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Workshop beim Guitar Summit

Kellerfunde und irre Deals: Thomas Weilbier vom No.1 Guitar Center über Vintage Gear

Interview von Markus Biedermann
veröffentlicht am 16.08.2022

guitar summit i'm sound musikmarkt

Kellerfunde und irre Deals: Thomas Weilbier vom No.1 Guitar Center über Vintage Gear

Thomas Weilbier ist Markenpartner von I’M SOUND und Gast auf deren Guitar-Summit-Bühne 2022. © I'M SOUND

Deutschlands Vintage-Experte Nr. 1, Thomas Weilbier vom No. 1 Guitar Center in Hamburg, kommt im September nach Mannheim. Auf der I’M SOUND Stage des Guitar Summit tritt er mit Gitarrenass Thomas Blug auf, um den Besuchern den Sound edler alter Hölzer zu demonstrieren. Im Vorfeld des Events sprachen wir mit ihm über das Besondere an Vintage und die Entwicklung des Instrumentengebrauchtmarkts.

Backstage PRO: Hi Thomas! Mannheim fiebert dir ja schon entgegen, schließlich giltst du ja als der deutsche Vintage-Gear-Experte schlechthin.

Thomas: Das liegt am Alter. (lacht)

Backstage PRO: Na sicherlich nicht nur. (lacht) Ich bin gespannt, was wir beim Guitar Summit alles von dir erfahren werden. Dein No.1 Guitar Center ist ja sehr bekannt, nicht zuletzt, weil ihr selbst regelmäßig Veranstaltungen wie zum Beispiel einen Musikerflohmarkt macht. Wie hat die Corona-Pandemie eure Events und Arbeit in den letzten Jahren verändert?

Thomas: Da wir ja schon seit den 70er Jahren am Start sind – ich bin seit 1977 dabei – haben wir ein internationales Spinnennetz, ein enges Netzwerk um uns herum. Das hat sich einfach so entwickelt; weißt du, damals sind tourende Bands zuhauf in den Laden gekommen. Wenn eine Band wie Deep Purple in Hamburg gespielt hat, dann brauchten die teils drei bis vier Tage, um ihre Bühne aufzubauen. Darum hatten die Musiker Langeweile. So kamen viele meiner Kontakte zustande, von denen zahlreiche bis heute existieren. Zudem habe ich seit 1979 durchgehend die NAMM-Show besucht. Dadurch kenne ich auch die Hersteller – ich übertreibe jetzt mal ein bisschen – in und auswendig. Ich habe für Gretsch das Produktmanagement gemacht und in den 80er Jahren auch für Hohner Gitarren entwickelt. Wir haben Paul Reed Smith nach Deutschland geholt. Also… es ist eine lange Zeit und es ist viel passiert. Deshalb meinte ich vorhin auch: mein Expertum ist altersbedingt.

"Für uns war Corona ein richtiger Schub nach oben"

Backstage PRO: Du meinst, euer großes Spinnennetz hat euch in der Corona-Zeit aufgefangen?

Thomas: Mehr noch. Das Netzwerk hat sich durch Corona verstärkt. Viele Leute fragten sich, wie es wohl weitergeht. Niemand hat mit sowas gerechnet. Am ersten Tag dachten wir: wir sind pleite! Aber aufgrund unserer Verbindungen zu den verschiedenen Bands und Musikern erreichten uns auf einmal viele Anrufe. So viele, dass wir am dritten Tag schon überlegen mussten: Was machen wir mit den ganzen Reparaturen? Was wollen die denn alle? Das Telefon klingelte dauernd.

Backstage PRO: Es ging tatsächlich nahtlos weiter?

Thomas: Wir haben nicht einen Tag zu gehabt, sondern komplett durchgearbeitet. D.h., der Laden war geschlossen, aber die Leute haben ihre Reparaturen vor der Tür abgestellt und gesagt: "Ich habe meinen Keller aufgeräumt und ich habe das hier noch gefunden. Jetzt habe ich endlich mal Zeit dafür und es funktioniert nicht." Für uns war Corona dadurch ein richtiger Schub nach oben. Dazu kam, dass weltweit mehr Instrumente gekauft und musiziert wurde. So kamen noch Anfragen nach ganz bestimmten Modellen rein. Wir waren eigentlich überwältigt. "Jetzt sind sie alle verrückt geworden!", dachten wir – positiv gemeint. (lacht)

Backstage PRO: Spannend, dass so viele Künstler die Zeit genutzt haben, um endlich mal den Keller zu entstauben…

Thomas: Verrückt. Und das haben wir nicht nur in unserem Speckgürtel hier in Norddeutschland so mitgekriegt. Es ging bis Mannheim runter, da haben wir einen großen Kunden. Es ging bis Tutzingen in der Münchner Ecke; wir sind teilweise mit dem kleinen Sprinter losgefahren und haben die Sachen vor Ort abgeholt.

Backstage PRO: Dabei ging es vor allem um typische Werkstatt-Arbeiten oder eher um spezielle Anforderungen und individuelle Wünsche?

Thomas: In den meisten Fällen hatten die Leute einen Haufen Instrumente im Keller stehen und nun mal wieder ausgepackt. Da reden wir manchmal von 30 bis 200 Instrumenten. Wenn irgendwas nicht funktioniert hat, dann sagten sie sich: "Selber schrauben lass ich lieber sein!" Vieles lief aber auch so, dass Artists, die bis dahin große Tourneen hier in Deutschland gespielt hatten, zu dem Schluss kamen: "Meine Güte, mein Lager ist voll. Ich habe noch einen alten Fender Dual Showman und einen Bassman. Ich brauche das jetzt gar nicht mehr.” Dadurch haben wir viele ältere Instrumente und Amps gekriegt. Und leider muss man sagen, so traurig es ist, es gab in den vergangenen Jahren viele Todesfälle, nach denen die Erben anriefen und fragten, was man mit der Instrumentensammlung machen könne.

Backstage PRO: Wenn jemand 200 Gitarren im Keller parkt, dann weiß er bestimmt zu schätzen, was er da hat. Aber es gibt ja unerfahrene Musiker – kannst du denen und mir vielleicht eine kurze Definition geben, was Vintage-Gear ausmacht?

Thomas: Dahinter stecken ja immer persönliche Meinungen. Wir haben schon in den 70er Jahren viel eingekauft, haben mit George Gruhn und dem Guitar Center Hollywood und vielen anderen kooperiert. Jeder hat da so seine Eigenart, wie er mit dem Thema umgeht. Für manche ist es eher ein Investment als ein Musikinstrument. Natürlich kannst du eine Custom Shop Les Paul für – sagen wir mal – 10.000 $, nicht einfach so mit einer 59er Les Paul für 250.000 $ vergleichen. Die Gitarre als solche ist nicht um soundsoviel besser.

Backstage PRO: Spielen stattdessen bestimmte Zeitperioden eine größere Rolle?

Thomas: Vintage hört für mich persönlich so 1969 bis 1970 auf. 1974 bis 75 gab es schon andere Produktionsabläufe. Ich würde sogar 1965 eine wichtige Grenze ziehen, denn da ist Leo Fender ausgestiegen. Er hatte gemerkt, dass die Industrialisierung Prozesse ermöglicht, die zwar für das Geschäft gut sind, aber nicht unbedingt das Beste für das Instrument. Bestimmte Zeiten, in denen Abkommen zum Artenschutz griffen, bspw. bzgl. Palisander, haben natürlich auch Veränderungen gebracht. So ein Rio-Fingerboard macht mit dir schon was anderes als ein ostindisches Board. Es sind aber nur kleine Nuancen.

"Mit alten Instrumenten passiert bei jungen Künstlern etwas Faszinierendes"

Backstage PRO: Nuancen, die du aber ganz wesentlich findest.

Thomas: Mit alten Instrumenten passiert bei jungen Künstlern, die nie Kontakt zu Vintage hatten, immer etwas Faszinierendes. Ich lasse sie gerne an einer Akustikgitarre ausprobieren. Da ist es am einfachsten, seinen eigenen Song zu spielen, zum Beispiel mit einer Takamine, einer Gibson oder eine Taylor. Und dann gebe ich ihnen mal eine alte J-200 oder J-45. Oder eine alte Martin. Meistens höre ich dann eine halbe Stunde lang gar nichts aus der Soundkabine. Wenn ich reinkomme: Ein Gesicht wie ein Schaf. Völlig verdattert, weil man gar nicht begreift, warum dieses Instrument den eigenen Song ganz anders darstellt.

Backstage PRO: Magie?

Thomas: Die alten Gitarren liegen oft wie ein Teppich unter der Stimme, aber stören die Frequenzen der Stimme nicht. Viele Musiker spielen ihren Song, singen dabei, und stellen dann fest: "Das ist komisch, diese Gitarre macht was mit dem Song. Wie kann das passieren?" Im Endeffekt ist es so: Alte Gitarren machen nichts mit dem Song, sondern mit dir persönlich etwas anders. Du spielst anders. Das ist eine Kopfsache. Du spielst feinfühliger.

Backstage PRO: Also eine gewisse Emotionalität, die da mit reinkommt.

Thomas: Und so eine gewisse Nervosität. Wir haben viel mit Thomas Blug, der ja auch unsere Videoreihe macht, und mit Peter Weihe ausprobiert: Kloppmann Pick-Ups, Zander-Hölzer, … Wir kommen immer wieder darauf zurück: du brauchst dieses alte Stück Holz, weil du es spürst und ganz anders reagierst bei deinem Spiel. Natürlich ist jeder anders. Wenn ich das vorführe, wirst du das Spezielle nicht hören. Wenn Thomas oder Peter das vorführen, dann hörst du es, weil beide professionell spielen können und wissen, worauf es ankommt. Aber es ist ein persönliches Empfinden. Ein Heavy-Metal-Musiker, der eine EMG spielt, könnte mit Vintage nichts anfangen. Weil er diesen holzigen Ton, dieses Gefühl, gar nicht spürt. Er sucht andere Nuancen, die für ihn und seine Musik wichtig sind. Aber für mich, wenn es um Vintage und um alte Songs oder um Soundcreation geht, um Emotion und um Gefühl, dann spielt ein altes Instrument schon in einer anderen Liga.

Backstage PRO: Das sind wahnsinnig viele subjektive Faktoren. Wie kommt es dann dennoch dazu, dass du ein eindeutiges Preisschild an die Instrumente heftest?

Thomas: Es gibt Schwacke-Listen wie in der Autoindustrie auch. Den Vintage-Guitar-Price-Guide zum Beispiel, den gibt es ja schon lange. Das heißt, du guckst nach. Beispiel: 1974er Rickenbacker 4001 Bass, hundertprozentiger Zustand, Koffer original. 4.000 $. Dann weißt du schon mal, in welcher Region du bist. So, jetzt gehst du noch ins Internet zu Ebay und merkst: für 4.000 $ bekommst du gar keinen Rickenbacker 4001. Die stehen eher mit fünf oder fünfeinhalb drin. Also findest du eine Zwischenlösung. Für die Preisbestimmung – was wir oft machen, bspw. für Versicherungsgutachten – liegen wir oft zwischen dem Vintage-Price-Guide, der ja eigentlich immer eine Schwacke-Liste mit Instrumenten ist, die ein Jahr vorher gehandelt wurden, und jenem Preis, den du bei Reverb oder Ebay findest. Man muss einen Mittelwert rausfinden, inbesondere, weil die Reverb-Preise teilweise sowas von verrückt hoch sind. Um beim Beispiel zu bleiben: Wenn der Rickenbacker im Price Guide für 4.000 $ steht und bei Reverb für 8.000 $, dann würden wir nie sieben oder acht auszeichnen, sondern uns vielleicht auf fünfeinhalb bis 5.900 $ festlegen.

"Unser Versicherungspartner I'M SOUND hat faire Bedingungen"

Backstage PRO: Bei solchen Preisen, wenn ich mir so einen Rickenbacker kaufe, ist es wohl mehr als sinnvoll, das Instrument zu versichern. Ihr bietet ja so einen Versicherungsschutz an.

Thomas: Bei manchen Sammlern ist es so, dass der ganze Bestand zuhause in der Hausrat mitversichert ist. Wir machen wie gesagt oft Gutachten, was alles zusammen wert ist. Wir machen das immer auf Dollar-Basis, weil der Dollar aufgrund des Vintage-Price-Guide USA ein Kernmerkmal ist. Und du weißt, jetzt stehen Dollar und Euro fast 1:1. Dadurch sind Sammlungen zuletzt im Wert gestiegen. Sobald man seine Instrumente aber bewegen will, mitnimmt auf Konzerte und Tourneen, musst du deine Vintage-Sachen natürlich explizit versichern. Und wir haben jemanden, die kennen sich aus: Wir kooperieren mit I’M SOUND von der Mannheimer Versicherung. Die haben faire Bedingungen, so dass alles auch nach 22:00 Uhr, wenn du von der Bühne kommst, noch versichert ist. Das ist bei anderen nämlich nicht immer der Fall.

Backstage PRO: Wie hat sich der Markt über die Zeit verändert? Wie ist dein Blick darauf?

Thomas: Der erste Schnitt ist für mich persönlich wie erwähnt 1965: Leo Fender hat verkauft. Gibson bekam andere Eigentümer, Gretsch etwas später ebenso. Ende der 60er Jahre gibt es eine Übergangsphase, die könnte man bis 72 zeichnen. Da wurden noch so Übergangsinstrumente gebaut aus Teilen, die dem Original entsprachen. Es gibt kleine Nuancen, da muss man aufpassen. Dann gibt es Marken wie Hamer, später kamen Jackson und Charvel dazu, die Besonderheiten für gewisse Musik-Kategorien brachten. Aber das ist für mich nicht Vintage, sondern einfach was besonderes. Es gibt längst auch Sammler von Ovation Electric Gitarren, also Instrumenten, die hätten wir damals bei Erscheinen nichtmal verschenken können. Doch heute gibt es weltweit eine Ovation-Gemeinde. Es gibt Hamer-Sammler. Der Markt ist gigantisch groß geworden. Wo man früher gesagt hat "vergiss das bloß", gibt es heute Leute, die geben dafür ein paar tausend Dollar aus. Das ist typisch 70er. In den 80er Jahren, so glaube ich, war Charvel der größte Schnitt. Die haben Gitarren gemacht, da hat ja Fender mit den Augen und Ohren geschlackert, wie der Grover Jackson das hingekriegt hat. Die verkörpern einfach einen einmaligen Ton, eine Bespielbarkeit und eine Dynamik, das ist nicht Fender, nicht Gibson, nicht Gretsch, sondern Charvel.

Backstage PRO:  Wie können deine Kunden das alles überschauen?

Thomas: Manchmal blicke ich selber nicht mehr durch, was alles am Markt ist. Aber viele Kunden sind ja sehr markentreu. Auf die gehe ich gerne zu und frage: "Welche Musik machst du denn überhaupt? Wer ist dein Vorbild?" Ich sage ja oft, wir sind so ein “Parship der Musikindustrie”. Wir müssen ja wissen: Das suchst du! Und dies und das können wir dir dazu noch anbieten. Aber aufgrund der Vielfalt ist es echt fast unüberschaubar geworden.

Backstage PRO: Ich bin früher gerne durch die großen Frankfurter Hallen gelaufen, um die Vielfalt der Gitarren und Bässe zu entdecken und habe auch Gitarrenbauer bewundert, die als One-Man-Aussteller ihre Instrumente präsentiert und durch eine besondere Handarbeit oder eine andere Idee geglänzt haben. Wo kann man dies in den Nach-Musikmesse- Zeiten überhaupt noch entdecken? Ist der Guitar Summit der richtige Ort dafür?

Thomas: Diese Fraktion der Gitarrenbauer, die wir in Deutschland haben, deren Erfolg ist voll gerechtfertigt. Die bauen ja eigentlich Sachen individuell für Kunden. Instrumente, die die großen Firmen gar nicht bauen wollen und gar nicht bauen könnten. Wir sind mit vielen eng im Kontakt, weil wir ja unser eigenes "Crossroads"-Festival machen hier in Hamburg, wo einige davon dabei sind. Und ja, man trifft sie auch in Mannheim. Wenn sie nicht auf dem Summit ausstellen, dann laufen sie trotzdem rum und erkunden selbst, was es alles zu entdecken gibt. Viele kommen auch im Laden vorbei, weil sie auf dem Weg in Urlaub sind oder auf Tour.

Backstage PRO: Wo liegen für euch als Händler die Schwerpunkte von Handarbeit auf der einen und Massenproduktion auf der anderen Seite?

Thomas: Nimm Nik Huber zum Beispiel, er ist extrem erfolgreich. Er baut weltweit anerkannte Gitarren. Aber das ist eigentlich nicht zentral für uns im Laden, weil das immer Einzelobjekte sind. Die kleinen Gitarrenbauer sind ein i-Tüpfelchen, um was außerhalb der Reihe zu zeigen. Ich sage dir aber, was mich am Markt stört: Nämlich, dass du quasi die gleiche Gitarre, die meistens bei Cort in Indonesien oder in China gebaut wird – als ich das letzte Mal in Surabaya war, stand die Produktion bei über 5000 Gitarren am Tag – in unzähligen Varianten von mehreren Marken bekommst. Es ist letztlich immer eine Telecaster-Kopie, eine Strat-Kopie, eine 335er-Kopie. Die Klassiker im Endeffekt. Und sie kommen aus einem Werk. Die Fabriken in Korea, in Indonesien und China freuen sich natürlich, dass die Maschinen heiß laufen. Aber als Händler sagen wir: Wir machen Gibson, wir machen Fender, wir machen Paul Reed Smith. Durch Squier und PRS kriegst du auch die Qualität und den Preis von Cort, wir müssen nicht noch 35.000 andere Marken haben. Wir stehen zu denen, mit denen wir jahrelang gearbeitet haben. Und vor allen Dingen: Als die Zeiten nicht so gut waren, haben die auch zu uns gehalten. Man hat gemeinsam Ideen entwickelt, wie man den Markt festigen kann. Deshalb stehen wir zu unserem Grundsatz und sind zufrieden. Der Kunde ist doch auch überfordert, wenn du ihm zu viel vor die Nase hältst.

Backstage PRO: Wie blickst du von deinem Standpunkt aus auf Turbulenzen wie bei Gibson?

Thomas: Für mich war diese selbststimmende Mechanik auf jeder Gibson-Gitarre ein absoluter Genickschuss. Die Technik stammt ja aus Hamburg von Chris Adams. Auch wir haben ihm geholfen, seine Idee umzusetzen. Aber die Gibson-Gitarristen wollten das nicht unbedingt. Diese und andere Entscheidungen, die Gibson in der Vergangenheit getroffen hat, das war teilweise schon haarsträubend, muss ich sagen. Ich erinnere mich an eine Udo Lindenberg Produktion. Wir haben ihm eine Akustikgitarre geliehen, eine J-200, und die ist nach drei Tagen im Studio zusammengebrochen, weil sie vergessen hatten, zwei Balken einzubauen. Das kann nicht wahr sein, da muss doch einer prüfen! Wirklich haarsträubend! Zum Glück haben wir das Loch nicht so gemerkt, weil wir viele Les Pauls und andere in Zahlung genommen und damit einen guten Bestand an gebrauchten Instrumenten hatten während dieser schlechten Phase.

Backstage PRO: Gibson hat sich mittlerweile wieder gefangen?

Thomas: Der neue Chef ist ja ein Rock'n'Roller. Der macht, was er sagt. Das finde ich sehr gut, weil er sich darauf besinnt, wofür Gibson steht. Was jetzt neu kommt zu den angekündigten Preisen, da muss man sagen: Hut ab. Wir sind wieder sehr zufrieden.

"Bei Online-Deals wird mittlerweile viel Schindluder getrieben"

Backstage PRO: Wie hat sich der ganze Gebrauchtmarkt verändert durch Plattformen wie Ebay und Reverb?

Thomas: Ich weiß nicht mehr, wie lange das genau her ist. 15, vielleicht 18 Jahre. Da laufe ich auf der NAMM-Show lang und sehe George Gruhn auf mich zukommen. Das ist für uns der Vintage-Papst. Er ist seit den 60er Jahren schon dabei und weiß einfach alles. Er hat mich zu sich gewunken und sagte: "Thomas, komm’ mal mit, ich habe da was gesehen, da kannst du Gitarren in deinen Computer stellen und jemand kann die auf Knopfdruck kaufen!" Das konnte ich kaum glauben, aber tatsächlich, das war so. George fragte mich: "Glaubst du, dass irgendein Idiot sich eine Gitarre im Internet bestellt?" Und ich antwortete ihm: “Nein, du weißt doch selbst, man muss fühlen und testen!” Und nun schau mal, was bis heute passiert ist: Genau das Gegenteil von dem, was wir damals dachten. Ich bin ja noch groß geworden, da gab es noch nichtmal Telefax.

Backstage PRO: Inwiefern spürt ihr diesen Wandel?

Thomas: Dadurch hat natürlich das Besuchen der Läden nachgelassen. Auch bei uns selbst. Früher, wenn wir zu den NAMM Shows fuhren, haben wir bei der Gelegenheit auch Vintage-Märkte besucht und haben mit dem Auto die Pawn Shops und andere Läden abgeklappert, um was zu entdecken. Heute guckt man ins Internet und weiß: “Ach, nach Hollywood bräuchte ich jetzt gar nicht fahren.” Das ist schon eine wahnsinnige Erleichterung und Kostenersparnis. Und wahnsinnig hilfreich, weil, wenn ich heute bei Reverb eine Ovation-Gitarre einstelle, dann lacht man mich hier in Deutschland aus. Aber in Japan, im letzten Zipfel auf dem Berg, da sagt einer: "Die sieht sexy aus!" Diese Möglichkeiten gab es früher nicht. Wir haben früher im Urlaub Briefe verschickt mit Angeboten.

Backstage PRO: Worauf sollte man achten bei Online-Deals?

Thomas: Ich muss ehrlich sagen, ich hatte gerade wieder so ein Erlebnis, als ich in Los Angeles war. Von einem bekannten Musiker hatte ich den Auftrag bekommen, dort ein tolles Schlagbrett aus dem Jahr 1952 zu besorgen. Das sollte 2.500 $ kosten. “Ihr fahrt doch eh in die Nähe. Kauft es!" – er hatte es in Reverb gefunden. Also sind wir hingefahren, haben die Ladentüre aufgemacht, "Hallo willkommen blablabla, ihr habt doch ein Schlagbrett zu verkaufen.“ Dann sagt der Verkäufer: "Ein Schlagbrett haben wir zu verkaufen?" Ich sage “ja, bei Reverb steht das drin”. “Nee, wir verkaufen keine Schlagbretter”, entgegnet er. Ein klarer Betrugsversuch: Da kauft jemand ein Schlagbrett für 10 $, macht ein schönes Foto oder nimmt ein Foto des Originals, stellt es rein und ein gutgläubiger Käufer drückt für 2.500 $ auf den Knopf… Versuch mal, die Kohle wieder zurück zu kriegen! Da wird mittlerweile so viel Schindluder getrieben.

Backstage PRO: Wie geht ihr damit um?

Thomas: Es ist ziemlich schwierig geworden. Wir kaufen tatsächlich nur ein, wenn wir jemanden vor Ort haben, der sich das angucken kann und dem wir auch glauben. Es ist ja manchmal auch peinlich, wenn du drüben in den USA bist und dann sagst "Du, kann ich mal nen Schraubenzieher haben, ich will mal gucken, wie der Stempel ist." Das ist unangenehm, aber man muss es tun. Entweder selbst oder du hast eben Freunde – für mich ist Joe Bonamassa so jemand – die sagen “darauf kannst du dich hundertprozentig verlassen”. Wenn so jemand das sagt, ist es ein vernünftiges Angebot..

Backstage PRO: Damit hast du eine klare Empfehlung.

Thomas: Genau. Ansonsten lassen wir lieber die Finger weg. Und ich kann noch einen Tipp geben: Es ist wirklich wichtig, dass du dir jedes einzelne Detail anguckst, damit du nicht ein 30.000 $ teures Instrument kaufst, das nur 15.000 € wert ist. Die Fälscher sind extrem gut geworden. Durch die digitalen Möglichkeiten heutzutage kannst du dir ja digital sogar einen Toggle-Switch so groß auf dem Bildschirm holen, dass du kleine Macken erkennen kannst. Aber das Beste ist natürlich immer, wenn du das Instrument Probe spielst, wenn du es in die Hand nimmst. Du merkst sofort, ob irgendwas nicht stimmt und fängst automatisch an, nach diesem Grund zu suchen.

"Das bekommst du mit keiner anderen Gitarre hin!"

Backstage PRO: Kannst du kurz beschreiben, was uns bei eurem Workshop in Mannheim erwartet?

Thomas: Es geht um “World of Vintage Guitars”, unsere Reihe mit Thomas Blug. Die Instrumente darin stehen nicht zum Verkauf, sondern es geht uns darum, dass wir den Zuschauern vorführen, was die jeweilige Gitarre kann. Manchmal hast du drei 64er Fender Stratocaster und die können alle was anderes! Thomas ist einer, der das zeigen kann, weil er einfach brillant spielt und technisch alles über einen VOX AC30, über einen Marshall, über einen Fender oder über seinen BluGuitar-Amp weiß. Er kann genau vorspielen, was diese Gitarre mit jenem Verstärker macht und warum jene Gitarre etwas anderes mit diesem Verstärker macht! Bisher haben wir ca. 50 Videos online. Nach Mannheim nehmen wir zwei oder drei Les Paul mit. Dann zeigen wir in unserem Workshop den Unterschied zwischen einer 59er Les Paul, von der alle sagen "Holy Grail!” und die eine Viertelmillion aufwärts kostet, und einer Custom Shop Gibson.

Backstage PRO: Ihr filmt also und führt alles live vor?

Thomas: Wir machen da ein richtiges Video für die Serie. Im Laden haben wir schon mal getestet und ich kann dir sagen: Gewisse Frequenzen der 59er gehen so dermaßen unter die Haut, das bekommst du mit keiner anderen Gitarre hin. Das versuchen wir in Mannheim zu zeigen.

Backstage PRO: Das klingt gut. Ich glaube, da sehen wir uns. Danke dir und bis bald!

Thomas: Dann sehen wir uns in Mannheim. Tschüss.

"The World of Vintage Guitars – Bursts at its best!"

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