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Weniger ist oft mehr

Vom Song zum Arrangement: Wie man einen Song ausgestaltet und produziert

Tipps für Musiker und Bands von Julian Schmauch
veröffentlicht am 20.06.2023

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Vom Song zum Arrangement: Wie man einen Song ausgestaltet und produziert

Ein gutes Arrangement hilft jedem Song. © BlazErzetic via pexels.com

Ein neuer Song ist geschrieben, eine Demo produziert, aber so richtig zünden will der zukünftige Hit nicht. Das hat Gründe, denn im Vergleich zum Songwriting auf der einen und Mixing auf der anderen Seite des Produktionsprozesses wird das Arrangement oft vernachlässigt. Wir geben Tipps, wie man diesen Fehler vermeidet.

Das Arrangement trägt entscheidend zur Vermittlung eines Liedes nach draußen bei. Das Ziel besteht darin, Instrumentierung und Struktur eines Songs so zu gestalten, dass ein Lied die Hörer/innen fesselt und nie an Spannung verliert. 

Doppelte Bedeutung

Viele Produzent/innen nutzen den Begriff Arrangement für zwei verschiedene Aspekte eines Songs: die Instrumentierung (welche Instrumente spielen, was sie spielen und wie) und die Songstruktur. 

Wir setzen beide Brillen auf, schauen uns also einerseits an, welche Instrumente was wann spielen, und andererseits, wie sich ein Song von Sekunde 0 bis Minute 3 (beispielhaft!) entwickelt. 

Schritt für Schritt

Von der ersten Idee bis zur Veröffentlichung durchläuft ein Song einige Stationen. Welche das genau sind und welche Stationen die größte Rolle spielen, hängt vom Genre ab. 

So steht bei Singer-Songwriter/innen, bei denen Lieder oft nur aus Akustikgitarre und Stimme bestehen, vor allem der Song selbst und die Performance im Mittelpunkt. 

Bei elektronisch produzierten Tracks, aber auch breiterer Instrumentierung wie im Rock, beim Heavy Metal oder im Hip Hop, wo viel mit fertigen Sounds und Loops gearbeitet wird, rücken Arrangement und Mix in den Vordergrund.

Instrumentierung: zu viel, zu ähnlich, zu unterschiedlich

Wenig macht einen Song so unzugänglich, wie ein zu vollgestopftes Arrangement. In manchen Stücken konkurrieren zwei Synth-Arpeggios, vier verschiedene Percussion-Loops und ein Drumbeat um Aufmerksamkeit. Oder Keyboarder und Gitarrist machen rhythmisch und tonal fast das Gleiche und erzeugen akustischen Nebel, der die Details bis zur Unkenntlichkeit entstellt.

Hier kann es helfen, sich den Fokus in jedem Teil des Songs bewusst zu machen, wie auf einer Bühne. Welches Instrument steht vorne? Die Stimme? Die Drums? Welche anderen Elemente stören, hindern also daran, dass beispielsweise die Stimme im Fokus ist? 

Weniger ist mehr

Als Solo-Produzent kann man Spuren löschen oder stummschalten und auf diese Weise den störenden Aspekt identifizieren. Als Band geht es eher darum, den entsprechenden Instrumentalisten bei der Probe nahezulegen, “songdienlich” zu denken. Egal wie, es gilt fast immer: weniger ist mehr. 

Dazu sollte man bei allen Instrumenten außerhalb der Rhythmusfraktion (Drums und Bass) die “Lage” checken. Damit ist gemeint, im Proberaum oder in der DAW ausprobieren, ob ein Instrument nicht in einer anderen Oktave oder Tonhöhe besser zum Rest passt. So fügen sich Gitarren-Riffs oder Synth-Pads oft schon viel besser ineinander. 

Ideale Tonhöhe für Gesang finden

Eine besondere Rolle spielt beim Thema Gesang die Tonhöhe. Jeder Sänger und jede Sängerin hat ihren Sweet Spot. Dabei handelt es sich um den Bereich, in dem die Stimme am sichersten sitzt und sich am besten entfaltet - nicht um die höchsten und tiefsten Töne, die nur mit viel Aufwärmen erreicht werden.

Anders als Gitarren, Pianos oder Synthesizer klingt eine Stimme in unterschiedlichen Tonhöhen nicht gleich gut. Ein Song kann eine viel stärkere Wirkung entwickeln, wenn seine Tonart auf genau diesen Bereich des Sängers oder der Sängerin abgestimmt ist.

Egal ob ihr es selbst seid oder es um die Aufnahme einer Sängerin oder eines Sängers geht: Testet, ob die Gesangslinie nicht einen oder mehrere Halbtöne über oder unter der bisherigen Songtonart viel stärker wirkt. In diesem Fall gilt es, das Arrangement um den Gesang herum auf die neue Tonart hin zu transponieren.

Songstruktur: von den Besten lernen

Was die Struktur eines Songs betrifft, beschränken wir uns hier auf eher allgemeine Tipps, denn die Unterschiede zwischen den “Vorgaben” jedes Genres sind einfach zu groß. 

Trotz dieser Unterschiede haben viele vermutlich schon das folgende Erlebnis gehabt: Man spielt die Demo seines neuesten, heißgeliebten Songs dem Freundeskreis vor und schnell wird dort das Telefon gezückt, der Abwasch gemacht oder vom Wochenende erzählt - der Song hält die Spannung nicht. 

In diesem Fall kann es sehr hilfreich sein, Inspiration in Arrangements von Lieblingssongs zu suchen. Wie gelingt es der geschätzten Band, der Producerin oder dem Songwriter? 

Welche kleinen Fill-ins, Riser, Pausen oder Modulationen werden genutzt, um von der Strophe in den Chorus und zurückzukommen? Wie setzt sich das Arrangement (=Instrumentierung) in den Songparts zusammen? Hört und analysiert einige Songs eures Genres mit diesen Fragen im Hinterkopf. 

Kleine Übergänge und zu volle Parts

Was die Makroperspektive eines Songs betrifft, also die groben Abschnitte eines Liedes, wie Strophe und Refrain, ist eines der größten Schwierigkeiten vieler Produzent:innen oft, dass der Teil des Songs, der am größten und mächtigsten klingen soll (meistens der Chorus oder der Drop), das nicht tut. An dieser Stelle einfach noch mehr Instrumente aufzuschichten, bringt selten das erhoffte Ergebnis. 

Meistens hat die verfehlte Wirkung damit zu tun, dass der direkt vorangehende Abschnitt des Songs zu groß und voll ist. Dünnt man also zum Beispiel das Arrangement in der Strophe ein wenig mehr aus, entfernt in diesem Teil Instrumente oder lässt sie weniger und reduzierter spielen, wirkt der Chorus danach gleich viel eindrucksvoller.

Fazit

Das Arrangement fällt bei vielen Einsteiger-Produktionen oft hinten runter. Das hat auch mit der genutzten Software zu tun: Eine DAW wie Cubase, Ableton oder Studio One verfügt mittlerweile zwar über viele Hilfsmittel für die Bearbeitung von Aufnahmen, beim Finden von Tonarten und Verändern von Sounds. 

Beim Arrangement sind die an der Produktion beteiligten Musikschaffenden aber häufig komplett auf sich selbst gestellt. Dabei lohnt es sich, genau dafür die meiste Arbeit zu investieren, denn ein ausgeklügeltes Arrangement kann ein kleines Demo weit mehr nach vorne bringen als stundenlanges Mixen.

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