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Kurz erklärt

So funktioniert die Corona-Soforthilfe für Kleinfirmen, Freiberufler und Selbstständige

Tipps für Musiker und Bands von Sascha Kilian
veröffentlicht am 03.04.2020

coronavirus soforthilfe

So funktioniert die Corona-Soforthilfe für Kleinfirmen, Freiberufler und Selbstständige

© Pixabay via Pexels

Die Coronakrise bedeutet für viele Musikschaffende eine existentielle Bedrohung, auf die der Staat mit dem Versprechen unbürokratischer Hilfe reagiert hat. Der folgende Artikel behandelt die Möglichkeiten und Grenzen dieser Soforthilfe.

Soforthilfe durch Zuschüsse

Als effektivstes Instrument der Liquiditätshilfe soll der Zuschuss des Bundes an Selbständige und Gewerbetreibende dienen, die durch den Ausbruch der Corona-Pandemie in ihrer Existenz bedroht sind.

Viele Politiker in Regierungsverantwortung werden bei nahezu täglichen Talkshow-Besuchen nicht müde zu erwähnen, dass die Hilfe "schnell und unbürokratisch" erfolgen soll. Allerdings möchte der Bund nicht mit der "Gießkanne" über das Land gehen und Milliarden wahllos verteilen.

Fast täglich neue Entwicklungen

Der folgende Artikel soll zum Einstieg in diese einigermaßen komplexe Thematik dienen, die wichtigsten Punkte aufzeigen und auf Unterschiede zwischen verschiedenen Bundesländern hinweisen. 

Allerdings besitzt die Corona-Soforthilfe im Moment so viel Dynamik, dass verantwortliche Politiker bzw. zuständige Stellen fast täglich Nachbesserungen oder Änderungen ankündigen. Was gestern noch galt, kann heute schon überholt sein. Betroffene sollten sich daher ständig über den aktuellen Stand informieren.

Keine bedingungslose Hilfe

Die Soforthilfe ist an Bedingungen geknüpft. Die Zuständigkeit für die Anträge und Auszahlungen liegt bei den einzelnen Bundesländern, weshalb sich die Parameter von Bundesland zu Bundesland unterscheiden können.

Der hier verlinkte Artikel bietet eine nützliche Übersicht über die Zuständigkeiten nach Bundesland.

Unterschiede in den einzelnen Bundesländern

Der Bund gewährt Soforthilfen für kleine Unternehmen, Solo-Selbstständige und Angehöriger freier Berufe, die aufgrund von Liquiditätsengpässen in Folge der Corona Krise in ihrer Existenz bedroht sind. 

Da es aber Aufgabe der Bundesländer ist, die genauen Modalitäten festzulegen, fällt die Staffelung der Förderbeträge in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich aus, da die Bundesländer den Basisbetrag des Bundes zum Teil noch aufstocken. So gewährt Rheinland-Pfalz:

  • 9.000 Euro für antragsberechtigte Solo-Selbstständige und Antragsberechtigte mit bis zu 5 Beschäftigten,

  • 15.000 Euro für Antragsberechtigte mit bis zu 10 Beschäftigten

Nordrhein-Westfalen sieht hingegen folgende Staffelung vor:

Die Soforthilfe erfolgt im Rahmen eines einmaligen, nicht rückzahlbaren Zuschusses. Sie ist gestaffelt nach der Zahl der Beschäftigten und beträgt für drei Monate (ab Datum der Antragstellung):

  • 9.000 Euro für antragsberechtigte Solo-Selbstständige und Antragsberechtigte mit bis zu 5 Beschäftigten,

  • 15.000 Euro für Antragsberechtigte mit bis zu 10 Beschäftigten

  • 25.000 Euro für Antragsberechtigte mit bis zu 50 Beschäftigten

Hessen wiederum gewährt bei:

  • bis zu 5 Beschäftigten: 10.000 Euro

  • bis zu 10 Beschäftigten: 20.000 Euro

  • bis zu 50 Beschäftigte: 30.000 Euro

Geld für die private Lebensführung?

Die oben genannten Anlaufstellen klären jeweils wie bestehende Arbeitsverträge (Vollanstellung, geringfügige Beschäftigung) bei der Anzahl der Beschäftigten gewichtet werden. Antragsberechtigt ist nur, wer seine selbstständige Tätigkeit im Haupterwerb ausübt.

Der Grundgedanke des Bundes bestand darin, den Zuschuss für einen betrieblichen Liquiditätsengpass zu gewähren, der ausschließlich auf der Corona-Krise seit 11.03.2020 basiert. Er kann bis zum 31.05.2020 gestellt werden.

Für Engpässe der privaten Lebensführung ist er eigentlich nicht vorgesehen, allerdings lässt Baden-Württemberg zu, dass Unternehmer und Selbstständige bei der Kostenplanung der nächsten 3 Monate (siehe unten), 1.180 Euro pro Monat für den Lebensunterhalt beanspruchen können. Über diese Option verfügt z.B. ein Selbständiger mit Sitz in Rheinland-Pfalz aktuell nicht.

Knackpunkt: Liquiditätsengpass

Um die Berechtigung für Soforthilfe nachzuweisen, muss der Unternehmer eine vereinfachte Geldflussrechnung für die Monate 03-05/2020 aufzustellen, die am Ende des Betrachtungszeitraums einen negativen Saldo aufweist, der die maximale Zuschusshöhe darstellt.

Wichtig: Es geht dabei nicht darum, den entgangenen Gewinn oder die verlorenen Einnahmen zu ermitteln. Der Betrieb muss stattdessen auf Grund der Krise nicht mehr in der Lage sein seinen betrieblichen Verpflichtungen (z.B. Miet- und Leasingzahlungen, nicht aber Personalkosten) nachzukommen.

Das heißt auch, das Selbständige oder Unternehmen, die bis zum Ausbruch der Coronakrise über reichlich Liquidität auf Giro- und Festgeldkonten verfügten oder Barreserven vorhalten, diese in ihre Liquiditätsplanung miteinfließen lassen müssen.

Die folgende Tabelle dient als unverbindliches Beispiel der vereinfachten Geldflussrechnung für einen in Rheinland-Pfalz ansässigen Solo-Selbstständige dienen:

Liquiditätsplanung

Ist/Plan 03/2020

Plan 04/2020

Plan

05/2020

 

EURO

EURO

EURO

Liquide Mittel am Anfang der Periode

2.000,00

4.950,00

- 2.000,00

Einzahlungen

 

 

 

Umsatz

10.000,00

-

-

Summe Einzahlungen

10.000,00

-

-

Auszahlungen

 

 

 

Raumkosten

2.500,00

2.500,00

2.500,00

Werbung (Website)

150,00

300,00

450,00

Reinigung

500,00

500,00

500,00

Versicherungen/Beiträge

300,00

300,00

300,00

Investitionen

800,00

1.000,00

1.200,00

Kfz-Kosten

1.200,00

1.000,00

1.000,00

Telefon, Internet

100,00

100,00

100,00

Sonstige betriebliche Auszahlungen

1.500,00

1.250,00

1.100,00

Summe Auszahlungen

7.050,00

6.950,00

7.150,00

 

 

 

 

Überdeckung (+), Unterdeckung (-) je Monat

2.950,00

-6.950,00

-7.150,00

Liquide Mittel am Ende der Periode

4.950,00

-2.000,00

-9.150,00

 

 

 

 

Maximale Liquidität

4.950,00

-2.000,00

-9.150,00

 

 

 

Benötigte Zuschusshöhe

Maximaler Zuschuss

 

 

9.000,00

Für viel Verwirrung haben die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg gesorgt, die als erste ihre Anträge online stellten. Die ursprüngliche Fassung sah vor, dass Betroffene zunächst private Geldmittel verwendet werden müssten, bevor sie Soforthilfe beantragen konnten.

Das Problem besteht darin, dass nicht eindeutig geklärt ist, was ein Liquiditätsengpass im Detail rechtlich bedeutet. Für vieles gibt es keinerlei konkrete Anwendungsbestimmungen und natürlich auch keine Rechtsprechung.

Was ist mit privatem Vermögen?

Wenn beispielsweise von "liquiden Finanzmittel" die Rede ist, sind zum einen Gelder auf Sparbüchern oder auf dem Girokonto gemeint. Aber was bedeutet die Formulierung, dass erst alle "liquiden Finanzmittel" ausgeschöpft sein müssen? Betrifft das auch das Sparkonto der noch minderjährigen Kinder? Kein Wunder, dass viele Antragssteller verunsichert sind.

Speziell in Bayern gab es zunächst wegen der Berücksichtigung privater liquider Finanzmittel starke Verunsicherung bei den Antragstellern. Markus Söder selbst ruderte in dieser Woche jedoch zurück: "Künftig zähle nicht mehr die private Liquidität, sondern nur noch "ein existenzbedrohender Umsatzausfall".

Baden-Württemberg ruderte bezüglich privater Geldvermögen bereits vorher vollständig zurück. Die Corona-Soforthilfe des Landes wird – anders als zunächst in den Förderbedingungen vorgesehen – nun doch ohne Prüfung des privaten Vermögens ausbezahlt. Hierfür hatten sich u. a. zahlreiche Wirtschaftsverbände erfolgreich eingesetzt.

In den FAQ der Antragstellung in Rheinland-Pfalz ist von privaten Geldmitteln schon keine Rede mehr: "Ein Liquiditätsengpass liegt dann vor, wenn die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen. Personalaufwendungen zählen nicht zum Sach- und Finanzaufwand. Werden noch lfd. Einnahmen erzielt, sind diese bei der Berechnung des konkreten Liquiditätsengpasses zu berücksichtigt."

Update, 21. April: Inwischen hat der Bund wichtige Änderungen in zwei Punkten in Hinblick auf die Soforthilfe für Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten vorgenommen: 

1. Für die Frage, ob ein Liquiditätsengpass besteht, spielen die im Betrieb vorhandenen finanziellen Mittel nun doch keine Rolle.

2. Personalkosten fallen nicht unter den "Finanz- und Sachaufwand", was bedeutet dass sie bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses nicht berücksichtigt werden können. Diejenigen, die bereits Anträge gestellt haben und mehr Geld erhalten haben, als ihnen eigentlich zusteht, müssen die erhaltenen Mittel aber nicht zurückzahlen.

Antragsteller, die schon Anträge gestellt und zu viel erhalten haben, müssen dieses Geld allerdings nicht zurückzahlen, da eine sog. "Überkompensation" nicht vorliegt.

Riesige Zahl an Anträgen

Die Nachfrage nach der Soforthilfe ist in der ersten Woche bundesweit riesig. In Berlin wurden die Annahmestellen vorübergehend geschlossen. Obwohl das Antragsformular zu großen Teilen selbsterklärend ist, sollten alle Antragssteller den Liquiditätsengpass gewissenhaft prüfen.

Der Antragsteller versichert mit seiner Unterschrift die Wahrheitsmäßigkeit seiner Angaben und muss die ergänzenden Unterlagen zum Antrag 10 Jahre aufbewahren, um eine eventuelle Überprüfung durch die Behörden zu gewährleisten.

Wieviel Prüfung findet statt?

Antragssteller sollten auf jeden Fall Geduld mitbringen und den betreffenden Stellen bzw. Behörden eventuelle Probleme schildern, um den Antrag nicht "ins Blaue hinein zu stellen". 

Angesichts der schieren Menge und den bereits erfolgten Auszahlungen ist es aber fraglich, inwiefern die Behörden tatsächlich Zeit haben, die Anträge zu prüfen. Allerdings ist es möglich, dass diejenigen, die unberechtigt kassieren, später die erhaltene Summe zurückzahlen müssen. 

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