×

Über 2.000 Befragte

Umfrage zur Lage deutscher Musiker/innen zeigt Herausforderungen und Möglichkeiten

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 12.09.2023

musikbusiness musikereinkommen recordjet

Umfrage zur Lage deutscher Musiker/innen zeigt Herausforderungen und Möglichkeiten

© Milo Bauman via unsplash.com

Der Berliner Independent Musikvertrieb recordJet beleuchtet in seiner Umfrage "On the record – Quo vadis Musikindustrie" den Status Quo und somit auch aktuelle Herausforderungen der Musikindustrie.

Ziel der Umfrage [PDF] ist es laut Jorin Zschiesche, dem Gründer von recordJet, ein "Stimmungsbild der deutschen Musikszene" einzufangen. In einer Pressemitteilung erklärt er:

"Wir beleuchten die größten Herausforderungen der Musiker/innen, evaluieren, ob ein Label oder Management immer “der bessere” Weg sind und sehen uns an, welche bisher ungenutzten Potentiale in der Branche liegen." 

Zwei Gruppen von Teilnehmenden

Insgesamt 2.097 Musiker/innen nahmen im Frühjahr 2023 an der Umfrage teil. Unter den Befragten sind sowohl Künstler/innen, die sich selbst vermarkten, als auch solche, die bei einem Label oder Management unter Vertrag stehen. Alle Teilnehmenden der Umfrage vertreiben ihre Musik über recordJet.

Die deutliche Mehrheit (84 Prozent) der Befragten gibt an, sich selbst zu vermarkten. Außerdem gaben 72 Prozent an, nicht hauptberuflich Musik zu machen.

Die größten Hürden für den Aufbau einer Karriere

Ein Drittel der Künstler/innen mit Label und fast 60 Prozent derer ohne Management geben an, noch nicht bekannt genug zu sein. Sich selbst vermarktende Musiker/innen sind zu 31 Prozent damit überfordert, alles selbst machen zu müssen und weitere 32 Prozent klagen über das Fehlen eines richtigen Netzwerks. 

Die Mehrheit beider Gruppen erklärt, nicht von den Einnahmen ihrer Musik leben zu können. Auch bei der Lösung sind sie sich einig: 72 Prozent der selbst vermarktenden und 69 Prozent der Musiker/innen mit Label halten ein User Centric Payment, bei dem das Geld von Streaming-Dienst-Abonnent/innen bei den Artists ankommt, die diese tatsächlich hören, für das erfolgversprechendste Bezahlmodell. 

Um größere Einnahmen zu generieren, produziert die überwiegende Mehrheit beider Gruppen mehr Musik. 51 Prozent der Musiker/innen unter einem Label und 35 Prozent derer ohne produzieren nebenher für andere Musiker/innen.

Auswirkungen auf die mentale Gesundheit

22 Prozent der sich selbst vermarktenden Musiker/innen geben an, ihre Tätigkeit und die wirtschaftlichen Herausforderungen hätten einen negativen Einfluss auf ihre mentale Gesundheit. Diese Zahl ist bei Künstler/innen mit Label sogar noch höher: 29 Prozent klagen über psychische Belastungen durch ihren Beruf.

Dennoch sind sich über 70 Prozent aus je beiden Gruppen sicher, dass es Künstler/innen mit einem Label es leichter haben, sich in der Musikwelt durchzusetzen.

Selbstvermarktung oder Label?

Warum sich selbstvermarktende Musiker/innen bislang dennoch nicht für ein Label entschieden haben, liegt laut Umfrage vor allem an der damit einhergehenden Freiheit. 67 Prozent ist die "alleinige Entscheidungshoheit über kreative Umsetzung" wichtig, 63 Prozent wollen außerdem die Rechte an ihren Songs behalten.

Die befragten Künstler/innen mit Label können das nachvollziehen. Für 79 Prozent wäre die volle Kontrolle über ihre kreative Arbeit ein Grund, auf ein Label zu verzichten. Als weitere Gründe nennen 63 Prozent die alleinige Kontrolle der Songrechte und 61 Prozent die "Entscheidungshoheit, was wann und wie veröffentlicht wird".

Was bringt ein Label?

Als Anreize, doch bei einem Label unter Vertrag zu stehen, nennen jeweils knapp über 70 Prozent der selbst vermarktenden Künstler/innen die Unterstützung von Expert/innen bei der Umsetzung von Kampagnen und ein größeres Netzwerk. 59 Prozent können sich vorstellen, bei einem Label zu unterschreiben.

Musiker/innen, die bereits bei einem Label unter Vertrag stehen, nennen zu 55 Prozent die Unterstützung durch Expert/innen und zu 49 Prozent den Zugang zum Netzwerk der Entscheider/innen als Grund für ihre Entscheidung.

Überraschenderweise könnten sich ganze 60 Prozent trotzdem vorstellen, sich in Zukunft (wieder) selbst zu vermarkten.

Gerechtere Verteilung von Einnahmen

Mit 87 Prozent männlichen Teilnehmern zeige die Umfrage laut recordJet, was in vielen Teilen der Musikbranche zu beobachten ist: Frauen und marginalisierte Gruppen sind nach wie vor unterrepräsentiert. RecordJet weist darauf hin, dass es "jetzt mehr Unterstützung, Förderungen und Initiativen für sowohl weibliche Musikerinnen als auch Mitglieder der LGBTQAI+ Community braucht".

Jorin Zschiesche zufolge sollen die Ergebnisse außerdem zeigen, dass noch immer an einem fairen und nachhaltigen Bezahlungsmodell gearbeitet werden muss.

"Streaming-Dienste, Vertriebe, Labels, aber auch die Gesetzgeber:innen müssen eng mit den Musiker:innen zusammenarbeiten, um ein Modell zu schaffen, das alle Künstler:innen [...] gleichermaßen unterstützt. Die Vision wäre ein User-zentriertes Modell, das für eine gerechtere Verteilung der eigentlich bereits hohen Gesamteinnahmen im Markt sorgt"

Ähnliche Themen

Musicboard Berlin stellt Förderprogramme 2024 vor

Ausblick

Musicboard Berlin stellt Förderprogramme 2024 vor

veröffentlicht am 28.12.2023

Axel Müller, Vorsitzender von PRO MUSIK, über die finanzielle und soziale Wertschätzung selbstständiger Musiker/innen

"In der Musikbranche liegt vieles im Argen"

Axel Müller, Vorsitzender von PRO MUSIK, über die finanzielle und soziale Wertschätzung selbstständiger Musiker/innen

veröffentlicht am 13.06.2023   8

Ryan Rauscher über die Auswirkungen eines User-Centric Payment Modells für Streaming-Einnahmen

"Ein neues Modell würde alte Strukturen radikal verändern"

Ryan Rauscher über die Auswirkungen eines User-Centric Payment Modells für Streaming-Einnahmen

veröffentlicht am 19.05.2023

Studie zeigt schwierige wirtschaftliche Lage deutscher Berufsmusiker/innen

Repräsentative Befragung des miz

Studie zeigt schwierige wirtschaftliche Lage deutscher Berufsmusiker/innen

veröffentlicht am 25.04.2023   6

Newsletter

Abonniere den Backstage PRO-Newsletter und bleibe zu diesem und anderen Themen auf dem Laufenden!