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Ein sinkendes Verhältnis

Neue Studie zeigt Veränderungen der Gesangslaustärke von Musikaufnahmen seit 1946

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 09.05.2023

abmischung

Neue Studie zeigt Veränderungen der Gesangslaustärke von Musikaufnahmen seit 1946

© cottonbro studio via pexels

Laut einer neuen Studie der Universität Oldenburg ist die Hauptgesangsstimme in der Unterhaltungsmusik messbar leiser geworden. Unterschiede stellte die Forschungsgruppe dabei zwischen den Genres und der Art der Besetzung fest.

Für ihre Studie (hier als PDF, englisch) analysierte die Forschungsgruppe "Musikwahrnehmung und -verarbeitung" der Universität Oldenburg insgesamt 700 Songs. Zuerst wurden die vier Top-Songs der Billboard Hot 100 Charts von 1946 bis 2020 – insgesamt 300 Songs – auf das Pegelverhältnis von Gesang zu Begleitmusik untersucht. 

Dabei zeigt sich, dass das gemessene Verhältnis von etwa fünf Dezibel im Jahr 1946 auf etwa ein Dezibel im Jahr 1975 gesunken ist; die Lautstärke der Gesangsstimme ist in diesem Zeitraum im Vergleich zur Begleitmusik also niedriger geworden. Nach 1975 habe sich das Verhältnis laut der Studie dann stabilisiert. 

Technische Hintergründe

Die Autor/innen der Studie vermuten einen Zusammenhang zwischen den technischen Neuerungen im Recording-Bereich und der Abnahme der Gesangslautstärke: So habe die Elektrifizierung von Gitarre und Bass in den 1930er-Jahren es beispielsweise nötig gemacht, die Vocals im Verhältnis lauter aufzunehmen, um so deren Verständlichkeit zu sichern. 

Diese Pegelerhöhung wurde erreicht, indem die Band schlicht mit einem gewissen Abstand mikrofoniert wurde, während die Sängerinnen und Sänger sich möglichst nah am Gesangsmikro positionierten. 

Mit der Entwicklung der Multitrack-Aufnahme in den 1950ern sei es schließlich möglich gewesen, die Lautstärke der Stimme auch nachträglich (besser) zu kontrollieren. Insbesondere die Stereophonie spielte hier eine besondere Rolle, da durch deren räumliche Positionierung von Gesang und Instrumenten die Differenzierbarkeit bzw. Wahrnehmbarkeit der einzelnen Elemente erhöht werden konnte. 

Der Genre-Unterschied

Darüber hinaus analysierte das Forschungsteam in ihrer Studie 400 weitere Titel im Hinblick darauf, welche Unterschiede es hinsichtlich der Vocal-Lautstärke in verschiedenen Genres und bei verschiedenen Arten der Besetzung (Solo, Duo, Trio, ...) gibt. Dazu wurden Titel aus den Genres Country, Rap, Rock, Pop und Metal ausgewählt, die zwischen 1990 und 2020 für einen Grammy nominiert waren.

Country, Pop und Rap haben den dominantesten Gesang, während dieser bei Rock und Metal – beides Genres mit starkem instrumentalen Fokus – stärker in den Hintergrund tritt. Auch bei Solokünstlern steht der Gesang stärker im Fokus, während dessen Lautstärke im Bandkontext niedriger ist.

Mixing als Hierarchie

Die Beobachtungen legen laut den Autor/innen der Studie nahe, dass die Vocals bei Solokünstler/innen prinzipiell höher gemixt würden als bei Musikgruppen, da die spezifische Instrumentierung im ersten Fall weniger ausschlaggebend für den "Sound" sei als etwa bei einer Band, wo die einzelnen Instrumentalist/innen wichtiger Bestandteil sind.

Bands hätten öfter ein starkes Selbstverständnis als Kollektiv, während Solokünstler/innen eher von austauschbaren oder anonymen Musiker/innen begleitet werden. Darüber hinaus sei es auffällig, dass Gitarren in Rock und Metal zumindest ein stückweit die Rolle des Gesangs übernähmen, und daher ebenfalls prominenter in den Vordergrund gerückt würden – die Studienergebnisse machten deutlich, dass sich die Identität der Künstlerinnen und Künstler im Mix wiederfänden. 

So betont die Studie letztlich, dass es sich bei der Gesangslautstärke um einen dynamischen Faktor handelt, der stark kontextuell bedingt ist. Die endgültige Mischung eines Songs, so heißt es weiter, stelle damit letzten Endes die Hierarchie der Bedeutung der verschiedenen Elemente innerhalb eines Musikensembles dar. 

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