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Eindeutige Regeln

KI und Urheberrecht: Das ist die aktuelle Lage im Copyright in den USA

Spezial/Schwerpunkt von Daniel Nagel
veröffentlicht am 05.05.2023

künstliche intelligenz urheberrecht

KI und Urheberrecht: Das ist die aktuelle Lage im Copyright in den USA

Der Supreme Court der USA hat das Copyright-Law der USA maßgeblich geprägt. © Adam Szuscik via unsplash.com

Aktuell ist es nicht möglich, in den USA ein Copyright für irgendein mit Hilfe von KI erzeugtes Werk zu erwerben. Diese vielleicht für manche überraschende Tatsache ergibt sich aus der US-Copyright-Gesetzgebung und Rechtsprechung, die stark auf den Begriff des "Urhebers" (engl. "author") abhebt.

Das hat seine Ursache in der sog. Copyright Clause (Article 1, Section 8) der US Constitution aus dem Jahr 1787, die den US Kongress ermächtigt, Gesetze zu erlassen, die "Autoren und Erfindern" für eine begrenzte Zeit das Exklusivrecht an ihren Schriften und Entdeckungen zuspricht. Im Original heißt das: "Congress shall have power to promote the progress of science and useful arts, by securing for limited times to authors and inventors the exclusive right to their respective writings and discoveries."

Im Verlauf der Zeit hat sich der Begriff der Schriften ("writings") erweitert, so dass er alle gegenwärtigen und zukünftigen (!) Ausdrucksformen kreativen menschlichen Schaffens einschließt. Der Begriff des Urhebers ("author") hat hingegen die Jahrhunderte überdauert und steht auch heute noch im Zentrum des US-Copyright-Rechts.

Der "Autor" steht im Zentrum

Der Copyright Act von 1976 definiert beispielsweise, dass der Erwerb eines Copyrights nur in Hinblick auf Originalwerke von Urhebern möglich ist (engl. "original works of authorship"). 

Der Supreme Court der USA hat präzisiert, dass ein Minimum kreativen Inputs enthalten muss - für ein reines Verzeichnis wie ein Telefonbuch lässt sich beispielsweise kein Copyright erwerben.

Es wäre theoretisch möglich, auch die mit Hilfe von KI erzeugten Werke als Werk eines Urhebers zu verstehen, denn schließlich muß jemand der KI konkrete Anweisungen oder andere Formen von Input geben, damit sie ein Musikwerk, ein Bild oder irgendeine andere Art von Werk erzeugt.

Nur Menschen sind Autoren

Allerdings hat der US Supreme Court seit Ende des 19. Jahrhunderts den Begriff des Urhebers (“authors”) immer so ausgelegt, dass er sich ausschließlich auf einen Menschen bezieht. Vereinfacht gesagt kann nur ein menschlicher Urheber ein Werk schaffen, für das er ein Copyright beanspruchen kann.

In der Entscheidung Goldstein vs. California aus dem Jahr 1973 definierte der Supreme Court die Rolle des Urhebers/Authors als "Erschaffer" ("originator") und bezeichnete ihn als "denjenigen, dem etwas seinen Ursprung verdankt". Im Original: "While an 'author' may be viewed as an individual who writes an original composition, the term, in its constitutional sense, has been construed to mean an 'originator', 'he to whom anything owes its origin'."

Kein Copyright für KI-Werke

Dieses Verständnis von Urheberschaft schließt aber aus, dass ein Benutzer einer KI das Copyright an einem von einer KI geschaffenen Werk erwirbt, denn dieses Werk verdankt ja der KI seinen Ursprung und nicht demjenigen, der die KI anweist. Zumindest ist das die Haltung des US Copyright Review Boards, einer Berufungsinstanz des US Copyright Offices.

In einer Entscheidung Anfang 2022 wies sie den Antrag eines KI-Benutzers zurück, der ein Copyright für ein von einer KI geschaffenes Bild erwerben wollte, aber nicht geltend machte, in irgendeiner Weise an der Erschaffung des Werkes mitgewirkt zu haben. Nach Ansicht des Copyright Boards ist menschliche Urheberschaft eine Voraussetzung für den Erwerb eines Copyrights in den Vereinigten Staaten.

Weil diese Urheberschaft eindeutig nicht gegeben war, erklärte das Copyright Board, es habe in diesem Fall nicht prüfen müssen, unter welchen Umständen "die menschliche Beteiligung an der Schaffung von maschinell erzeugten Werken die gesetzlichen Kriterien für den Urheberrechtsschutz erfüllen würden."

Schwierige Abgrenzung

Wie schwierig die Abgrenzung aber im Einzelfall sein kann, zeigt der Fall der Comic-Autorin Kris Kashtanova, die das mit Hilfe der KI-Software Midjourney entstandene Werk "Zarya of the Dawn" beim US Copyright Office registrieren wollte. 

Nachdem das Copyright Office diese Registrierung zunächst billigte und dann wieder zurückzog, legte Kashtanova mit Hilfe eines Rechtsanwalts Widerspruch gegen diese Entscheidung ein. Nachdem sie detailliert darstellte, wie sie KI nutzte, um das Comic zu schaffen, revidierte das Copyright Office teilweise seine Entscheidung [Link zum PDF].

Es gestand Kashtanova Copyright für den von ihr ohne Mithilfe von KI verfassten Text des Comics sowie für dessen Auswahl, Koordination und Anordnung zu – nicht aber für die KI-erzeugten Bilder! 

Menschlicher Input notwendig

Nach Ansicht des Copyright Office entstanden die Bilder des Comics ohne direkten menschlichen Input, da die Eingaben, mit der Kashtanova Einfluss auf das Erscheinungsbild des Comics nahm eher Anregungen gleichzusetzen seien, da es nicht möglich sie, die KI hinreichend genau zu steuern. 

Das Copyright Office erklärte dazu: "Das Amt wird keine Werke eintragen, die durch eine Maschine oder ein rein mechanisches Verfahren hergestellt werden, das zufällig oder automatisch arbeitet ohne jeglichen schöpferischen Beitrag oder Eingriff eines menschlichen Urhebers". 

Die entscheidende Frage ist also, ob die "Maschine" (in diesem Fall die KI-Software) lediglich als Hilfsmittel eingesetzt wird oder die Tätigkeiten übernimmt, die man normalerweise mit einem Urheber verbindet. Im letzteren Fall lässt sich ein solches Werk nicht zum Copyright registrieren.

Bei der KI "in Auftrag gegeben"

Das Copyright Office zieht in diesem Zusammenhang eine interessante Parallele und erklärt, dass Kashtanova auch dann kein Copyright erwerben könnte, wenn sie die Bilder des Comics bei einem menschlichen Künstler in Auftrag gegeben hätte. Ganz ähnlich sei aber der Prozess der Erstellung der Bilder durch die KI Midjourney abgelaufen.

Wenn Kashtanova oder andere Künstler für Werke, die mithilfe einer KI entstanden sind, Copyright beanspruchen wollen, müssen sie also detailliert dokumentieren, welchen konkreten kreativen Input sie für die Entstehung des Werks vorgenommen haben. 

Bloße Behauptungen und Erklärungen, ein Werk (egal ob Bild oder Musikstück) sei das Ergebnis eines kreativen Prozesses, dürften dabei nicht ausreichen. Bei der Registrierung von Werken müssen Kreative außerdem stets erklären, ob KI bei der Herstellung eines Werkes benutzt wurde.

Nach aktuellem Stand genießt also rein von einer KI generierter Content in den USA kein Copyright. Um das zu ändern, müsste der US-Kongress das US-amerikanische Copyright-Gesetz grundlegend überarbeiten. 

Ähnliche Ergebnisse

Aktuell kommen also trotz völlig unterschiedlicher Rechtssysteme US-amerikanisches und deutsches Recht in der Frage des Urheberrechts/Copyrights bei der Erstellung von Werken mit Hilfe einer KI zu einem sehr ähnlichen Ergebnis

Ein urheberrechtlicher Schutz von rein von KI erzeugten Werken ist zum jetzigen Zeitpunkt weder in Deutschland noch in den USA gegeben. Angesichts der großen Dynamik dieses Rechtsgebiets kann sich die Lage aber jederzeit ändern.

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