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Erste Studie weltweit

GEMA/SACEM-Studie zeigt gespaltenes Verhältnis von Musikschaffenden zu KI

Spezial/Schwerpunkt von Daniel Nagel
veröffentlicht am 02.02.2024

künstliche intelligenz gema

GEMA/SACEM-Studie zeigt gespaltenes Verhältnis von Musikschaffenden zu KI

Künstliche Intelligenz hat große Auswirkungen auf den Kulturbetrieb. © Steve Johnson via unsplash.com

Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert nicht nur die Musikbranche. In einer gemeinsamen Studie haben die deutsche Verwertungsgesellschaft GEMA und ihr französisches Pendant SACEM ihre Mitglieder zu ihrer Meinung von KI befragt: Die Ergebnisse zeigen: Viele Mitglieder nutzen KI bereits, machen sich aber gleichzeitig Sorgen über die wirtschaftlichen Folgen der KI-Revolution.

Generative Künstliche Intelligenz, also KI (engl. AI), die in der Lage ist, Inhalte wie Texte, Bilder, aber auch Musik herzustellen, bietet enormes Potential in vielen Bereichen des menschlichen Lebens, löst aber auch große Sorgen und Befürchtungen aus.

Das bestätigt eine gemeinsam von GEMA, SACEM und dem Beratungs und Forschungsunternehmen Goldmedia durchgeführte Studie, die die Auswirkungen auf das Musikbusiness unter die Lupe nimmt. Die vollständige Studie ist hier als PDF erhältlich, eine Pressemitteilung auf Deutsch gibt es hier.

KI drückt Einnahmen von Musikschaffenden

Obwohl generative KI noch relativ jung ist, erzielte der Sektor bereits 2023 einen geschätzten Umsatz von 300 Millionen Euro, etwa 8 Prozent des Gesamtmarktes von generativer KI. Dieser Umsatz soll laut Schätzungen von Goldmedia bis 2023 auf mehr als 3 Milliarden Euro steigen.

Der Markt für KI wird in den nächsten Jahren stark wachsen

Der Markt für KI wird in den nächsten Jahren stark wachsen, © GEMA

Goldmedia nimmt an, dass bis 2028 etwa 27 Prozent der Einnahmen von Musikschaffenden aufgrund generativer Künstlicher Intelligenz gefährdet sein könnten. Der wirtschaftliche Schaden für Musikschaffende könnte bei ungefähr 1 Milliarde Euro allein im Jahr 2028 liegen.

Diese Zahlen sind rein spekulativ und könnten in der Realität sowohl niedriger als auch höher liegen. Jedenfalls ist es nachvollziehbar, dass 73 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass generative KI dazu führen könnte, dass Komponisten und Textdichter nicht mehr von ihrer Arbeit leben könnten.

Nutzung von KI weitverbreitet

Trotz dieser Befürchtung ist die Nutzung von KI unter den befragten GEMA-und SECAM-Mitgliedern weit verbreitet. 35 Prozent der Befragten nutzen KI, 13 Prozent sehen Potential, 7 Prozent sind unentschlossen, 26 lehnen eher ab und 19 Prozent wollen von KI gar nichts wissen.

Ein Drittel der GEMA und SACEM Mitglieder nutzt bereits generative KI

Ein Drittel der GEMA und SACEM Mitglieder nutzt bereits generative KI, © GEMA

Unter den jüngeren Befragten (unter 45 Jahre) steigt die Zahl der KI-Nutzer aber schon auf fast 50 Prozent. Erwartungsgemäß ist die Nutzung von KI besonders stark in Genres wie elektronische Musik (54 Prozent) und Hip-Hop (53 Prozent). In Pop und Rock ist die Nutzung relativ ähnlich verbreitet (40 zu 38 Prozent).

Wichtig ist KI naturgemäß auch für Musikschaffende, die Musik für die Werbung, für Music Libraries oder audiovisuelle Werke im Allgemeinen komponieren.

Die Antworten verdeutlichen ebenfalls, dass KI keinen Bereich des Musikschaffens aussparen wird. Nicht weniger als 63 Prozent der Befragten erwarten, dass KI für den kreativen Prozess (Songwriting, Komponieren) benutzt wird, 58 Prozent glauben, dass KI im Bereich Recording, Mixing und Mastering Bedeutung erlangen wird.

Auch für die Erstellung von Promo-Content (55 Prozent), Marketing (49 Prozent) und der Erstellung von Inhalten für Fans bzw. für den Austausch mit diesen erscheint (48 Prozent) den Befragten eine wichtige Rolle von KI wahrscheinlich. Kurz gesagt: KI wird zahlreiche Bereiche des Musikgeschäfts nicht nur beeinflussen, sondern völlig neu gestalten.

Chance oder Risiko?

Es ist gerade die universelle Anwendbarkeit von KI, die bei den Musikschaffenden Sorgen hervorruft. Nicht weniger als 64 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die Risiken von KI die Chancen überwiegen

Zwei Drittel der GEMA/SACEM Mitglieder betrachten Künstliche Intelligenz als Risiko

Zwei Drittel der GEMA/SACEM Mitglieder betrachten Künstliche Intelligenz als Risiko, © GEMA

KI und Urheberrecht

KI wird bekanntlich an existierenden Werken, im Falle von Musik an Musikstücken, trainiert. Die Anbieter von generativen KI-Tools geben aktuell nicht bekannt, womit sie ihre KI trainiert haben. Rein rechtlicht besteht in Deutschland dazu auch kein Zwang, da Text- und Data-Mining vom aktuellen Urheberrecht explizit erlaubt ist.

Wenn allerdings Software-Konzerne durch generative KI große Gewinne erzielen, stellt sich die Frage, ob Urheber nicht daran beteiligt werden sollten oder ob sie nicht sogar die Einwilligung dazu geben sollten.

Urheber fordern Beteiligung

Die überwiegende Zahl der Befragten der Studie schließt sich dieser Auffassung an. 93 Prozent der Befragten fordern, dass die Politik den Herausforderungen im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz und Urheberrecht mehr Aufmerksamkeit schenken sollte.

95 Prozent der Befragten wollen Anbieter von Künstlicher Intelligenz verpflichten, offenzulegen, wenn sie urheberrechtlich geschützte Werke als Trainingsdaten verwenden. 89 Prozent verlangen eine Kennzeichnungspflicht für mit generativer KI erschaffenen Werke.

90 Prozent der Umfrageteilnehmer fordern, dass Rechteinhaber um Erlaubnis gefragt werden müssen, wenn ihre Werke zum Training von KI genutzt werden. Die gleiche Zahl will an den Einnahmen von KI-Anbietern beteiligt werden.

Zur Methode

Ein wichtiger Teil der Studie bestand aus einer Online-Umfrage unter den Mitgliedern von GEMA und SACEM, die zwischen dem 30. Oktober und dem 20. November 2023 durchgeführt wurde.

Insgesamt nahmen 15.073 Personen teil, die in Vollzeit oder Teilzeit als Autoren oder für Musikverlage arbeiten. Viele der Befragten sind auch als Künstler, Produzenten oder für Musiklabels tätig. 

Außerdem führte Goldmedia eine Marktanalyse sowie Interviews mit 16 Expertinnen und Experten durch.

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