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Für den Fall der Fälle

Forum Veranstaltungswirtschaft fordert sofortige Debatte über mögliche Hilfsmaßnahmen im Herbst/Winter 22/23

News von Michael Erle
veröffentlicht am 15.06.2022

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Forum Veranstaltungswirtschaft fordert sofortige Debatte über mögliche Hilfsmaßnahmen im Herbst/Winter 22/23

Prof. Jens Michow, geschäftsführender Präsident des Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) e.V. © Klaus Westermann

Der Expertenrat der Bundesregierung zu COVID-19 legt Empfehlungen für den Umgang mit möglichen Entwicklung der Pandemie im Herbst/Winter 2022/23 vor. Das Forum Veranstaltungswirtschaft begrüßt die Empfehlung, kritisiert aber, dass die Politik bislang auf kein Gesprächsersuchen der Verbänd reagiert habe.

Der Expertenrat der Bundesregierung hat in seiner 11. Stellungnahme Empfehlungen für den Umgang mit derzeit vorstellbaren Entwicklungen der Corona-Pandemie im Herbst und Winter 2022/23 vorgelegt (hier als PDF).

Die Veranstaltungswirtschaft begrüßt die Empfehlung (PDF) und lobt, dass die Politik im dritten Jahr der Pandemie rechtzeitig "effektive Vorbereitungen für den Herbst und Winter" treffe, kritisiert jedoch, dass bislang auf kein Gesprächsersuchen der Verbände reagiert wurde und im schlimmsten Fall auch keine Hilfsprogramme angedacht sind.

Worst Case Plan erforderlich

Randall Greenlee, Bereichsleiter Wirtschaft und Internationales beim VPLT, der Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik e.V, berichtet:

"Die Allianz sechs maßgeblicher Verbände des Wirtschaftsbereichs hat der Bundesregierung seit Anfang des Jahres wiederholt dargelegt, dass und aus welchen Gründen die gesamte Veranstaltungsbranche sich noch längst nicht von den wirtschaftlichen Auswirkungen der vergangenen zwei Pandemie-Jahre erholt hat und voraussichtlich noch lange darunter leiden wird."

Umso mehr sei es für die Unternehmen der Branche erforderlich, bereits jetzt zu erfahren, mit welchen Eindämmungsmaßnahmen sie im worst case rechnen müssen – denn schließlich, so Axel Ballreich, Vorsitzender der LiveKomm e.V., "planen Veranstalter Tourneen ja nicht von heute auf morgen." Die Veranstaltenden müssten die Durchführbarkeit der Veranstaltungen vorausschauend beurteilen können, um Schäden zu vermeiden. 

Messebranche besorgt

Besonders besorgt über die nicht vorhandenen Hilfsmaßnahmen sind die Veranstaltungs- und Messeunternehmen. Sollte es im Herbst erneut zu Kapazitätseinschränkungen oder Abstandsregeln bei Veranstaltungen kommen, gäbe es für die Branche keinen Rettungsschirm.

Müsste dieser dann erst zeitaufwändig verhandelt werden, wäre es zu spät. Michael Kynast vom FAMA, Fachverband Messen und Ausstellungen e.V., gibt an:

"Nochmalige Maßnahmen, welche geplante Veranstaltungen unwirtschaftlich machen oder gar zur Absage von Veranstaltungen zwingen sollten, wird die Branche trotz aller Hilfsmaßnahmen der Vergangenheit definitiv nicht mehr verkraften."

Dräuende Unsicherheit

Doch auch für den Konzert-Sektor sieht es derzeit alles andere als gut aus. Jens Michow, Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, warnt, dass der Kartenverkauf für Kulturveranstaltungen bereits jetzt schlecht läuft, "da das Publikum erst einmal abwarten will, ob Veranstaltungen zuverlässig stattfinden."

Weiterhin fürchteten viele noch immer das Infektionsrisiko oder hätten aufgrund der Krise ihr Freizeitverhalten gleich ganz geändert. Dazu kämen die "auf allen Gebieten erfolgten Preissteigerungen" und, so Michow weiter:

"die Unsicherheit, welche Auswirkungen der Krieg in der Ukraine in den kommenden Monaten auf Deutschland haben wird. Dies führt dazu, dass die Menschen ihre Ausgaben für ihre Freizeitgestaltung einschränken. Deswegen könne in der Veranstaltungswirtschaft – anders als in den meisten anderen Wirtschaftszweigen – von einem effektiven wirtschaftlichen Neustart bisher nicht die Rede sein."

Manifest Restart

Die Veranstaltungswirtschaft verweist darüberh hinaus auf das bereits im Februar 2021 veröffentlichte Konzept für bundeseinheitliche Bewertungskriterien zur Durchführung von Veranstaltungen ("Manifest Restart").

Es biete der Bundesregierung und der Ministerpräsidentenkonferenz Lösungen an, um dringend notwendige Begegnungen in sicheren Zonen zu ermöglichen, die von den Veranstaltenden durch die Umsetzung differenzierter Infektionsschutzkonzepte und Teststrategien gewährleistet werden könnten.

Leider habe die Bundesregierung bisher nicht zu diesem Konzept Stellung genommen und sei auch nicht bereit gewesen, darüber eine Diskussion zu führen. Karsten Schölermann von der LiveKomm berichtet verärgert:

"Das passt in das Bild, dass die neue Regierung bisher auf ganzer Ebene jedem Gesprächsangebot mit Branchenverbänden offenbar aus allen Bereichen der Kultur- und Kreativwirtschaft aus dem Wege geht, diese sogar immer wieder auch ausdrücklich ablehnt."

Sonderprogramm muss bereits vorliegen

Dahingehend bittet das Forum Veranstaltungswirtschaft darum, dass die vom Expertenrat vorgeschlagene "Zentrale Koordinationsstelle der Pandemiemaßnahmen zwischen Bund und Ländern" das Gesprächsersuchen der Veranstalterverbände annehmen möge. Mit dem erbetenen Gespräch soll frühzeitig gemeinsam ein bundeseinheitliches Konzept für Eindämmungsmaßnahmen im Veranstaltungsbereich entwickelt werden.

Für den Fall, dass im Herbst/Winter 2022 tatsächlich erneut Eindämmungsmaßnahmen mit Abstandsregeln und Kapazitätsbeschränkungen bei Veranstaltungen erforderlich werden, müsse ein Sonderprogramm für alle Teilmärkte der Veranstaltungswirtschaft bereits vorliegen. Dazu Jens Michow:

"Das bedeutet, dass ein solches Konzept bereits jetzt schon erarbeitet werden muss. Dringend erforderlich ist vor allem auch die Verhandlung der dafür erforderlichen Freigabe von rechtskonformen Hilfszahlungen durch die EU. Diese kann nämlich nicht kurzfristig erwirkt werden. Die Verhandlungen müssen sofort aufgenommen werden."

Versagen auf den letzten Metern

Marcus Pohl vom ISDV fasst zusammen, dass der Veranstaltungssektor froh wäre, wenn dieser keine erneuten Hilfen benötigen würde. Es sei jedoch inakzeptabel, mit der klaren Ankündigung und Ausgestaltung erneuter Hilfsprogramme seitens der Bundesregierung so lange zu warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist:

"Die Weichen müssen jetzt gestellt werden, damit der sechstgrößte Wirtschaftszweig mit 248.000 Unternehmen nicht doch noch auf den hoffentlich letzten Metern an die Wand fährt."

Pohl zeigt sich insbesondere besorgt, dass die bisherigen Hilfen dann das Ziel des Erhaltens von Unternehmen und Arbeitsplätzen endgültig verfehlt hätten. 

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