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Verzögerte Folgen

Verwertungsgesellschaften verzeichnen drastischen Einnahmerückgang wegen Corona

Spezial/Schwerpunkt von Backstage PRO
veröffentlicht am 29.10.2021

cisac

Verwertungsgesellschaften verzeichnen drastischen Einnahmerückgang wegen Corona

Corona hat Konzerte 2020 unmöglich gemacht - die finanziellen Folgen für Musiker/innen zeigen sich teilweise erst jetzt. © Photo by Johannes Havn via Pexels

Der "Global Collections Report" der CISAC, des Dachverbandes der Verwertungsgesellschaften, verzeichnet wegen der Corona-Pandemie Einnahmeeinbußen in Höhe 9,9 Prozent. Der Verband warnt davor, dass Kunstschaffende die Folgen der Pandemie auch 2022 noch spüren werden.

Die International Confederation of Societies of Authors and Composers, kurz CISAC, beleuchtet in ihrem am 27. Oktober 2021 veröffentlichten Global Collections Report die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie. Der Bericht beziffert die Einnahmeeinbußen aller Verwertungsgesellschaften 2020 auf fast 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, was in absoluten Zahlen einen Verlust von über einer Milliarde Euro bedeutet. 

Dieser enorme Verlust bedeutet in erster Linie, dass Kunstschaffende 2021 für den Vorjahreszeitraum niedrigere Tantiemenzahlungen erhalten. Gleichzeitig zeigt sich, dass die Folgen der Pandemie sowie der Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung auch 2022 noch spürbar sein werden: Durch die versetzte Zahlung von Tantiemen setzen sich die Einkommensverluste der Kunstschaffenden aufgrund der Pandemie auch nach deren eigentlicher "Hochphase" fort. 

Problemfeld live

Im Bereich Musik stellt die CISAC für das Jahr 2020 einen Verlust in Höhe von 10,7 Prozent fest; einen Rückgang der Tantiemenzahlungen um 775 Millionen Euro. Die Einnahmen der Verwertungsgesellschaften im Bereich Musik entsprechen dabei 88 Prozent der gesamten Einnahmen aller Verwertungsgesellschaften.

Wenig verwunderlich ist es, dass gerade die Live-Branche, die insgesamt 17 Prozent des gesamten Einkommens der CISAC ausmacht, die Auswirkungen der Pandemie am stärksten zu spüren bekommen hat: Die Einnahmen der Verwertungsgesellschaften im Live-Segment fielen 2020 um ganze 45,4 Prozent, von 2,9 Milliarden Euro (2019) auf nur noch 1,6 Milliarden Euro. 

Die CISAC rechnet damit, dass die Einnahmen der Verwertungsgesellschaften – und damit die ausgezahlten Tantiemen – aufgrund der 2021 herrschenden Sicherheitsbestimmungen und Kapazitätsbeschränkungen auch im kommenden Jahr geringer ausfallen werden als vor der Pandemie. Gleichzeitig rechnet die CISAC 2022 dafür mit einer hohen Nachfrage nach Live-Events, sodass 2023 mit einem Einnahmenaufschwung zu rechnen ist. 

Musikmarkt bleibt stark

Gleichzeitig zeigt der Bericht der CISAC, dass der digitale Markt sich nicht nur resilient zeigte, sondern im Verlauf des Jahres 2020 sogar erneut gewachsen ist: Die Einnahmen der Verwertungsgesellschaften aus dem digitalen bzw. insbesondere aus dem Streaming-Bereich wuchsen im Vergleich zu 2019 um 16,6 Prozent.

Die Mehreinnahmen aus dem Streaming-Bereich konnten Verluste in anderen Recorded Music-Segmenten, darunter einen Rückgang von 4,3 Prozent im wichtigen Rundfunk-Segment abfedern, aber nicht gänzlich ausgleichen. Insgesamt verzeichnete der Bereich der recorded music damit ein Wachstum von immerhin 7,4 Prozent. 

Streaming in der Verantwortung

Die wichtige Funktion des Audio-Streamings für die Verwertungsgesellschaft darf laut CISAC jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Einnahmen aus dem digitalen Sektor noch immer hinter den Erwartungen zurückbleiben. Der Bereich macht trotz seiner Popularität insgesamt gerade einmal ein Viertel der weltweiten Einnahmen aus – der populärste Sektor bleibt nach wie vor der Rundfunk. 

Gadi Oron, CISAC Director General, merkt daher an, dass die Auseinandersetzung mit dem Zustand des digitalen Tantiemenmarktes immer wichtiger wird:

"Die Zunahme digitaler Sammlungen hat den Rückgang anderer Einnahmequellen abgefedert, was den Bemühungen der CISAC-Gesellschaften um einen Strategiewechsel, eine Umschichtung von Ressourcen und eine verstärkte digitale Lizenzierungstätigkeit zu verdanken ist. Die Pandemie war ein Katalysator für Veränderungen und beschleunigte den Übergang zur Digitalisierung, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann."

Diese Bedeutung der Pandemie als Katalysator für die Digitalisierung spiegelt sich auch darin wider, dass gerade im Jahr 2020 der Protest der Musikschaffenden gegen die Auszahlungspraktiken von Streaming-Plattformen wie Spotify deutlich lauter geworden ist.

Durch die ausbleibenden Einnahmen in anderen Bereichen fällt die geringe Entlohung, die die meisten Plattformen zahlen – und die diese sogar noch weiter drücken wollen – gerade für kleine und mittlere Musikerinnen und Musiker deutlich ins Gewicht. 

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