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Gute Resonanz, schwierige Bedingungen

Jonas Rohde vom Highfield Festival über Festivalorganisation in der Krise

Interview von Christian Grube
veröffentlicht am 02.08.2022

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Jonas Rohde vom Highfield Festival über Festivalorganisation in der Krise

Das Publikum beim Highfield Festival 2019. © Christian Grube

Das Highfield Festival bei Leipzig zählt zu den großen Festivals Deutschlands. Jonas Rohde, Head of Communication von FKP Scorpio berichtet über die Vorfreude auf die diesjährige Ausgabe und die Schwierigkeiten der Organisation eines Massenevents.

Backstage PRO: Wie habt ihr die zwei Pandemie Jahre erlebt? Gab es in eurem Team Berufswechsel oder berufliche Neuorientierung?

Jonas Rohde: Die Zeit der Pandemie war eine Herausforderung. Wenn man den enormen wirtschaftlichen Schaden einmal ausklammert, konnte unser Team rund zwei Jahre lang nicht das tun, was es liebt. Für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist ihre Arbeit ja nicht einfach nur ein Job. Glücklicherweise bedeutet das auch, dass wir diesen Sturm größtenteils gemeinsam durchstanden haben. Wichtig dafür war eine Jobgarantie für alle Beschäftigten und eine sehr transparente interne und externe Kommunikation. Im Nachhinein können wir stolz darauf sein, diese Krise so gut und vor allem gemeinsam gemeistert zu haben.

Backstage PRO: Wie laufen die Vorbereitungen für das Highfield 2022?

Jonas Rohde: Alles verläuft nach Plan, wir können es kaum erwarten, den Störmthaler See endlich wiederzusehen!

Backstage PRO: Das Thema Kostensteigerungen ist allgegenwärtig. Konntet ihr das abfedern bzw. wie wirken sie sich aus?

Jonas Rohde: Es stimmt: Die Bedingungen, unter denen wir die Festivals für 2020 kalkuliert hatten, treffen längst nicht mehr zu. Das soll aber nicht das Problem unserer Gäste sein, von denen ohnehin die große Mehrheit Treue bewiesen und ihre Tickets behalten hat. 2022 ist das Jahr unseres Wiedersehens, und wir möchten, dass neue und alte Gäste genauso Musik feiern können, wie wir es für 2020 ursprünglich geplant hatten.

Wie die Entwicklung der Produktionskosten im Angesicht der Corona-Nachwirkungen und des schrecklichen Kriegs in der Ukraine in der Zukunft aussieht, beobachten wir natürlich genau. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass sich das Preisniveau für Personal, Material und Energie in absehbarer Zeit entspannen wird.

Backstage PRO: Man hört vielerorts von Mangel an allem: von Containern bis zu Sanitäranlagen. Was bemerkt ihr davon?

Jonas Rohde: Ja, auch wir bemerken eine generelle Verknappung von produktionsrelevantem Material, was eine Nachwirkung der Pandemie ist, die die gesamte Branche systemisch geschwächt hat und nun auf eine gesteigerte Nachfrage trifft. Glücklicherweise können wir auf ein großes Netzwerk an Partnerfirmen zurückgreifen, weshalb unsere Festivals auf gewohnt hohem Niveau stattfinden konnten – was natürlich auch für das Highfield gilt.

Backstage PRO: Corona hat ja auch viele gezwungen sich aus der Branche zurückzuziehen, bemerkt ihr einen Personalmangel?

Jonas Rohde: Auf jeden Fall. Viele Menschen waren gezwungen, sich in der unsicheren Zeit der Pandemie ein neues Auskommen zu suchen, und nicht alle sind zurückgekehrt. Der Personalmangel macht sich dementsprechend in allen Bereichen der Veranstaltungswirtschaft bemerkbar, egal ob Licht, Ton, Catering, Security oder andere wichtige Säulen, auf denen Veranstaltungen normalerweise ruhen.

Backstage PRO: Viele Bands haben aufgegeben, einige können es kaum abwarten wieder aufzutreten. Gab es Schwierigkeiten beim Booking?

Jonas Rohde: Die Gesamtqualität unseres Line-ups hat nicht gelitten – ganz im Gegenteil: Wir präsentieren in diesem Jahr ein hochwertiges und spannendes Line-up mit starken Zugpferden wie Deichkind, Kraftklub, Casper oder Bring Me The Horizon. Dass wir das Billing aus 2020 größtenteils beisammenhalten konnten, ist keine Selbstverständlichkeit und freut uns natürlich sehr. Die Solidarität, die wir unseren Acts in 2020 und 2021 mit direkten Angeboten für das kommende Jahr gezeigt haben, zahlt sich nun aus.

Backstage PRO: Wie ist die Publikumsresonanz in Sachen Vorverkauf?

Jonas Rohde: Wir steuern auf ein ausverkauftes Highfield Festival zu. Von der verständlichen Zurückhaltung zu Beginn dieses Jahres ist mittlerweile fast nichts mehr zu spüren. Diese Beobachtung gilt für all unsere Festivals und größeren Konzerte, für viele Shows oder kleinere Festivals anderer Veranstalter trifft das aber leider nicht zu. Die coronabedingten Auswirkungen auf das Kaufverhalten sind insgesamt betrachtet nach wie vor spürbar.

Backstage PRO: Wie hat es eure Firma geschafft zwei Jahre ohne Einnahmen zu überleben?

Jonas Rohde: Wir haben einige sehr erfolgreiche Jahre hinter uns und haben anständig gewirtschaftet. Das hat uns in dieser Ausnahmesituation dazu befähigt, einen langen Atem zu haben.

Backstage PRO: Wie blickt ihr in die Zukunft?

Jonas Rohde: Wir blicken mit großer Vorfreude und sehr optimistisch nach vorne. Livekultur ist ein menschliches Grundbedürfnis, das aller derzeitigen Herausforderungen zum Trotz immer relevant sein wird. Der Markt wird sich zudem weiter entspannen, wenn das Gros der nachzuholenden Events stattgefunden hat.

Backstage PRO: Es baut sich gerade so etwas wie eine Sommerwelle auf. Arbeitet ihr da mit Netz und doppeltem Boden – also Hygienekonzept usw. oder hofft ihr auf die Eigenverantwortung der Besucher?

Jonas Rohde: Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet und im ständigen Austausch mit den zuständigen Behörden, deren Anordnungen wir voll umfänglich erfüllen werden. Dafür sieht die Politik derzeit aber richtigerweise keinerlei Veranlassung.

Backstage PRO: Herzlichen Dank für das Gespräch.

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