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Ersatz fürs alte Stimmgerät?

Hands-on! Der Backstage PRO Community-Test: Der "Roadie Tuner"

Review von Malik Aziz
veröffentlicht am 23.04.2015

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Hands-on! Der Backstage PRO Community-Test: Der "Roadie Tuner"

Hands-On! Der Roadie Tuner im Test. © Malik Aziz

Die Hyperactive Audiotechnik GmbH und Backstage PRO gaben euch die Möglichkeit, einige spannende Produkte auf Herz und Nieren zu testen. Der vierte Autor in dieser Serie ist Malik Aziz (Start A Revolution / Sidestream Podcast). Er testete den Roadie Tuner, der seinem "Chef" das Gitarrestimmen vereinfachen soll.

Autor: Malik Aziz.
Der getestete Roadie Tuner wurde durch die Hyperactive Audiotechnik GmbH zur Verfügung gestellt.

Welcher Gitarrist hat sich noch nie einen Roadie herbeigesehnt, der einem leidige Arbeiten auf der Bühne oder im Studio abnimmt? Und da ist er nun, wenn er uns auch keine Boxen schleppt, so will er uns doch das ewige Nachstimmen vereinfachen: Der Roadie Tuner ist im Prinzip eine elektrische Saitenkurbel mit eingebautem Stimmgerät für alle Saiteninstrumente (Gitarren, Sitar, Ukulele, you name it). Benötigt wird zum Betrieb ansonsten nur ein Smartphone (iOS, Android).

Der erste Eindruck

Da wir mit Start A Revolution gerade täglich mit dem Recorden unseres neuen Albums im Studio beschäftigt sind, kam mir bzw. uns Saitenschwingern der Test eines automatischen Gitarrenstimmgerätes gerade recht. Schließlich muss die Gitarre alle paar Minuten aufs Genaueste gestimmt werden, damit auch bei Dopplungen alle Töne sauber klingen. Entsprechend gespannt waren wir, als wir den Roadie Tuner auspackten…

Der Roadie Tuner kommt in einer hübschen Verpackung daher. Wer schon mal ein iPhone ausgepackt hat, weiß in etwa, wovon ich spreche. Das Nötige ist dabei: Der Tuner selbst, ein Ladekabel (USB auf Micro-USB) und ein Verbindungskabel von der E-Gitarre zum Smartphone (Miniklinke auf große Klinkenbuchse). Ein kurze Gebrauchsanleitung rundet das Bild ab.

Die App kann man sich vorab kostenfrei auf das Smartphone laden (in meinem Fall iPhone 6, Android haben wir nicht getestet). Eins wird aber schnell klar: ohne das Gerät kann man damit nicht viel anfangen.

Praxiseinsatz

Also los geht’s: Bluetooth am iPhone anmachen, die App aufrufen und einen Knopf am Gerät drücken, schon ist der Roadie Tuner einsatzbereit. Naja, außer man möchte eine E-Gitarre stimmen, dann muss halt noch die Klampfe mit dem iPhone verbunden werden, da stolpere ich über die erste Hürde:

Wie wohl die meisten User benutze ich mein Phone in einer Hülle. Diese ist nicht besonders dick (ca. 1mm), dennoch ist der (Standard-)Klinkenstecker im mitgelieferten Kabel nicht lang genug, um ganz im Telefon zu verschwinden – somit gibt’s auch keine Verbindung. Das Fon muss also aus der Hülle, was im Praxisalltag schade ist. Mit einem längeren Stecker könnte man dies umgehen.

Mit dem nackten Fon geht’s weiter, ein etwas ungutes Gefühl, da man gleich ein paar Dinge gleichzeitig auf den Knien balanciert: Das Fon, das am Kabel der Gitarre hängt, die Gitarre selbst, die man mit einer Hand festhält und dann der Tuner, den man mit der anderen Hand möglichst ruhig an den Mechaniken ansetzen und halten muss.

Das Gerät

Der Tuner selbst wirkt solide verarbeitet, liegt gut in der Hand und hat einen gut durchdachten "Bohrkopf" vorne dran. Bei meinen Tests passte er problemlos an die unterschiedlichsten großen, kleinen, eng beieinander stehenden und weit entfernten Mechaniken von A- und E-Gitarren.

Eine mehrfarbige LED-Anzeige oben teilt mit, ob das Gerät per Bluetooth verbunden ist, ob der Ton stimmt (dann gibt’s auch ein deutliches Piepsen) oder was es sonst von mir will.

Eine Wippentaste lässt mich den Kurbelkopf per Hand in beide Richtungen drehen (praktisch, wenn man mal eben eine Saite aufziehen will und nicht selbst kurbeln mag).

Das Drehmoment ist gut gewählt, sowohl ein einfaches Festhalten (auch für Kinder) als auch präzises Drehen der Mechaniken ist gewährleistet.

Die App

Zuerst ging ich nun daran, in der App eine Gitarre einzurichten. Jede Gitarre wird einzeln eingegeben und das Gerät darauf kalibriert, wie sehr sich bei diesem Instrument durch Drehungen des Motors die Tonhöhe ändert (kleine/große Mechaniken), sodass der Roadie nachher genauer stimmen kann. Getestet wurde mit drei verschiedenen Gitarren (elektrisch mit aktiven Pickups, elektrisch passiv, akustisch via Kabel und via Audio-Erkennung).

In der App ist per Schieberegler einstellbar, ob man lieber schneller oder präziser gestimmt haben möchte. Pro Saite kann man bei "präzise" etwa mit 2-30 Sekunden rechnen, "schnell" beansprucht etwa die Hälfte der Zeit.

Leider hing sich die App zumindest auf meinem iPhone 6 im Test mehrmals auf (keine Reaktion mehr), doch regelmäßige Updates lassen hier auf Besserung hoffen. Zudem sind unsere Gitarren auf Drop-C gestimmt (CGCFAD), eine Stimmung, die man dem Gerät erst einmal beibringen muss. Das ist zwar möglich, aber schade – schließlich könnte so eine App einfach mal alle möglichen Stimmungen von Haus aus mitbringen.

Laut Werbung erkennt das Gerät "3x genauer als ein menschliches Ohr" die Stimmung der Saite. Aber die auf ein tiefes C gestimmte E-Saite erwies sich als Herausforderung für den Tuner, der die Saite manchmal abwickelte, bis sie nur noch scheppernd auf dem Hals liegt, manchmal zu weit nach oben drehte. Und manchmal stimmt er auch einfach die Saite richtig. Letzteres nach einer Eingewöhnungszeit in etwa 80% der Fälle. Zu wenig, für meinen Geschmack.

Dabei stimmte sich eine Akustikgitarre in einem ruhigen Raum ca. 20cm vom iPhone-Mikrofon entfernt genauso wie ein E-Gitarre via Kabel. Ich konnte im Testzeitraum nicht nachvollziehen, wann die App (denn die misst Tonhöhen, das Gerät ist quasi nur der verlängerte elektrische Arm) völlig falsch entscheidet, aber wenn es passiert macht dies jeden Zeit- oder Convenience-Vorteil zunichte.

Sehr praktisch ist eigentlich die Funktion, dass der Roadie Tuner automatisch die zu stimmende Saite erkennt, sodass man nicht vorwählen muss, welche man nun stimmen möchte. Die funktioniert jedoch nicht komplett zuverlässig, ganz im Gegensatz zum "sequentiellen Stimmen":

Beim sequentiellen Stimmen geht die App einfach davon aus, dass man die Saiten von oben nach unten stimmt. Das spart einem auch Tipperei, ist aber nicht ganz so komfortabel. Schlägt man aus Versehen einmal eine falsche Saite an, reagiert die App allerdings robust und kurbelt nicht sofort in irgendeine Richtung, sofern man sich schnell korrigiert.

Was richtig schön aussieht und auch klasse funktioniert ist das visuelle akustische Stimmgerät, das auch in die App eingebaut ist. Da gibt es einige andere Apps im App-Store, die das nicht so schön gelöst haben!

Fazit

Malik Aziz (Start A Revolution / Sidestream Podcast)

Malik Aziz (Start A Revolution / Sidestream Podcast)

Mein Eindruck ist gemischt: Wenn das System tut, was es soll, hat man seine Gitarre (im Fast-Modus) mal flott in 20 Sekunden nachgestimmt. Wenn nicht, hat man jedoch mehr Fummelei als Nutzen.

Grundsätzlich muss man bei der Nutzung dieses Gerätes nicht nur die reine Stimmzeit, sondern das Setup des Gesamtsystems bedenken, vom Auspacken des Smartphones aus der Hülle, Kabels stecken, App starten bis zum Geräteeinsatz – und wieder Rückwärts, bis die Gitarre im Proberaum oder auf der Bühne wieder einsatzbereit ist.

Beim Abwickeln von Saiten ist der kleine Motor natürlich Gold wert – aber weder beim Aufziehen und gleichzeitigen Stimmen neuer Saiten noch auf der Bühne oder im Studio (wo wir einen Racktuner benutzen) bringt das Gerät einen immensen zeitlichen Vorteil. Mit jedem Stimmgerät ist man mindestens genauso schnell, und wenn das dauerhaft angeschlossen ist, noch deutlich schneller.

Also für unsere recht typische Rockband-Anwendung empfiehlt sich allemal mehr ein Tuner, der dauerhaft im Signalweg eingeschliffen ist – oder der teure Griff zu wirklich selbststimmenden Gitarrensystemen mit eingebauten Motoren in den Mechaniken.

Mögliche Einsatzgebiete, die nicht meiner persönlichen Anwendung entsprechen, wo der Roadie Tuner aber deutlich praktischer sein kann, wären:

  • Wenn man (z.B. im Gitarrenladen) sehr viele Gitarren flott hintereinander stimmen will.
  • Wenn man ständig zwischen z.B. Open- und Standard-Stimmung hin- und herstimmen möchte, ohne sich jedes Mal zu merken, wie da nochmal die genauen Tonbezeichnungen für jede Saite waren.
  • Anfänger, die sich mit dem Stimmen ihres Instruments schwer tun, können davon profitieren, es "stimmen zu lassen". Das Stimmen nach dem Ohr und die "normale" Nutzung eines Stimmgerätes sollte man sich aber dennoch weiterhin beibringen.

Bewertung

(+) gute Verarbeitung
(+) cleverer Drehkopf, der auf viele Mechaniken passt
(+) Drehmoment gut ausgewogen
(+) problemlose Verbindung mit der App (iOS)

(-) Verbindungskabel-Stecker nicht tauglich für Einsatz mit Smartphones in Hüllen
(-) App hat noch Bugs
(-) subjektiv empfunden relativ hoher Preis von 109€ (UVP inkl. 19% MwSt)

Roadie Homepage für weitere Informationen besuchen

Unternehmen

Backstage PRO

Das Profinetzwerk für die Musikszene

Hyperactive Audiotechnik GmbH

Import und Vertrieb von innovativer Audiotechnik

Personen

Malik Aziz

Musiker aus Aachen Gitarrist, Sänger bei DARKK und bei START A REVOLUTION

Artists

START A REVOLUTION

Post-Hardcore/Metal aus Aachen

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