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Künstlermobilität in Europa

Europäische Musikverbände fordern EU-weiten Dialog zu grenzüberschreitenden Tourneen

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 28.07.2023

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Europäische Musikverbände fordern EU-weiten Dialog zu grenzüberschreitenden Tourneen

© Aditya Chinchure via unsplash.com

Eine Gruppe europäischer Musikverbände fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, einen Dialog mit der Musikindustrie aufzunehmen, um die Herausforderungen im europäischen Tourneegeschäft zu diskutieren.

Pünktlich zur EU-Ratspräsidentschaft von Spanien hat die Gruppe bestehend aus IAO (International Artist Organisation), IMPALA (Independent Music Publishers and Labels Association), FIM (International Federation of Musicians), EMEE (European Music Exporters Exchange), Live DMA, Liveurope und EMMA (European Music Managers Alliance) einen offenen Brief mit dem Titel "A New European Vision for Touring" [PDF] veröffentlicht.

Dieser thematisiert die konkreten Probleme, mit denen Musiker/innen aktuell konfrontiert werden, wenn sie durch Europa touren. 

"Es bedarf einer neuen Vision für Europatourneen, die die Sicherheit, die Zusammenarbeit und den grenzenübergreifenden kulturellen Austausch im gesamten europäischen Wirtschaftsraum verbessert und zugleich die europäische Kultur und Liveszene fördert."

Eine Vielzahl von Problemen

Es ist naheliegend, dass sich Künstler/innen im Vereinigten Königreich durch den Brexit mit einer Reihe neuer Herausforderungen gegenüber gestellt sehen, wenn sie durch Europa touren. Sie sind aber nicht die einzigen mit Schwierigkeiten.

Betroffene sind außerdem Veranstaltungsorte und Festivals, aber auch in der EU ansässige Künstler/innen, die mit Musiker/innen außerhalb der EU zusammenarbeiten wollen.

Daher enthält der offene Brief eine Liste mit Problemen. Darunter fallen unter anderem die Visaproblematik von Künstler/innen, Zugang zu Zolllizenzen, die übermäßige Steuerbelastung, die aktuellen Kabotageregeln, die Finanzierung von Veranstaltungen und Probleme beim Transport von Musikinstrumenten mit dem Flugzeug.

Die Visa-Problematik

Der Schengen-Raum in Europa bietet bereits visumfreie Zonen und ein harmonisiertes Visum für Tourismus- und Geschäftsreisen mit einer Dauer von bis zu 90 Tagen. Allerdings sind nicht alle Länder von der Zone abgedeckt. Zudem unterscheiden sich die nationalen Vorschriften, ob ein solches Visum ausreichend ist, je nach Herkunftsland.

Der offene Brief betont, dass die EU Visa Probleme hat, die über den Schengen-Raum hinausgehen. Außerdem kann die Schengen-Regelung 90/180 Probleme für Künstler/innen verursachen, die nicht aus dem Schengen-Raum kommen.

Besserer Zugang zu Zolllizenzen

Sog. Carnets, also Zolllizenzen, die nötig sind, um Musikinstrumente und anderes Equipment in die EU einzuführen, können Sicherheitsleistungen von bis zu einem Drittel des Werts des betreffenden Instruments erfordern.

Die damit verbundenen hohen Kosten belasten insbesondere kleine und mittelgroße Bands und Künstler/innen und halten Acts sogar davon ab, innerhalb der EU auf Tour zu gehen.

Die übermäßige Steuerbelastung reduzieren

Bei Auftritten von Künstler/innen im europäischen Ausland wird meist eine Quellensteuer auf das Künstlerhonorar erhoben, das je nach Land bis zu 30% der Gage ausmachen kann. Dieser Umstand bedingt unfaire Chancenverhältnissen von Musiker/innen unterschiedlicher Herkunft, da US-amerikanische Künstler/innen etwa sind von dieser Besteuerung befreit sind.

Zu dieser hohen steuerlichen Belastung kommt dann meist noch die Doppelbesteuerung der Einkünfte der Künstler durch ihre jeweiligen Heimatländer hinzu.

Zukunftssichere Kabotageregeln

Für die Beförderung von Gütern innerhalb der Region ist eine Gemeinschaftslizenz (Kabotage) erforderlich, es sei denn, es gilt eine Ausnahme. In der Praxis bedeutet dies, dass die Anzahl der Stopps auf einer Tour begrenzt ist, wenn keine Ausnahmen gelten.

Ausnahmen gelten jedoch nur für Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von weniger als 2,5 Tonnen oder für den Fall, dass der Tour-Veranstalter die Ausrüstung besitzt. Beides ist jedoch nicht immer der Fall.

Bessere Finanzierungsmöglichkeiten auf EU-Ebene

Es sollte geprüft werden, inwiefern die EU Fördermittel einsetzen kann, um diesen Problemen zu begegnen.

Des Weiteren sollten Initiativen, die sich als hilfreich bei der Finanzierung erwiesen haben, weiter unterstützt und ausgebaut werden.

Verbesserter Transport von Musikinstrumenten

Beschränkungen für die Beförderung von Musikinstrumenten an Bord von Flugzeugen behindern die Mobilität von Künstler/innen innerhalb der EU erheblich.

Fluggesellschaften haben keine einheitliche Politik für die Beförderung von Instrumenten als Handgepäck, und die Durchsetzung der bestehenden Politik durch das Flughafenpersonal bleibt willkürlich und unvorhersehbar. Die Instrumente als Gepäck aufzugeben, ist keine Option, da Beschädigungen drohen.

Bewährte Konzepte beibehalten

Um diesen und weiteren Problemen optimal begegnen zu können, bittet die Gruppe um die Fortführung von Initiativen, die sich bereits als wesentlich für den Sektor erwiesen haben.

Das wäre zum einen die Möglichkeit der EU-Kommission, Studien in diesem Bereich in Auftrag zu geben und zum anderen die Entwicklung von Mobilitätsinfopunkten auf nationaler Ebene zu stärken.

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