Vorsicht ist geboten
Steuern für Musiker: Das Problem mit Liebhaberei und Gewinnerzielungsabsicht
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Die Frage der "Liebhaberei" ist ein häufiger Streitpunkt zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigen. © Andreas Lischka/Pixabay
Das Problem "Liebhaberei bei Künstlern" tritt dann auf, wenn ein steuerpflichtiger Künstler Jahr für Jahr Verluste erzielt, die über die üblichen Anlaufverluste (wegen z.B. Start-Investitionen) hinausgehen.
Macht der Künstler diese Verluste steuerlich geltend und reduziert dadurch seine Steuerlast, die durch Einnahmen über andere Einkunftsarten entstand, kann dies auch nach mehreren Jahren rückwirkend zu Problemen führen.
Verluste verrechnen, Steuern sparen?
Dauerhaft steuerlich geltend gemachte Verluste führen in den meisten Fällen dazu, dass das Finanzamt die Einkunftserzielungsabsicht unter Beobachtung stellt. Die Finanzbehörde untersucht dann, ob der Künstler über ein gewinnorientiertes Geschäftsmodell verfügt oder lediglich die Verluste aus seiner künstlerischen Tätigkeit benutzt, um seine Steuerbelastung zu mindern.
Dieser Fall liegt beispielsweise dann vor, wenn der Künstler über eine Hauptbeschäftigung verfügt, mit der er die Verluste verrechnen kann. So könnte ein sozialversicherungspflichtig angestellter Informatiker seine Steuerlast dadurch verringern, dass mit seiner Tätigkeit als Schlagzeuger in einer Band nur Verluste schreibt und diese steuerlich geltend macht.
"Liebhaberei": Unter Dauerbeobachtung durch das Finanzamt
Um das zu verhindern, kann das Finanzamt die künstlerische Tätigkeit kurzerhand zur steuerrechtlich unerheblichen "Liebhaberei" erklären. Ihr Ausübung kann nicht dazu dienen die Steuerlast zu drücken, sondern stellt ein "Privatvergnügen" dar.
In diesem Zusammenhang untersucht das Finanzamt, ob die künstlerische Tätigkeit nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgeübt wird und ob der Steuerpflichtige Maßnahmen ergriffen hat, um positive Ergebnisse zu erzielen oder die verlustbringende Tätigkeit nach gleichem Muster immer weiter ausführt.
Am Ende muss ein Gewinn stehen
Wenn Zweifel an der Gewinnerzielungsabsicht bestehen, verlangt die Finanzbehörde eine sogenannte "Totalgewinnprognose", welche die kumulierten Jahresergebnisse einer bestimmten Zeitspanne (nach einem BFH-Urteil aus 2007 höchstens 30 Jahre, in der Praxis aber meistens zehn Jahre) und auch den möglichen Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf von Instrumenten und Zubehör umfasst.
Diese Totalgewinnprognose muss am Ende positiv ausfallen, d.h. zumindest einen kleinen Gewinn abwerfen, sonst stempelt das Finanzamt z. B. die Tätigkeit eines Musikers als "Liebhaberei" ohne Relevanz für die Einkommensteuer ab.
Nachzahlungen drohen
Das hat Folgen! Das Finanzamt kann dann alte Steuerbescheide ändern, die wegen der unklaren Gewinnerzielungsabsicht in aller Regel vorläufig erlassen wurden. Das Ergebnis sind möglicherweise empfindliche Nachzahlungen zuzüglich Nachzahlungszinsen.
Die Umsatzsteuer bleibt unberüht
Das Paradoxe ist aber, dass der Musiker mit Gewinnerzielungsabsicht Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne bleibt und weiterhin verpflichtet ist, Voranmeldungen und Erklärungen einzureichen, wenn er nicht gerade Kleinunternehmer ist oder seine künstlerische Tätigkeit aufgibt.
Die Entscheidungskriterien
Über welche Entscheidungsgrundlagen verfügt aber das Finanzamt, um festzustellen, ob eine Gewinnerzielungsabsicht besteht? Der Bundesfinanzhof (BFH) hat es in einer Entscheidung aus dem Jahr 2013 folgendermaßen formuliert:
"Die Einkunftserzielungsabsicht ist eine innere Tatsache, die – wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge – nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden kann."
Anders gesagt: Da der Finanzbeamte nicht die Gedanken des Künstlers lesen kann, muss er anhand anderer Kriterien entscheiden, ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Dabei müssen die Finanzbehörden berücksichtigen, dass sich gerade bei Künstlern berufliche Tätigkeit und private Lebensgestaltung nur schwer trennen lassen.
"Gesamtwürdigung" des Künstlers notwendig
Im Fall eines universitär ausgebildeten Malers und Grafikers hat der BFH klargestellt, dass dauernde Verluste nicht das einzige Beurteilungskriterium sind: "Dauernde Verluste sind zwar Indiz gegen eine Einkunftserzielungsabsicht. Daraus auf eine steuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei zu schließen, ist aber nur gerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt."
Daher fordert der BFH eine "Gesamtwürdigung" des Künstlers, in die weitere Gesichtspunkte einzubeziehen seien. Dazu zählen vor allem:
Art der künstlerischen Berufsausbildung und des Ausbildungsabschlusses
Künstlerische Tätigkeit als alleinige Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen bzw. seiner Familie
Berufstypische professionelle Vermarktung (z.B. Teilnahme an Ausstellungen)
Besondere betriebliche Einrichtungen (z.B. Atelier)
Erwähnung in einschlägiger Literatur
Erzielung gelegentlicher Überschüsse
Schaffung von Werken, die für erwerbswirtschaftliche Verwertung bestimmt sind und daher bei entsprechender Marktnachfrage verkauft werden können.
Diese Kriterien lassen sich auch auf Musiker anwenden. Ein universitär ausgebildeter Musiker, der als Musiklehrer angestellt ist und im Nebenberuf eine Band betreibt, die Verluste schreibt, aber Konzerte spielt und Alben veröffentlicht, ist daher anders zu beurteilen als ein Hobbymusiker, der im Hauptberuf Investmentbanker ist und eine professionelle PA erworben hat, um seine Gäste bei seinem jährlichen Sommerfest in seiner repräsentativen Villa persönlich musikalisch zu unterhalten.
Was bedeutet das für Musiker, in deren Naturell es vielleicht nicht immer liegt, sich mit steuerlichen Themen auseinanderzusetzen? Wer die Kosten für Instrumente, Proberäume und Studiozeit steuerlich geltend machen will, um seine Steuerlast zu senken, riskiert (falls er keine Gewinne erzielt) eine satte Steuernachzahlung. Wer darüber im Zweifel ist, sollte sich daher professionellen Rat bei einem Steuerberater holen.
Sascha Kilian ist Steuerberater bei der Ast Steuerberatungsgesellschaft in Ludwigshafen. Bereits in seiner Diplomarbeit beschäftigte er sich mit dem Thema “Musiker und Steuern”.
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