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Von Sofa-Konzerten und Zoom-Songwriting-Sessions

Musiker und Songwriter David Beta über Karrierestart und Album-Release während der Corona-Pandemie

Interview von Olga Kirschenbaum
veröffentlicht am 05.10.2021

hamburg liveszene coronakrise

Musiker und Songwriter David Beta über Karrierestart und Album-Release während der Corona-Pandemie

Der Hamburger David Beta macht Deutschpop mit Flow aus dem Norden. © Viktoria Micheel

Der gebürtige Kieler David Beta erzählt von der Entstehung seines ersten Solo-Albums unter einschränkenden Umständen. Neben Live-Streams und digitalen Release-Partys berichtet er von neuen Auftritts-Konzepten und der Entscheidung, über die schönen Dinge zu singen.

David Beta ist ein 27-jähriger Singer/Songwriter, der in seiner Musik persönliche Texte und musikalische Einflüsse aus dem Pop und Hip Hop-Genre zusammen mit einer nordischen Meeresbrise zu einer eigenen Mischung vereint.

Zusammen mit drei Geschwistern ist David in der Nähe des Meeres aufgewachsen, was ihn bis heute sehr prägt. Zu seinem 14. Geburtstag eine E-Gitarre zu bekommen, motivierte ihn, sich als Gründer einer Punk-Band am Songwriting zu versuchen. Mittlerweile steht der Wahlhamburger mit seiner Gitarre als Solo-Musiker auf der Bühne, Songs schreibt er aber immer noch unermüdlich.

David Beta im Interview mit Backstage PRO

Backstage PRO: Du wurdest kurz vor der Pandemie bei Hypertension Music unter Vertrag genommen. Wie bist Du damit umgegangen, als die Pandemie ausbrach und sich Dein Berufsalltag sehr verändert hat?

David Beta: Die Situation war gleichzeitig ein bisschen glücklich, aber natürlich auch sehr unglücklich: Es war großes Glück, dass ich vor der Pandemie damit angefangen habe, an meinem aktuellen Album zu arbeiten, und dass ich auch davor schon mein Team dafür kennengelernt habe. Nur wenige Monate später wäre es schwer geworden, jemanden dafür zu gewinnen. Ich hätte sogar verstanden, wenn Hypertension Music die Zusammenarbeit hätte pausieren wollen.

Backstage PRO: Warum?

David Beta: Hypertension Music ist ein auf Live-Veranstaltungen spezialisiertes Unternehmen, dessen Einnahmen in dieser Zeit zu einem großen Teil weggefallen sind. Allerdings hatte ich Glück, da das Label an der Förderung eines jungen, unbekannten Künstlers interessiert war und bereit war, gegebenenfalls eine langsamere Entwicklung in Kauf zu nehmen. Darum bin ich Hypertension Music sehr dankbar dafür, mir sogar fünf Song-Releases mit Musikvideo-Drehs ermöglicht zu haben. 

Backstage PRO: Wie hast Du den Wegfall der Live-Auftritte empfunden?

David Beta: Es war unschön, keine Live-Konzerte spielen zu können, ich hatte aber glücklicherweise die Möglichkeit, unter anderem durch Kooperationen, in anderen Formaten auftreten zu können. Ich bin zum Beispiel seit einigen Jahren Mitglied bei Sofa Concerts, einem Vermittlungsportal, auf dem Musik-Acts wie auf einer Art Marktplatz zu diversen Anlässen gebucht werden können. Während der Pandemie hatten die Betreibenden der Seite den Einfall, mit einer begrenzten Anzahl an Musikerinnen und Musikern das Konzept unter pandemiegerechten Bedingungen fortzuführen.

Backstage PRO: In welcher Weise haben die Veranstaltenden denn das Format angepasst?

David Beta: Es ist jetzt möglich, für sich oder andere Menschen, Freunde und Verwandte, ein Mini-Konzert zu bestellen, zum Beispiel als Geburtstags-Überraschung. Am vereinbarten Termin klingeln die gebuchten Künstler/innen und treten dann vor der Haustür oder vor dem Balkon, also auf Abstand und kontaktlos, mit einem Mini-Verstärker mit einigen eigenen oder abgesprochenen Liedern auf. Da ich einer der ersten war, der bei der Concert in a Box-Aktion mitgemacht hat, konnte ich auf diese Weise in der Zwischenzeit etwa 30 Konzerte spielen.

Backstage PRO: In den letzten anderthalb Jahren warst Du also sehr aktiv! Was bedeutet es Dir, in dieser Zeit Musiker zu sein?

David Beta: Es fällt mir nicht einfach, das zu beantworten, weil Musiker das ist, was ich bin. Ich war nie etwas anderes, da ich schon immer Musik gemacht habe – mit allen Höhen und Tiefen. Aktuell bedeutet es, dass ich aufgrund der mangelnden Planungssicherheit mehr Schwierigkeiten dabei habe, meinen Beruf auszuüben. Trotzdem weiß ich nicht, ob sich deshalb mein Gefühl dafür verändert, was es heißt, Musiker zu sein. Durch die erwähnten Auftrittsmöglichkeiten traf mich die Frage nach der Systemrelevanz weniger hart als die Vielzahl der Kulturschaffenden, etwa aus der Theaterbranche, die während der erzwungenen Schaffenspause teilweise im Hamburger Impfzentrum beschäftigt waren.

Backstage PRO: Hast Du Dich durch die Umstände in Deiner Kreativität eingeschränkt gefühlt? 

David Beta: Das passierte definitiv phasenweise. Deswegen war das schon eine Reise von absoluter Demotivation zu "ok, ich muss jetzt doch irgendetwas machen". Dabei war der erste Lockdown definitiv der unkreativste, weil ich mich zunächst an die neuen Umstände gewöhnen musste. Zusätzlich ist es ja auch so, dass viele Erlebnisse ausgeblieben sind, die zum Schreiben anregen. Als ich dann gemerkt habe, dass die Situation nicht schon nach einem halben Jahr überwunden sein würde, musste ich einfach Wege finden, weiterzumachen. So habe ich den dritten Lockdown, den Lockdown Light, dann auch gut für eine aktive Schreibphase nutzen können. Währenddessen sind sehr viele neue Songs entstanden, die wahrscheinlich Teil des zweiten Albums werden.

Backstage PRO: Wie hast Du den Songwriting-Prozess in dieser Zeit gestaltet?

David Beta: Nach einer Weile haben Kolleginnen und Kollegen und ich angefangen, uns über Zoom für Songwriting Sessions zu treffen. Dann, als wir geimpft waren und uns etwas sicherer fühlten, durften wir uns wieder zu zweit oder zu dritt im Studio treffen. Zudem gab es ja auch die Zeit zwischen den Lockdowns, in der wir unter Berücksichtigung der jeweils aktuellen Auflagen mehr Optionen für die Zusammenarbeit hatten.

Backstage PRO: Was hat Dich dabei motiviert?

David Beta: Ich wusste einfach, dass ich nicht länger warten konnte, ich musste irgendetwas tun. Genau das, zumindest irgendwelche Kleinigkeiten zu machen, ist auch irgendwie ein Teil meiner Musik. Kurzgefasst, Corona hat meine Kreativität im Ganzen erst einmal eingeschränkt und ich habe mich aus dieser Einschränkung dann Stück für Stück herausgearbeitet.

Backstage PRO: Schlagen sich diese Erfahrungen auf deinem ersten Album nieder?

David Beta: Glücklicherweise bin ich darum herumgekommen, einen Corona-Song zu schreiben! (lacht) Diejenigen Songs auf dem kommenden Album, die eventuell danach klingen, sind entweder schon vor der Pandemie entstanden – wie zum Beispiel die namensgebende Single "Wenn ich schonmal hier bin" – oder sie wären auch davon unabhängig entstanden.

Backstage PRO: Was sind die Inhalte Deiner aktuellen Songs?

David Beta: Das kann ich möglicherweise am besten anhand des einzigen Tattoos erklären, das ich habe. Es ist ein Zitat von Gisbert zu Knyphausen, der selbst davon singt, dass die Sängerinnen und Sänger im Grunde immer nur eine Message hätten: "Die Welt ist grässlich und wunderschön". Früher war meine Musik mehr von negativ gestimmten Liedern und etwas düsteren, von Selbstmitleid geprägten, Texten einiger Hamburger Bands beeinflusst. Zu erwähnen sind zum Beispiel manche Songs von Kettcar oder Tomte, die sich einfach gut in Phasen von Weltschmerz hören lassen. Jetzt habe ich das Bedürfnis gehabt, für mein erstes Album mehr über Schönes zu schreiben und über die Sachen, die ich gut finde.

Backstage PRO: Zum Beispiel?

David Beta: Die Songs auf diesem Album handeln von der Weite des Meeres an meinem Heimatort, von dem Ankommen in einer neuen Stadt, von Aufbrüchen, von Anfängen, vom Mut Fassen und von der Möglichkeit, den Weg in eine gute Richtung zu gehen. Auch hier lässt sich ein Zitat von Thees Uhlmann anbringen: Es geht um die "Schönheit der Chance". Obwohl viele Unsicherheiten präsent sind, beinhalten sie vielleicht sogar etwas Aufregendes. Nicht zuletzt ist es in gewisser Weise auch Selbsttherapie, sich beim Schreiben auf das Gute zu konzentrieren und damit den Übergang in eine bessere Zeit festzuhalten. Daher beinhaltet mein Debüt-Album als Solokünstler einige Liebeserklärungen in dieser Art.

Backstage PRO: Am 29. September hast Du die Veröffentlichung deines ersten Albums "Wenn ich schonmal hier bin" mit einer Release-Party gefeiert. Herzlichen Glückwunsch dazu! Wie fühlt sich der Schritt aus der eigenen Küche als Songwerkstatt zu der Release-Party an?

David Beta: Auf jeden Fall sehr wohltuend! Bisher habe ich jedes größere Release mit einem Livestream-Event gefeiert. Vor diesem Hintergrund war es ein absolutes Highlight, zur Veröffentlichung der Single "Beste" auf einem Hausdach vor wenigen Menschen mit Abstand und viel Hamburger Wind live aufzutreten, wenn auch noch ohne Band. Ein weiteres Highlight war es, den Song im ZDF Fernsehgarten vorstellen zu dürfen. Trotzdem sind diese Erfahrungen nicht vergleichbar mit einem anderthalbstündigen Solo-Konzert mit einer Band, Gästen, einem größeren Publikum und einer anschließenden Feier, die es nun als 3G-Veranstaltung in dem Stage Club in Hamburg gab. Darüber habe ich mich unglaublich gefreut!

Backstage PRO: Welche Erfahrungen und vielleicht auch Formate nimmst Du in die post-pandemische Zeit als aufstrebender Singer/Songwriter mit?

David Beta: In nächster Zeit werde ich sicherlich weniger digitale Konzerte spielen. Während ich sie eine Zeit lang wöchentlich veranstaltet habe, mache ich das mittlerweile ein Mal alle drei Wochen. Dennoch sind solche Live-Streams letztendlich Live-Konzerte, bei denen weite Entfernungen überwunden werden können. Darum nehme ich es als Erfahrung mit, dass es auch in herausfordernden Situationen weiterhin Musikbegeisterte und verschiedenste Hilfsmittel gibt, Menschen mit meiner Musik zu erreichen.

Backstage PRO: Dabei wünschen wir Dir auch in Zukunft viel Erfolg!

Artists

David Beta

Deutschpop mit Flow ausm Norden. aus Hamburg

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