Die Lage spitzt sich zu
Branchenverband warnt vor den Folgen des Personalmangels in der Veranstaltungsbranche
© Tuur Tisseghem via Pexels
Der Verband Deutscher Event- und Sicherheitsdienstleister (VESD) schreibt in seinem auf Facebook geteilten Brandbrief an Politik und Medien von der schieren Menge der wegen Corona verlegten Konzerte – und die Schwierigkeit, diese mit den verbliebenen Personalressourcen zu bewältigen.
Zu große Verantwortung
Der Verband fürchtet, dass das Nachholen sämtlicher verschobener Konzerte mit der inzwischen immens geschrumpften Zahl der Angestellten in der Event- und Sicherheitsbranche unmöglich werde. Das Ergebnis seien weitere Absagen bereits ausverkaufter Konzerte.
Dies ist insofern dramatisch, als die gesamte Haftung für Konzertabsagen – einschließlich der Rückerstattung von bereits bezahlten Tickets – bei den Veranstaltenden liegt.
Die staatliche Ausfallversicherung übernimmt run 90 Prozent der tatsächlich anfallenden Absagekosten – doch nach zwei Jahren Pandemie können sich laut VESD zahlreiche Veranstalterinnen und Veranstalter auch die verbleibenden Rückzahlungen nicht mehr auf Dauer leisten. Etwaige Rücklagen seien inzwischen restlos aufgebraucht.
Personalmangel
Die meisten der nur kurzfristig beschäftigten ArbeitnehmerInnen hätten bereits kurz nach Beginn der Pandemie die Branchen gewechselt, heißt es in dem Brandbrief weiter.
Wenn nun auch die Veranstaltenden nach und nach aufgeben müssten, würde das zu einem Domino-Effekt führen: Zuerst würde den Dienstleister/innen um das Veranstaltungsgewerbe "sterben", dann die Clubs und Hallen – und letztlich würden auch die Musikerinnen und Musiker die Auswirkungen spüren, da diese mit Streaming-Einnahmen allein nicht überleben können.
Bereits im kommenden Herbst würden laut VESD unzählige Bands und MusikerInnen ihre professionelle Karriere aufgeben müssen, da ihnen die Konzertgagen fehlen. Dies würde letztendlich durch den Personalmangel und die daraus entstehenden, wirtschaftlichen Probleme nur noch verstärkt.
Der Verband der Event- und Sicherheitsdienstleister befürchtet hier einen irreversiblen Verlauf, gegen den dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen. Es gelte, altes Personal zu reaktivieren, bestehendes zu halten und neues rekrutieren zu können. U.a. sollen dazu folgende Punkte durchgesetzt werden:
Aufstockung der Freigrenze für geringfügig Beschäftigte in der Eventbranche von 450 Euro auf 1.200 Euro
Vereinfachungen zum Einsatz kurzfristig Beschäftigter (Anhebung der Einsatz- bzw. Zuverdienstgrenzen)
Entbürokratisierung von formellen Voraussetzungen für Arbeitsverträge und Zusammenarbeit von Dienstleistenden bei Großveranstaltungen
Anerkennung für kulturelle Nebentätigkeiten: Erleichterungen für die Arbeitnehmer/innen bei der Verdienstgrenzenermittlung (Ausgleich über mehrere Monate) und Einsatzzeiten
Rückkehrförderung in die Branche und Chancenhilfen für den Übergang in regelmäßige Arbeitsverhältnisse
Kompensation von Personalmehraufwendungen
Reform des § 34a GewO: Veranstaltungsordnungsdienst ist in vielen Bereichen nicht mit Bewachung im Sinne des Gesetzes gleich zu stellen. Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, auch "nicht 34a Kräfte" im Ordnungsdienst bei Großveranstaltungen einsetzen zu können.
Der Brandbrief des VESD
Der Brief des VESD ist von zahlreichen Branchengrößen unterschrieben, darunter die Batschkapp Konzert und Promo GmbH, FKP Scorpio, Karsten Jahnke, KKT, Semmel und #AlarmstufeRot.
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