"Dieses Beispiel sollte bundesweit Schule machen"
Vorbild Baden-Württemberg: Corona-Soforthilfe berücksichtigt Bedarfe der Kreativen
coronavirus deutsche jazzunion
Spitzengespräch zu den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus in Baden-Württemberg. © Uli Regenscheit / Pressefoto des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau
Baden-Württemberg hat die Regularien des Soforthilfeprogrammes für Solo-Selbstständige, Freiberufler und kleine Unternehmen angepasst und ein Soforthilfeprogramm des Bundes integriert. Die Deutsche Jazzunion und die 17 weiteren, in der Allianz der Freien Künste zusammengeschlossenen Bundesverbände loben die Umsetzung:
"Förderberechtigte können bei einem Corona-bedingten Liquiditäts-Engpass nun Lebensunterhaltskosten bis maximal 1.180 Euro pro Monat aus der Soforthilfe des Bundes bestreiten. Dieser Pauschalbetrag, der private Miet- und Lebenshaltungskostenkosten abdeckt – zusätzlich zu fortlaufenden Betriebskosten – schafft Sicherheit für viele freie Künstler/innen und Unternehmen der Kulturwirtschaft."
Positive Entwicklung
Baden-Württemberg war nach eigenen Angaben eines der ersten Bundesländer, das ein Corona-Soforthilfeprogramm initiierte. Die erste Ausführung des Programms wurde in seiner Umsetzung jedoch von Kreativen stark moniert. Beispielsweise war ein Pauschalbetrag für die Lebenserhaltungskosten anfangs noch gar nicht vorgesehen.
Mit der Anpassung des Programms hat die baden-württembergische Landesregierung nun als eine der ersten auf die von zahlreichen Kreativverbänden vorgebrachten Forderungen reagiert.
Keine Spielräume mehr
Die Jazzunion fordert die Bundesregierung auf, die Richtlinien für die Einrichtung der staatlichen Hilfsprogramme durch die Länder anzupassen: es soll künftig keinen Spielraum mehr bei der Frage geben, ob betrieblich relevante Lebenshaltungskosten bei Selbstständigen für die Inanspruchnahme von staatlicher Soforthilfe anerkannt werden. Dazu Nikolaus Neuser, Vorsitzender der Deutschen Jazzunion:
"Kunst- und Kulturschaffende dürfen nicht nach Zufallsprinzip – je nach Bundesland, in dem sie gemeldet sind – bei den Soforthilfen der Bundes- und Landesregierungen übergangen und in die Grundsicherung geschoben werden!"
Die Bundesregierung ist der Forderung bisher nicht nachgekommen. Baden-Württemberg hat mit seiner Aktualisierung der Richtlinien als eines der ersten Bundesländer Verwaltungsspielräume zum Vorteil freischaffender Künstlerinnen und Künstler ausgelegt. Dazu die Jazzunion und die Allianz der Freien Künste:
"Dieses Beispiel sollte bundesweit Schule machen. Wir fordern die Landesregierungen der anderen Bundesländer auf, sich am Beispiel Baden-Württembergs zu orientieren."
Alle notwendigen Informationen zum baden-württembergischen Soforthilfeprogramm finden sich hier.
Noch nicht perfekt
Von anderer Seite hagelt es jedoch noch immer Kritik an dem Programm. Der Präsident des Bundes der Selbstständigen (BDS) in Baden-Württemberg, Günther Hieber, bemängelt, dass die Antragstellung nicht vollelektronisch funktioniert, wie beispielsweise in Bayern und Nordrhein-Westfalen. Die Anträge müssen in Baden-Württemberg ausgedruckt, unterschrieben und dann wieder gescannt werden.
Hieber kritisiert auch das ausführliche Prüfungsverfahren. Statt der Genehmigung durch die Bezirksregierungen wie in Bayern und NRW werden die Anträge in Baden-Württemberg nach der Erstbearbeitung zur landeseigenen L-Bank weitergeleitet, wo eine finale Prüfung stattfindet – für viele Antragsteller/innen eine unnötige Verzögerung, wo die Hilfen doch sofort gebraucht werden.
Im Hinblick auf die Betrugsfälle, die die Auszahlung von Corona-Hilfen in Nordrhein-Westfalen vorerst volllständig zum Erliegen brachten, scheint eine ausführliche Prüfung der gestellten Anträge jedoch durchaus ratsam.
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