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Das Email-Anschreiben

Der Threatin Scam: So warb die (fake) Bookingagentur für die Band

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 15.11.2018

threatin booking

Der Threatin Scam: So warb die (fake) Bookingagentur für die Band

Die Fake-Bookingagentur von Threatin. © Screenshot

Der Fall Threatin sorgt weiter für Aufsehen. Nachdem der Scam aufflog äußern sich Mitmusiker und weitere Details werden bekannt. Backstage PRO dokumentiert die Bewerbungsmasche der Band.

Fake-Fans füllen keine Clubs, so viel steht fest im Fall Threatin. Aber man darf sich schon fragen, wie es möglich ist, sich mit einer gewagten Luftnummer eine Europa-Tour zu buchen. Nun – der Hochstapler Jered Threatin hatte sich ein auf den ersten Blick stimmiges Gerüst gebaut.

Fake Booking-Agentur

Mit einer falschen Email-Adresse und der zugehörigen falschen Website (stagerightbookings.com) gab er sich als "Casey Marshall" von "StageRight Bookings" aus. Backstage PRO liegt eine seiner Emails vor, die er unter dieser Tarnung an Clubs verschickte. In dieser Mail an das Café Central in Weinheim heißt es:

Hallo,
Mein Name ist Casey Marshall. Ich bin Booking Agent für StageRight Bookings. Wir haben ein Tour-Paket, das im November durch Deutschland kommt und das Cafe Central buchen / mieten möchte.

Auch eine Zahl zum erwarteten Publikumszuspruch nennt die Email: "250+". Etwas Namedropping rundet die Sache ab:

Threatin kommt aus Hollywood, Kalifornien. Sie sind bei SPV Records (Whitesnake, Motörhead) signiert. Seine letzte Single erreichte die Top 40 in 7 Ländern. Sie haben die Bühne mit Avenged Sevenfold, Marilyn Manson und Fall Out Boy getourt / geteilt und eine große Fangemeinde in Deutschland aufgebaut. Siehe Press Kit Link für mehr Künstler Highlights.

Links zur Webseite der Band, einem Press Kit, Youtube-Video und der Facebook-Seite ergänzten das Anschreiben zusätzlich. Die folgenden Verhandlungen liefen unauffällig ab, auch der Kostenvoranschlag für die Technik wurde anstandslos bezahlt.

Doch im Vorverkauf wurde man in Weinheim nur ein einziges Ticket los – schließlich folgte nach Rückfragen und etwas Druck durch die Locationbetreiber die Konzertabsage seitens der Band bzw. Casey Marshall und seinem Bandleader-Alter-Ego. Beim Café Central blieb man gelassen: Man war durch die bereits geleistete Zahlung einigermaßen gut abgesichert und hat nun einen unfreiwilligen Urlaubstag im Kalender stehen.

Musiker wenden sich ab

Jered Threatin gab sich also per Email als Promoter bzw. Booker Casey Marshall aus, um mit jedem Veranstaltungsort einen individuellen Deal zu machen. Mieten, Technik-Kosten u.a.m.: Er kam dafür auf. Und er lud unter seinem Decknamen teilweise sogar lokale Bands ein, die er als Opener gewinnen konnte. Den Ticketverkauf behielt er in mehreren Fällen selbst in der Hand, weshalb diese Clubs nicht wissen konnten, dass am Konzertabend maximal eine Mini-Crowd von einer handvoll Leute anwesend sein würde.

Zu den Verlierern dieses Spiels zählen natürlich leider auch Jereds Mitmusiker: Wie consequenceofsound berichtet, hat sich Drummer Dane Davis zum Fall geäußert. Er sei er ein in Las Vegas ansässiger Musiker, der von einer Kontaktperson angesprochen wurde, die ihn für die Band Threatin gewinnen wollte. Die Aussicht auf eine große Tournee mit einer Band, die bereits Hits im Ausland gehabt habe, sah er als großartige Chance. Nur das Marketing der Band sei ein wenig "seltsam" gewesen.

Clubbetreiber, Musiker und sicher andere mehr: Offenbar besitzt Jered Threatin das Talent, auf Menschen überzeugend und glaubwürdig zu wirken. Was vielleicht auch daran liegen mag, seinem eigenen Statement zur Sache nach zu urteilen, dass er mit geringem Schuldbewusstsein handelt:

 

 

Doch auch das ändert nichts daran:

Wo kein Fan, da leere Halle.

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