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Holy Orange - The Black Noise

Holy Orange - The Black Noise

Release von Holy Orange

: 01.11.2012
Produktion: DIY
Label: Selbstvertrieb

Tracks
  1. Always on my mind (Holy Orange - The Black Noise, 2012)Kommentar
    Track auf Soundcloud
  2. Morella (Holy Orange - The Black Noise, 2012)Kommentar
    Track auf Soundcloud

Bezug über

holyorange.bandcamp.com...lack-noise-2

Details

Wie war das gleich mit der Gnade der späten Geburt? In Bezug auf meinen Mu­sikgeschmack und die damit leider verpassten Konzerte sollte ich wohl eher von der Ungnade der späten Geburt sprechen. Passender wäre das wohl … denn: 1995, gerade im Halbstarken-Alter, fand ich großes Interesse an der dunkel-romantischen Seite der musikalischen 80er. Depeche Mode und The Cure kannte man ja noch von MTV, doch nun sollte die Reise in wesentlich schwärzere Regionen gehen … Die Gruft-Szene übte eine starke Faszination auf mich aus, ich saugte alles auf was mir in die Finger kam, abonnierte das Zillo, studierte die Mailorder Kataloge von A.M. Music, Martz oder Indietective und durchstöberte Dortmunder Plattenläden wie Last Chance oder Subway Records. Fortan hörte ich Gruppen wie Fields of the Nephilim, Sisters of Mercy oder Christian Death. Außerdem war ich seit langem ein Liebhaber der schauri­gen Geschichten von E.T.A. Hoffmann und E. A. Poe. Vor allem Poes Faszination für Träume und das Morbide hatten mich in ihren Bann gezogen. In meinen Lieblingsgeschichten ging es fortwährend um das Dahinsiechen junger Frauen und die Ästhetik des Grauens (Berenice, Eleonora, Ligeia und Morella).
Als mir dann 1997 ein Sampler mit dem verheißungsvollen Titel Godfathers of German Gothic Vol. III in die Hände fiel, war es ein Stück, das sofort bei mir hängen blieb und mich seitdem nicht mehr loslassen sollte: Morella. Die Band hieß Holy Orange - was für ein schräger Name für eine Schwarzkittel Band … Zu jener Zeit waren Mixtapes noch aktuell und Morella war eine meiner Kon­stanten, die nahezu automatisch den Weg auf meine Kassetten mit gothischen Favoriten fand. Ein Jahr später kam dann die Fortsetzung der Sampler Reihe heraus, die auf den Namen Ghostriders of German Gothic hören sollte, und mit ihr gelangte ein zweiter Song von Holy Orange namens Pretty Baby ans Tageslicht. Holy Orange teilten also meine Faszination für (Poes) Frauenge­schichten (sic!).
2004 habe ich schließlich sogar eine Cover-Version von Morella aufgenommen, die ich allerdings erst 2010 veröffentlicht habe. Es war auch zu dieser Zeit, dass ich das Internet für mich entdeckte und anfing, nach Informationen über Holy Orange zu recherchieren. Mich ließ das Gefühl einfach nicht los, dass es da noch mehr Songs von Holy Orange gab, die darauf warteten entdeckt zu werden. Morella und Pretty Baby waren einfach zu gut, als dass sie die einzigen Titel einer Band hätten sein können, die „das Zeug, senkrecht zu starten“ gehabt hatte und die „hätte groß werden müssen“. (Josef K.)
Nachdem das Internet kaum Verwertbares ausspuckte, beschloss ich den Ver­antwortlichen der Sampler Reihe zu kontaktieren und somit der Sache auf den Grund zu gehen. Ich wendete mich per E-Mail an Josef K. und bekam auch prompt ein paar Tipps, bei wem ich es probieren könnte. So versuchte ich es über die Jahre mehrfach bei Endi Neumann von Suppen­kazpers Noize Imperium und bemühte mich, die verbliebenen Bandmitglieder - die da auf solche Namen wie Spray Athen, Ernie Ball oder Sue E. Side (!) hör­ten - ausfindig zu machen, was aber leider nicht von Erfolg gekrönt war.
Als dann unverhofft und ein paar Jahre später, Konzertfotos von Holy Orange im Internet, auf der Seite des Mainzer Zentralstudios, auftauchten, die die Band 1989 (damals schon nicht mehr in der Originalbesetzung …) beim Auftritt im Mainzer Kulturzentrum (KUZ) zeigen, wurde mein Feuer wieder entfacht.
Aber es sollten noch ein paar weitere Jahre vergehen, ehe meine Suche ihr Ende nahm ...
2011 tauchte dann, wie aus dem Nichts, ein Myspace Profil von Holy Orange auf, das auf den ehemaligen Drummer Ernie zurückging. Siehe da, Holy Orange hatten seiner Zeit mehr als nur zwei/drei Aufnahmen gemacht, und ich konnte mir neben den bereits bekannten zwei Titeln noch ein ganzes Dutzend weiterer Songs anhören. Wahnsinn!
Nun hatte mich das Gespenst Holy Orange lange genug verfolgt und das neu entdeckte Material war gut genug, um auf einer Anthologie veröffentlicht zu werden. Ich würde mich also wieder bei Myspace anmelden, Ernie kontaktieren und ihm anbieten, die Songs auf Cathedral Music zu veröffentlichen. Mein Ent­schluss war gefasst. Ich konnte ja nicht ahnen, welche Lawine ich damit auslöste ...
Wir schreiben nun das Jahr 2012, Holy Orange sind seit einem Jahr wieder in Originalbesetzung zusammen, proben regelmäßig und haben nach zwei Deka­den wieder erste und gefeierte Live-Auftritte absolviert (mehrere Auftritte an der US-Westküste stehen zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Zeilen kurz bevor!). Die Band hat keine (Studio-)Kosten und Mühen gespart und liefert mit dieser brandneuen CD, die auf den verheißungsvollen Titel The Black Noise hört, das erste Album in der fast 30 jährigen Bandgeschichte.
Morella tanzt wieder, ohne Knochenschwund und Alterslähmung.

Benjamin Siebert,
im August 2012

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