×

Stimmenkopierer im Fokus

Musikverband BPI droht KI-Plattform Jammable (Ex-Voicify) mit rechtlichen Schritten

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 25.03.2024

künstliche intelligenz jammable bpi urheberrecht

Musikverband BPI droht KI-Plattform Jammable (Ex-Voicify) mit rechtlichen Schritten

Ein Screenshot des Ergebnisses der Suche nach "Frank Sinatra" bei Jammable. © Jammable Screenshot

Der britische Verband der Musikindustrie (BPI) kündigte an, rechtliche Schritte gegen die Online-Plattform Jammable einzuleiten. Jammable bietet mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz die Möglichkeit, Stimmen bekannter Sängerinnen und Sänger beispielsweise zum Covern von Songs zu benutzen, d.h. sogenannte Deep Fakes zu erstellen.

Jammable, vormals bekannt als Voicfy, mit Sitz in Boston, USA ist ein kostenpflichtiger Abo-Service, der mit KI-generiete Stimmen herstellt. 

Wie funktioniert Jammable?

Abonnements kosten zwischen 7,99 und 89,99 Euro. Nutzt man das günstigste Abo, stehen dem User monatlich 25 sogenannte "Conversions" zur Verfügung. Bei den beiden teuersten Abo-Modellen erhält man neben unbegrenzten Conversions auch die Möglichkeit, eigene KI-Stimmen erstellen zu lassen.

Hierfür lädt man eine Acapella Music File hoch, die im besten Fall über 10 Minuten lang ist. Anschließend benötigt Jammable zwischen einer und sechs Stunden, um die KI-Stimme zu generieren. Die dadurch erzeugten KI-Stimmen können dann privat genutzt oder frei zugänglich für alle User veröffentlicht werden.

Jammable stellt KI-Stimmen also nicht selbst zur Verfügung, sondern bietet den Usern eine Plattform und die benötigte KI, um Stimmen bekannter Persönlichkeiten nachzuahmen. Wichtig ist, dass jeder Nutzer und jede Nutzerin Zugriff auf von anderen Usern erzeugten und freigegebenen KI-Stimmen hat.

Geklaute Lieder

Jammable Nutzer*innen können dann mit den generierten Stimmen sog. "Conversions" durchführen. Diese sind nichts weiter als Deep Fakes. User können beispielsweise die Stimmen bekannter Sängerinnen und Sänger wie Amy Winehouse, Frank Sinatra, Billy Joel und Madonna auswählen und sie durch Verlinkung bzw. Einfügen eines YouTube-Links einen Song singen lassen. Beispielsweise könnten User die Fake-KI-Stimme von Amy Winehouse benutzen und sie "Like A Virgin" oder "My Way" singen lassen. 

Jammable unterbreitet Usern auch Vorschläge, welche Stimmen verwendet werden können und zeigt an, welche Stimmen gerade besonders im Trend sind. Dabei sind die absurdesten Kombinationen möglich. Mit der neuesten Funktion "Duets" kann man bis zu sechs Stimmen gemeinsam singen lassen. Jammable schlug zum Beispiel vor, Spongebob und Donald Trump ein Duett singen zu lassen.

Auch Deutsche vertreten

Auch deutsche Stimmen können auf Jammable genutzt werden, dazu zählen beispielsweise Kollegah, SSIO, Till Lindemann, Thomas Anders, Nena und Marianne Rosenberg.

Nicht nur Sängerinnen und Sänger sind auf der Plattform vertreten, sondern auch bekannte Politiker*innen oder Social-Media-Persönlichkeiten. Deutsche Stimmen sind zum Beispiel Paluten, BastiGHG, Angela Merkel, Karl Lauterbach und Olaf Scholz. 

Urheberrechtsverletzung

Das Problem von Jammable ist, dass diese Herangehensweise nach Ansicht des BPI gegen das Urheberrecht verstößt, da die Lieder ohne jegliche Lizenz verwendet werden.

Damit verletzt Jammable sämtliche geschützten Inhalte an den Songs, wie die Stimme der Artists über die Musik bis hin zu den Songtexten. Darüber hinaus fehlt jegliche Zustimmung der Künstler:innen, ihre Lieder oder Stimmen zu verwenden. 

Ferner sieht das BPI auch im Training der KI einen Urheberrechtsverstoß, da diese die Stimmen nur imitieren kann, wenn sie mit Songs der Künstler:innen lernt.

Rätselhafte Umbenennung 

Kurz nach Veröffentlichung des Statements der BPI benannte sich Voicify in Jammable um. Auf ihrer Website erklärt das Unternehmen, diesen Schritt vollzogen zu haben, um von einer reinen KI-Stimmen-Plattform wegzukommen und neue Möglichkeiten auf ihrer Plattform anzubieten.

Eine Stellungnahme seitens Jammable hinsichtlich der Vorwürfe liegt hingegen nicht vor.

Große Unterstützung

Der BPI drohte Jammable, rechtliche Schritte gegen das Unternehmen einzuleiten, sollten sie ihr aktuelles Vorgehen nicht ändern. Dafür erhält der BPI auch Unterstützung von mehreren Verbänden wie der Musicians’ Union, Ivors Academy, Music Publishers Association, UK Music, PPL und AIM. 

In einem Statement, das Music Business Worldwide vorliegt, erklärt Kiaron Whitehead, Rechtsberaterin des BPI:

"Die Musikindustrie hat lange Zeit neue Technologien genutzt, um innovativ zu sein und zu wachsen, aber Voicify (mittlerweile unter dem Namen Jammable bekannt) und eine wachsende Zahl anderer Unternehmen missbrauchen die KI-Technologie, indem sie die Kreativität anderer Menschen unerlaubt übernehmen und gefälschte Inhalte erstellen."

Jammable steht nicht nur in Großbritannien in der Kritik. Auch der US-amerikanische Musikverband kritisierte bereits das Unternehmen.

Ähnliche Themen

UMG und Roland stellen Grundsätze zum Umgang mit KI-Tools auf

Stärkung menschlicher Kunst

UMG und Roland stellen Grundsätze zum Umgang mit KI-Tools auf

veröffentlicht am 18.04.2024

Vocalist.ai möchte KI zur fairen Erzeugung von Gesang nutzen

Fairer Kompromiss zwischen Artists und KI?

Vocalist.ai möchte KI zur fairen Erzeugung von Gesang nutzen

veröffentlicht am 17.04.2024   1

Billie Eilish & Co.: Über 200 Artists warnen vor KI-Einsatz in der Musikbranche

Offener Brief gegen KI

Billie Eilish & Co.: Über 200 Artists warnen vor KI-Einsatz in der Musikbranche

veröffentlicht am 05.04.2024   14

Erste Regulierung von KI weltweit: EU-Parlament verabschiedet AI Act

Mit großer Mehrheit

Erste Regulierung von KI weltweit: EU-Parlament verabschiedet AI Act

veröffentlicht am 14.03.2024

GEMA und BVMI begrüßen Einigung über den europäischen AI Act

Weltweit erste KI-Regulierung

GEMA und BVMI begrüßen Einigung über den europäischen AI Act

veröffentlicht am 13.12.2023

Newsletter

Abonniere den Backstage PRO-Newsletter und bleibe zu diesem und anderen Themen auf dem Laufenden!