Camp, also die Organisation, das Projektmanagement und die Programmgestaltung.

"Das Future Music Camp 2021 war auch digital ein Erfolg"

Backstage PRO: 2021 hast du erstmals das FMC betreut. Wie war es, diese neue Aufgabe gleich unter so ungewohnten Bedingungen durchführen zu müssen?

David Stammer: Einerseits definitiv anspruchsvoll und anstrengend. Andererseits hat es aber auch Spaß gemacht, etwa mit der digitalen Infrastruktur unserer Website oder der virtuellen Venue zu experimentieren. Letztendlich war ich mit der vollständig digitalen Version des FMC sehr zufrieden. Sowohl die Vorträge als auch die interaktiven Sessions haben mit dem Set-Up, das wir uns überlegt haben, sehr gut funktioniert.

"Direktes Feedback ist unverzichtbar"

Auf persönlicher Ebene war es jedoch natürlich ein bisschen komisch: Dann schließt man das FMC mit seiner Abmoderation in die Kamera, und fühlt sich zufrieden und erleichtert – und dann merkt man, dass man alleine in einem Raum sitzt, und nur zwei Techniker applaudieren, da sonst niemand anwesend ist.

Backstage PRO: Hat die veränderte Situation im letzten Jahr das diesjährige FMC beeinflusst?

David Stammer: Obwohl wir uns Mühe gegeben haben, mit digitalen Tools möglichst viele Interaktionsmöglichkeiten zu bieten, ist der Vor-Ort-Charakter noch einmal etwas vollkommen anderes. Daher freue ich mich auf emotionaler Ebene total darauf, dass in diesem Jahr der Austausch auch in Präsenz stattfindet – allein schon, weil das Feedback viel direkter ist.

"Die digitalen Möglichkeiten haben uns inspiriert"

Dennoch wollen wir die digitalen Bestandteile, die wir letztes Jahr erarbeitet haben, unbedingt mitnehmen. Daher arbeiten wir an einem hybriden Format für das Future Music Camp, das es ermöglicht, fast alle Inhalte auch im digitalen Bereich abzubilden. Das Ziel ist es, dass so auch Menschen teilnehmen können, die nicht nach Mannheim kommen können: Sie sehen den Raum und hören die Vorträge; gleichzeitig besteht die Möglichkeit, sich über einen Zoom-Call einzuschalten und an den Diskussionen teilzunehmen.

Der Vorteil an diesem Vorgehen ist, dass wir unsere Inhalte im Nachgang auch als On-Demand-Inhalte über den YouTube-Kanal der Popakademie bereitstellen können. Außerdem können wir die Zahl der Teilnehmenden am FMC noch einmal erhöhen, da diese nicht mehr durch die Größe der Popakademie oder etwaige Corona-Bestimmungen begrenzt wird.

Backstage PRO: Was grenzt das Future Music Camp von anderen Musikbusiness-Events in Deutschland ab? 

David Stammer: Wir unterscheiden uns durch eine sehr klaren, inhaltlichen Fokus auf Zukunftsthemen und den digitalen Sektor. Durch unsere beschränkte räumliche Kapazität heben wir uns ebenfalls von anderen Veranstaltungen ab: Unsere Gäste schätzen die familiäre Atmosphäre und die Möglichkeit, direkt mit anderen ins Gespräch zu kommen.

"Die Gäste wollen etwas zum FMC beitragen"

Außerdem macht unser Sessions-Programm das FMC recht einzigartig: Nur wenige Konferenzen der Musikindustrie bieten den Gästen die Möglichkeit der direkten Partizipation bzw. die Möglichkeit, die behandelten Themen zu beeinflussen.

In diesem Jahr haben wir für die Sessions deutlich mehr Einreichungen bekommen als in den letzten Jahren, worüber wir uns sehr freuen. Die Bereitschaft, etwas zum FMC beizutragen, ist offensichtlich sehr groß, und diese einzigartige Möglichkeit wird gerne genutzt.

Backstage PRO: Kannst du uns etwas über den thematischen Fokus des FMC 2022 verraten?

David Stammer: Wir wollen beim diesjährigen FMC reflektieren, welche neuen Geschäftsmodelle, Tools und Technologien für Artists und Labels sich in den letzten zwei Jahren und gerade auch während der Pandemie entwickelt haben.

Wir verwenden dafür den Begriff der "Artists Economy", angelehnt an den Begriff der Creator Economy. Unter Creator Economy versteht man die Auswahl an Tools und Strategien, mit denen Influencer oder Creators, darunter sowohl Musikschaffende oder Artists als auch Blogger oder Beauty-Influencer, ihren Content direkt monetarisieren können.

"Muss jeder Artist künftig Creator werden?"

Nicht jeder Artist ist gleichzeitig Creator: es gibt ja bereits eine bestehende Musikindustrie mit festen Abläufen und Routinen, in deren Rahmen viele Musikerinnen und Musiker agieren. Unter dem Begriff Artist Economy wollen wir beim FMC nun herausfinden, was die Creator Economy für Artists bedeutet: Muss bzw. soll jeder Artist jetzt zum Creator werden? Welche neuen Möglichkeiten gibt es, Zielgruppen zu erreichen, neue Communities aufzubauen oder Musik zu vertreiben?

Über diese Möglichkeiten möchten wir aus verschiedenen Perspektiven diskutieren: U.a. haben wir Speaker von Major- bzw. Indie-Labels, aber auch Gäste, die die Möglichkeiten aus Artists- und Management-Perspektive betrachten sowie Vortragende aus dem Bereich Analyse & Research sowie ein spannendes Start-up.

Backstage PRO: Welche Themen stehen im Mittelpunkt?

David Stammer: Zu den neuen Möglichkeiten und Technologien, die wir im Rahmen des FMC besprechen, gehören u.a. der Status Quo beim Thema NFTs sowie die Entwicklungen in diesem Bereich, die Auswirkungen des Web 3.0 für Musiker/innen oder die Frage, was das Metaverse etwa für die Live-Performances der Zukunft bedeutet.

"Unsere Sessions ergänzen das Programm"

Auch bei den Sessions werden einige dieser Themen aufgegriffen und aus einer anderen Perspektive betrachtet. Aber das Themenspektrum ist noch größer: So gibt es u.a. auch eine Session von YouTube über Content-Strategien für Artists sowie Sessions von Start-ups, die ihre neuen, digitalen Tools vorstellen. Außerdem werden uns mit den Bereichen Rechte, Management und Vergütung von Artists beschäftigen.

Hier findet ihr alles zum Programm des Future Music Camp 2022!

Backstage PRO: Die Coronakrise hatte also auch Auswirkungen auf die Thematik?

David Stammer: Ja, die Pandemie hat Entwicklungen in diesen Bereichen ausgelöst oder beschleunigt. Ich denke, dass es spannend sein wird, zu sehen, welche dieser neuen Entwicklungen tatsächlich nachhaltig sind und die Musikbranche in Zukunft weiter beeinflussen werden.

Denn es ist natürlich klar, dass es ein ganz starkes Bedürfnis nach persönlicher Nähe und dem Vor-Ort-Erlebnis gibt. Daher werden sich vor allem die digitalen Tools und Kommunikationswege durchsetzen, die nachhaltigen Mehrwert besitzen und nicht einfach nur ein Ersatz für etwas sind, das durch die Pandemie weggefallen ist.

"Ein Spannungsfeld zwischen Mehrwert und kritischem Blick"

Ich finde es wichtig, über diese Thematik zu diskutieren und das Ganze auch kritisch zu hinterfragen. Im Idealfall beenden die Teilnehmenden das Camp mit einem guten Überblick über die aktuell relevanten Themen – über ihre Möglichkeiten, aber auch über ihre Grenzen.

Backstage PRO: Gibt es eine Vortrag oder ein Thema, auf das du dich am meisten freust?

David Stammer: Ich freue mich am meisten auf die Themen rund um das Metaverse, weil es ein Spannungsfeld gibt: Auf der einen Seite steht der Mehrwert für Artists, aber auch für Marken, neue Erlebnisse zu kreieren, Geschichten zu erzählen und Welten zu entwerfen.

Auf der anderen Seite bin ich, gerade auch persönlich, nicht unbedingt Fan der Vorstellung, noch mehr Zeit vor dem Bildschirm bzw. im Digitalen zu verbringen. Ich kann es mir gerade im Musikbereich schlecht vorstellen, dass Veranstaltungen wie Konzerte oder Raves im Metaverse zufriedenstellend ersetzt werden können – es gibt einen Konflikt zwischen den neuen Möglichkeiten und der Frage: Wollen wir das überhaupt?

Ich persönlich hoffe, dass sich das Metaverse dahingehend entwickelt, keine Erfahrungen ersetzen zu wollen, sondern sich stärker darauf konzentriert, eine zusätzliche Perspektive zu schaffen bzw. Mehrwerte zu bieten – wie ein gutes Computerspiel, bei dem man sich nach Belieben in eine Situation hinein versetzen kann.

Backstage PRO: Vielen Dank für deine Zeit! Wir freuen uns sehr auf das Future Music Camp.

 

Das diesjährige Future Music Camp der Popakademie Baden-Württemberg findet am 19. und 20. Mai 2022 statt. Hier geht’s zur Anmeldung.

Locations

Popakademie Baden-Württemberg

Popakademie Baden-Württemberg

Hafenstraße 33, 68159 Mannheim

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