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Das freie Spiel üben

Jammen wie die Profis: So gehen euch beim Improvisieren nie wieder die Ideen aus

Spezial/Schwerpunkt von Manu Holmer
veröffentlicht am 19.12.2023

üben probe improvisation

Jammen wie die Profis: So gehen euch beim Improvisieren nie wieder die Ideen aus

Es gibt viele Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass euch beim Jammen die Ideen nicht ausgehen. © Flavio via unsplash.com

Manche nennen es das freie Spiel, andere Impro oder einfach nur Jam. Doch egal, wie ihr es nennt: Es gibt viele gute Gründe, einfach drauflos zu musizieren. Schmeißt die Noten aus dem Proberaumfenster und lasst die Funken sprühen? YEAH! Leider ist die Praxis für viele Musizierende dann doch nicht so leicht. Auch beim Jammen gibt es nämlich einige Hürden zu meistern. Welche das sein können und wie euch beim Improvisieren nie wieder die Ideen ausgehen, erfahrt ihr hier.

Vielleicht kennst du es auch: Du triffst dich zum gemütlichen Jam im Proberaum. Ihr quatscht ein wenig, macht euch spielbereit und plötzlich richten sich alle Ohren auf dich. "Spiel doch mal was."

Was harmlos klingt, sorgt immer wieder für spontane Schweißausbrüche. Auch für dich ist Jammen manchmal wie der Wald, den du vor lauter Bäumen nicht sehen kannst? Dieses Gefühl kennen wohl die meisten von uns.

Mit einfachen Ideen starten

Dabei genügt es als Eisbrecher bei einer Jam-Session mit einer einfachen Idee zu starten. Das kann ein klassischer Standard-Rhythmus am Schlagzeug, aber auch eine einfache Akkordfolge an der E-Gitarre sein. Mit dieser simplen Idee können die anderen Musizierenden nun arbeiten. Sie hängen sich dran, spinnen den Gedanken weiter oder lenken den Impuls in ganz neue Bahnen.

Mut zur Einfachheit ist die Devise. Der Fokus auf das Wesentliche erleichtert den Einstieg ins gemeinsame, freie Spiel. Dazu gehört auch, sich gegenseitig zuzuhören. Jammen benötigt zwar kein übergeordnetes Ziel oder einen Zweck, um Spaß zu machen. Trotzdem könnt ihr es hin und wieder auch als Übung für eure Konzentration und die Ohren betrachten:

Aktives Zuhören

Genauso wie in einem Gespräch konzentriert ihr euch voll darauf, was die anderen spielen. Überlegt nicht, wie ihr musikalisch darauf antworten könnt. Hört wirklich nur zu. Klinkt euch erst dann ein, wenn es sich so richtig gut anfühlt. Denkt daran: Pausen sind nicht nur erlaubt. Sie sind wie das Salz in der Suppe.

Versucht außerdem, euren Jam nicht zu bewerten. Kein "Mega gut!" oder "Argh, das war nichts …" im Kopf, sondern einfach nur Musik im Herzen. Ihr werdet überrascht sein, was durch aktives Zuhören entstehen kann. Übrigens ist diese Übung auch eine wunderbare Kur gegen ein allzu bekanntes Missempfinden.

Vom Frust, immer nur dasselbe zu spielen

Viele Musizierende kennen das Gefühl, irgendwie immer nur dasselbe zu spielen.

  • Dieselbe Taktart.
  • Dieselbe Tonart.
  • Dasselbe Alles.

Gefühlt klingt die eigene Musik wie eine Endlosschleife, eben nicht sonderlich abwechslungsreich. Auch dir wollen beim Jammen partout keine neuen Ideen einfallen? Sie kommen in der Regel mit fortschreitender Spielerfahrung. In Bands ist es außerdem ganz normal, dass ihr euch erst zusammenfinden müsst. Bis es soweit ist, könnt ihr bereits Vorhandenes für kreativere Sessions nutzen:

Jammt ihr zum Beispiel immer am Anfang oder zum Schluss eurer Bandprobe, kann jedes Mal jemand anderes damit beginnen. Möglich ist auch, dass zwei Leute starten und die anderen ein wenig später einsetzen. Oft ist es ja so, dass automatisch das Schlagzeug die Grundlage für die gemeinsame Improvisation legen soll.

Variiert eure Sessions

Das hat sich vielleicht bewährt, aber es geht auch kreativer. Startet eure Sessions daher nicht immer gleich. Verändert sie stattdessen bewusst, um frischen Wind in den Proberaum zu bringen. Das Schöne an solchen rotierenden Jams ist auch, dass dabei die Ideen von allen Bandmitgliedern gehört werden.

Natürlich darf niemand dazu gezwungen werden, einen Jam zu beginnen. Häufig kristallisiert sich im Laufe der Zeit jedoch eine gewisse „Rangordnung“ in Bands heraus. Stillere Persönlichkeiten nehmen sich manchmal in Gruppen mit lauteren Stimmen zurück. Eine solche Dynamik könnt ihr mithilfe von rotierenden Jams leicht durchbrechen, um schlafendes Potential zu heben.

Lasst euch von anderen inspirieren

Eine weitere Idee für kreativere Jams ist es, euch direkt davor von anderen inspirieren zu lassen. Hört euch einen Song an, der euch besonders gut gefällt. Überlegt dann gemeinsam, was dieses Lied so genial macht, welche Rolle die einzelnen Instrumente dabei einnehmen und wie ihr dieses Wissen für euer freies Spiel nutzen könnt.

Möglich ist zum Beispiel, euch einen markanten Schlagzeugbeat aus dem Lied zu leihen und darüber jammen. Vielleicht hört ihr auch einen Walking-Bass oder euch fallen wiederkehrende Taktwechsel auf, die den Song besonders interessant machen. 

Schreibt euch ein oder zwei solcher Elemente auf, die ihr direkt für euren Jam übernehmen möchtet. Es geht aber nicht darum, das Gehörte eins zu eins wiederzugeben. Nehmt vielmehr die Ideen und fügt sie in euren eigenen Stil ein. Diese Vorgehensweise kann euch auch dabei unterstützen, Blockaden beim Schreiben neuer Songs zu überwinden. 

Apropos Blockaden:

Die Sache mit den Fehlern

Beim Improvisieren kann alles passieren. Dazu gehören auch Verspieler, tonale Unstimmigkeiten und ungewollte Aussetzer. Das hemmt viele Musizierende. Sie sind unsicher und haben Angst vor Fehlern. Mit dieser Angst steht oft auch die unausgesprochene Befürchtung im Proberaum, dass ihre Ideen und damit sie selbst nicht gut genug sein könnten. Entsprechend gehemmt klingt das Zusammenspiel. Auch du fühlst dich beim Jammen oft unsicher?

In diesem Fall kannst du dir zunächst die Natur der Angst genauer ansehen. Sie möchte dich grundsätzlich vor Gefahren schützen. Da wir Menschen soziale Wesen sind, lässt der potenziell drohende Ausschluss aus einer Gruppe unsere Warnleuchten aufblinken. Dieser Mechanismus greift auch dann, wenn kein Grund zur Panik besteht, wie bei Musikmachen mit anderen.

Daher hilft es auch nicht, wenn jemand sagt: „Spiel halt einfach!“ Vielmehr braucht es gegenseitiges Verständnis und eine allgemein wohlwollende Fehlerkultur innerhalb der Band. Diese könnt ihr fördern, indem ihr euch klarmacht, dass Fehler menschlich sind, unabsichtlich passieren - und die Basis für etwas Großartiges sein können.

Übrigens ist eine wohlwollende Haltung gegenüber Fehlern nicht nur ein kraftvolles Werkzeug, um Ideen fließen zu lassen. Musizieren macht auch einfach viel mehr Spaß, wenn niemand den berüchtigten Blick über die Schulter fürchten muss.

Ein Loblied auf das freie Spiel

Jam-Sessions können magisch sein. Manchmal sind sie einfach nur. Beides ist absolut in Ordnung. Daher möchte ich zum Abschluss noch einen weiteren Profi-Tipp teilen: Es ist nicht verboten, sich auf eine Session vorzubereiten. 

Schließlich bestehen auch Improvisationen nur aus musikalischen Elementen, die im Laufe der Zeit verinnerlicht wurden. Fehlen euch also immer wieder die Ideen beim Jammen, bereitet gerne Grooves, Licks oder Songs dafür vor. Im Jazz-Bereich etwa gehört das für viele Musizierende sogar zum guten Ton. 

Dieser Tipp bewährt sich übrigens nicht nur für Jam-Sessions mit der eigenen Band. Auch vor einer Open Stage schadet es nicht, den eigenen musikalischen Werkzeugkasten noch einmal zu prüfen. Das gibt Spielsicherheit, die ihr hören und fühlen könnt.

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