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Umweltfreundliche Live-Musik?

Klimaforscher geben Empfehlungen für Emissionsreduktion in der Liveszene

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 15.09.2021

konzertorganisation

Klimaforscher geben Empfehlungen für Emissionsreduktion in der Liveszene

© Krists Luhaers via Unsplash

Ein Forschungsteam der Manchester University hat anhand der Tourdaten von Massive Attack die Umweltauswirkungen von Konzerttourneen ermittelt und Vorschläge für eine kohlenstoffarme Gestaltung von Live-Musikveranstaltungen erarbeitet.

Seit Jahren entrichten Massive Attack Beiträge für den Ausgleich beim Touren verursachter CO2-Emissionen. 2019 haben die Bandmitglieder schließlich um wissenschaftliche Unterstützung gebeten, da die Zahlungen keine hinreichende Maßnahme mehr seien. Gerade jetzt, zum Neustart der Liveszene, sei eine Anpassung besonders einfach möglich.

Von der Wissenschaft für die Musikbranche

Das hinzugezogene Tyndall Centre For Climate Change Research beschäftigt Forscher der Sozial-, Natur- und Ingenieurwissenschaften aus mehreren renommierten Universitäten des Vereinigten Königreichs, die gemeinsam nachhaltige Lösungen für den Umgang mit dem Klimawandel erarbeiten.

Dabei besteht das Anliegen der Studie darin, Leitlinien und Empfehlungen für diverse Akteure des Live-Sektors zu entwickeln, die zu möglichst schnellen Veränderungen im Sinne des Pariser Abkommens verhelfen sollen. Um möglichst sinnvolle Anpassungen anzustreben, sollten die Vorschläge mindestens alle fünf Jahre neu evaluiert werden. 

Starke Ziele für kurzen Zeitraum

Ziel ist die Emissionsreduktion in allen Bereichen einer Live-Tournee: Bis 2035 soll von Flugreisen produzierter CO2-Ausstoß auf maximal 80 Prozent der 2019 produzierten Emissionen reduziert werden. Ferner soll die Produktion von Kohlenstoffdioxid durch Landverkehr und das Betreiben von Inneneinrichtungen auf Null sinken.

Ab 2025 müsste bei allen Outdoor-Veranstaltungen die Emissionsdichte (CO2-Produktion in g/kWh) dem Durchschnittswert des britischen Stromnetzes entsprechen. Zudem wären Maßnahmen für kohlenstoffarmen Publikums-Transport zu ergreifen. Nicht zuletzt sollten Veranstaltende auch die Versorgung der Beteiligten ökologisch bewerten.

Tipps für Künstler und Tour-Manager

Spätestens seit der Pandemie sind einige Ratschläge bereits in die Alltagspraxis übergegangen, zum Beispiel der Verzicht auf lange Reisewege zu Gunsten von Video-Konferenzen. Während solche Ideen etwa für Manager interessant sein können, sind für die Gewährleistung des gewohnten Live-Musik-Erlebnisses verschiedene Aspekte des On-the-Road-Tour-Lebens zu berücksichtigen.

Neben einer (territorial) kontinuierlichen Routenplanung ist der Umstieg von Flugmaschinen und privaten Fahrzeugen auf öffentliche Verkehrsmittel ein wichtiger Punkt. Dafür müsste jedoch das Reisegepäck der Musikschaffenden erheblich reduziert werden, was wiederum eine Standardisierung der in Spielstätten verfügbaren Musikausrüstung voraussetzt.

Alles rund um die Musik

Ferner ist der Beitrag der Event-Locations, innen sowie im Freien, nicht zu unterschätzen: So können Einrichtungsinhaber beispielsweise die Laufzeit von Generatoren besser regulieren, um den gesamten Energiebedarf zu verringern, oder genügend Fahrradparkplätze anbieten, um Gäste auf die Möglichkeit einer umweltfreundlichen Anreise aufmerksam zu machen.

Da auch Fans der Live-Musik einen enormen Beitrag zur Emissionsreduktion leisten können, könnten mit dem Ticketkauf verbundene Vorteile für die Nutzung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs angeboten werden. Auch auftretende Artists können für Fahrgemeinschaften und lokale Veranstaltungen anstelle von Trips zu Übersee-Konzerten werben.

Eine Entwicklung mit viel Potential

Bereits jetzt nehme die Branche die Empfehlungen der Forschenden mit Begeisterung auf, berichtet Professor Carly McLachlan, Leiter der Untersuchung, erfreut. Seiner Meinung nach könnten die vorgeschlagenen Veränderungen mit der Zeit zur Norm in der Berufspraxis werden. Die Studienergebnisse förderten dabei die angestrebten Entwicklungen:

"Im Grunde genommen wissen wir, wie bei vielen anderen Klimaschutzmaßnahmen auch, was wir zu tun haben, wir müssen es nur noch umsetzen.”

Im Gegensatz dazu hat Massive Attack-Musiker Robert Del Naja Anlass, den mangelnden Einsatz der britischen Regierung in dieser Angelegenheit kritisiert. Die Unterstützung der heimischen Musikbranche bei ihrem Anliegen, die beim Pariser Abkommen verabschiedeten Klimaziele zu erfüllen, bliebe bisher aus.

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