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"Social Media muss kein Zeitfresser sein"

Philipp Sonnenstrahl und Magdalena Dauber über ihre Social Media-Marketing-App myInspo und Content-Tipps für Musiker/innen

Interview von Florian Endres
veröffentlicht am 18.07.2023

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Philipp Sonnenstrahl und Magdalena Dauber über ihre Social Media-Marketing-App myInspo und Content-Tipps für Musiker/innen

Philipp Sonnenstrahl und Magdalena Dauber. © CAPADOL

Fast alle Musiker/innen sind heutzutage auf verschiedenen Social Media-Kanälen aktiv, aber nicht alle wissen, mit welchen Inhalten sie diese bespielen sollen. Wir haben mit Philipp Sonnenstrahl und Magdalena Dauber über die von ihnen entwickelte App myInspo gesprochen, die Musiker/innen bei der Erschaffung von Social-Media-Content unterstützen soll.

Backstage PRO: Philipp und Magdalena, ihr seid die Entwickler der App myInspo, die Musiker/innen und Kreative beim Social Media-Marketing unterstützen soll. Wie kamt ihr auf die Idee, diese App zu entwickeln?

Philipp: Magdalena und ich haben an der Popakademie Baden-Württemberg Musikbusiness studiert. Während unseres Studiums standen wir viel im Kontakt mit Musiker/innen, die ihre Musik über Social Media vermarkten und Menschen erreichen wollten – denen jedoch Ideen fehlten, was sie eigentlich posten sollten. 

Nach dem Studium haben Magdalena und ich dann bei Marketing-Agenturen gearbeitet und stießen auch hier wieder auf das gleiche Problem: Unsere Kund/innen wussten, dass sie etwas posten müssen, um Menschen auf ihre (Musik-)Marke aufmerksam zu machen, doch wussten sie eben nicht, was. Daraufhin haben wir angefangen, myInspo zu entwickeln. 

Backstage PRO: Was leistet myInspo?

Philipp: Mit myInspo bieten wir Kreativen aus allen Bereichen Inspiration für ihr Social Media-Marketing und möchten ihnen Handreichungen geben, wie sie möglichst effizient ein größeres Publikum erreichen können. Der Fokus liegt plattformübergreifend auf Bewegtbildinhalten – den Inhalten, mit denen man aktuell die eigene Reichweite am effektivsten steigern kann. 

Letztendlich bieten wir also ein ähnliches Angebot wie eine Marketing-Agentur, nur eben ein bisschen standardisierter, aber dafür auf Einsteiger-Niveau und zu einem deutlich niedrigeren Preis. 

Backstage PRO: Wie sieht das Preissystem aus?

Philipp: Sobald die Nutzer/innen freigeschaltet wurden, haben sie Zugriff auf die App und auf fünf kostenlose "Unlocks" pro Tag. Mit diesen Unlocks können die einzelnen Ideen, die im myInspo-Feed angezeigt werden, entsperrt werden. Pro Tag können also fünf Ideen kostenlos freigeschaltet werden – was gerade für kleinere Artists und solche, die gerade erst mit dem aktiven Social Media-Marketing anfangen, vollkommen ausreicht. 

Künstler/innen, die ihr Social Media-Game professioneller angehen wollen, haben dann die Möglichkeit, ein Monatsabo abzuschließen, das einem den unbegrenzten Zugriff auf Ideen ermöglicht. Und egal ob kostenloser User oder Abonnent/in: Die bereits entsperrten Ideen bleiben natürlich entsperrt. 

Backstage PRO: Ihr sagt, dass Musikerinnen und Musiker wissen, dass sie auf Social Media aktiv sein müssen, um ein Publikum zu erreichen. Doch stimmt das wirklich? Gibt es heutzutage keine Popularität mehr ohne Instagram und Co.?

Philipp: Grundsätzlich müssen wir feststellen, dass Musik auf Streaming-Plattformen zwar gehört, aber nicht unbedingt entdeckt wird – neue Musik finden Fans tatsächlich vermehrt in sozialen Netzwerken. Dennoch heißt das nicht, dass jeder Artist auf ausgeklügeltes Social Media-Marketing angewiesen wäre. Beispielsweise gibt es Nischen wie Klassik oder avantgardistische Musik, die über andere Kanäle wie etwa Kulturzeitschriften oder Deutschlandfunk Kultur Verbreitung erfahren – ganz ohne TikTok und Co.!

Gleichzeitig gilt: Wenn du als Artist in einem massentauglichen Genre erfolgreich sein willst und eine professionelle Karriere anstrebst, dann kommst du ziemlich sicher nicht umhin, die sozialen Medien mit Inhalten zu bespielen

Backstage PRO: Wie entgegnet ihr den Vorwürfen, dass soziale Medien die Kunst mehr einschränken als fördern?

Magdalena: Das ist meiner Meinung nach eine zu pessimistische Einstellung; Social Media ist keine Einschränkung, sondern eine Chance – was sich allein schon durch die Zahl der Musikerinnen und Musiker zeigt, die primär durch soziale Medien bekannt geworden sind. Früher mussten Artists Kassetten an Labels rausschicken, heute können TikToks eine solche Promo-Arbeit ersetzen – und das auch noch kostenlos. 

Wenn man sich drauf einlässt, bieten die Plattformen viele Möglichkeiten. Nur, weil man TikTok benutzt, heißt das ja nicht zwangsläufig, dass man Tanzvideos von sich posten muss. Die Plattform bietet eine Vielzahl von Content-Möglichkeiten, darunter z.B. auch Tutorials oder Musikvideos, die vielleicht auch genuin mit den Interessen einer Künstlerin oder eines Künstlers harmonieren und deren Produktion sogar Spaß machen kann. 

Backstage PRO: Wie bildet ihr diese Vielfalt der sozialen Medien auf myInspo ab?

Philipp: Wir bieten mit myInspo sogenannte Nischen wie Art, Awareness, Musik oder Poetry. Dabei handelt es sich letztlich um Bereiche, in denen die User unserer App sich selbst einordnen können. So wollen wir der Tatsache Rechnung tragen, dass der Content von Musiker/innen oder Kreativen durch ihre Persönlichkeit zahlreiche weitere Facetten erhält.  

Im Hinblick auf unseren Werdegang und unser Umfeld bespielen wir aktuell primär die Musik-Nische. In dieser haben wir z.B. Inspirationen etwa für Release-Kampagnen zusammengestellt, sodass Musiker/innen Alternativen für den langweiligen "Out Now"-Teaser als einzige Promotion für ihr Album finden können. 

Backstage PRO: Was spricht gegen so einen Teaser?

Philipp: An sich nichts – für Fans, die der Band schon folgen, reicht das möglicherweise sogar als Information, das neue Album zu hören und im besten Fall zu kaufen. Aber so werden eben keine neuen Zielgruppen angesprochen. Dies gelingt wesentlich besser durch diversifizierten Content, der von verschiedenen Social Media-Usern in verschiedenen Kontexten gefunden werden kann. 

Backstage PRO: Wie können die Künstlerinnen und Künstler, die myInspo – beispielsweise eben vor einem Album-Release – benutzen, in so einem Fall letztlich von den Inspirationen und Ideen in der App profitieren?

Philipp: Wenn unsere User es schaffen, kreativ auf unseren Anregungen aufzubauen, dann können sie damit Content produzieren, der in den sozialen Netzwerken für Aufmerksamkeit sorgt, was wiederum die Aufmerksamkeit etwa für die die neue Single, das neue Album oder die anstehende Tour vergrößern kann.

Backstage PRO: Wie genau soll das funktionieren?

Philipp: Gerade im Hinblick auf Song- und Album-Veröffentlichungen ist dieser Aufbau einer möglichst großen Öffentlichkeit vor dem Release nicht zu unterschätzen. Streaming-Algorithmen verwenden u.a die Zahl, wie oft ein Song direkt nach seinem Release gespielt wurde, als Indikator für seine künftige Popularität. Wenn ein Song hier also gut abschneidet, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass dieser künftig eher von diesen Algorithmen empfohlen wird. 

Diese Promo sollte dabei aber nicht allein in den sozialen Medien stattfinden. Ich rate z.B. immer auch dazu – auch wenn es sehr nach alter Schule klingt –, einen Newsletter aufzubauen, oder noch besser, einen WhatsApp-Newsletter, um seine Fans zu erreichen. 

Backstage PRO: Da ihr das Thema (Streaming-)Algorithmen angesprochen habt: Könnte der Funktionsumfang, den ihr mit myInspo bietet, nicht auch von einer KI übernommen werden?

Magdalena: Natürlich kann man ChatGPT benutzen, um sich beispielsweise einen Redaktionsplan schreiben zu lassen. Tests, unsere Texte mit Künstlicher Intelligenz zu schreiben, haben bisher gezeigt, dass die Inhalte dann sehr gleichförmig, sehr deckungsgleich werden. Und für soziale Medien benötigt man eben gerade innovative Inhalte, die hervorstechen und für Aufmerksamkeit sorgen. 

Backstage PRO: Was macht myInspo besser?

Magdalena: Der Mehrwert von myInspo liegt darin, dass wir aktuelle Trends durch die Linse unserer Marketing-Erfahrungen filtern und so in der Lage sind, eine handkuratierte Auswahl an Inspirationen und Möglichkeiten vorzustellen, die unseren Nutzer/innen echte Mehrwerte bieten – die diese jedoch auch wahrnehmen müssen. Denn fest steht: Ein Tool kann so gut sein, wie es will; jede Idee muss auch an die eigene Arbeitsweise und den eigenen Markenkern angepasst werden, um erfolgreich zu sein. 

Backstage PRO: Wo liegen eurer Meinung nach denn Vorteile, die KI Musiker/innen aktuell bieten kann?

Philipp: Es gibt zahlreiche Tools auf KI-Basis, die Musikerinnen und Musikern lästige Routinearbeiten abnehmen können – das fängt schon bei Software an, die etwa bei Press Releases die Rechtschreibung und Zeichensetzung, aber auch den Ausdruck korrigiert. 

Aber natürlich gibt es auch Tools, die KI-gestützt Social Media-Insights generieren können und den Musiker/innen damit helfen, ihr Marketing bzw. ihre Markenkommunikation besser auf ihre Zielgruppe zuzuschneiden.

Überhaupt gibt es zahlreiche Tools, die Artists dabei unterstützen können, ihr Social Media-Marketing effektiver und zielgerichteter zu betreiben – ein paar davon haben wir beispielsweise bei unserer Session beim Future Music Camp 2023 vorgestellt. 

Backstage PRO: Social Media-Marketing muss also nicht der Zeitfresser sein, für den Künstler/innen ihn oft halten? 

Magdalena:  Definitiv nein! Das sinnvollste ist in jedem Fall, einen Plan zu erstellen und Zeitblöcke einzuteilen. Du kannst dir über ein Projektmanagement-Tool eine Art Redaktionsplan erstellen und festlegen, wann du den Content vorproduzierst und wie du diesen ausspielst. 

Mit myInspo bieten wir ja auch bewusst detaillierte Anleitungen an, wie man die angebotenen Ideen scriptet und was man dazu benötigt. So schaffen wir es, dass unsere Nutzer/innen möglichst schnell und ohne Umwege zum produzieren kommen. 

Wenn du dir einen halben Tag nimmst, um den Plan zu erstellen und dann noch einen Tag, um den Content zu produzieren, dann besteht der Rest nur noch aus Posts – und selbst hier kannst du den Aufwand mit Planungs-Tools minimieren. 

Backstage PRO: Muss man eurer Meinung nach auf jeder Plattform aktiv sein?

Philipp: Auf keinen Fall. Effizienz beim Social Media Marketing heißt auch, die Plattformen zu identifizieren, auf denen man aktiv sein möchte. Anders gesagt nutzt es dir nichts, auf Twitter aktiv zu sein, wenn du nicht gerne twitterst. 

Dann ist es natürlich auch wichtig, Plattformen auszuwählen, auf denen es ein Interesse für deinen Content gibt, bzw. auf denen du dich in guter Gesellschaft bewegst – wobei ich hier auch immer dazu rate, die eigenen Vorbehalte diesbezüglich immer mal wieder in Frage zu stellen. So ist es ein Trugschluss, dass du etwa als Rockmusiker nichts auf TikTok verloren hast, weil da ja eh nur Kinder unterwegs sind. 

Backstage PRO: Was ist euer Rat in Bezug auf TikTok?

Philipp: Lade dir die App runter und suche aktiv nach deiner Nische, folge den Hashtags und schau dir die populären Profile an – in vielen Fällen gibt es eine größere Zielgruppe als erwartet. Und selbst dann kann man natürlich immer noch entscheiden, ob man diese Plattform nun wirklich benutzen möchte oder nicht. Außerdem gibt es sogenannte Content Repurposing Tools, die mir helfen, Content mit geringem Aufwand auch auf anderen Plattformen zu posten.

Backstage PRO: Social Media-Marketing ist für fast jeden Artist sinnvoll – und obwohl der Zeitaufwand sich nicht auf null reduzieren lässt, so lässt er sich zumindest stark minimieren. 

Philipp: Genau. Wir wollen nicht verschweigen, dass Social Media-Marketing immer mit einem gewissen (Zeit-)Aufwand verbunden ist – daran ändert auch myInspo nichts. Was unsere App und andere Tools für das Social Media-Marketing jedoch leisten, ist, den Vorgang planbarer und effizienter zu gestalten. 

Backstage PRO: Was sollte man mit der gewonnenen Zeit machen?

Philipp: Es lohnt sich zumindest einen Teil der eingesparten Zeit für Community-Management zu nutzen – letztendlich also Kommunikation mit den Fans über soziale Medien zu betreiben. Hier können Kontakte geknüpft werden, die dann auf Konzerten und Touren weiter reifen. Community-Management ist ein kaum zu unterschätzendes Tool, wenn es darum geht, Fanbindung zu schaffen. 

Backstage PRO: Vielen Dank für das Interview.

Unternehmen

myInspo.app

Marketing/PR in 68161 Mannheim

Personen

Philipp Sonnenstrahl

aus Mannheim Founder bei myInspo.app

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