Unklare Konsequenzen
Das Aus für eure Facebook-Bandpage? Seitenbetreiber laut EuGH-Urteil mitverantwortlich für Datenschutz
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Ausgangsfall des Prozesses am EuGH war die Frage, ob die Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein GmbH für Datenschutzverstöße, die über die Facebook-Seite der Wirtschaftsakademie erfolgen, verantwortlich gemacht werden kann – auch, wenn sie als Betreiber der Seite keinen Einfluss auf die dahinterstehenden Praktiken Facebooks haben.
Zu den möglichen Datenschutzverstößen zählt insbesondere die Sammlung und Verarbeitung personenbezogener Daten mittels Cookies durch Facebook.
Gemeinsame Verantwortung
Geklagt hatte das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD). Vor deutschen Gerichten hatte die Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein bisher stets gewonnen, diese sahen die Verantwortung vollständig auf Seiten Facebooks. Doch der Europäische Gerichtshof urteilte nun anders. In seiner Pressemitteilung zum jüngsten Urteil heißt es:
"Sodann befindet der Gerichtshof, dass ein Betreiber wie die Wirtschaftsakademie als in der Union gemeinsam mit Facebook Ireland für die fragliche Datenverarbeitung verantwortlich anzusehen ist.
Nach Ansicht des Gerichtshofs kann der Umstand, dass ein Betreiber einer Fanpage die von Facebook eingerichtete Plattform nutzt, um die dazugehörigen Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, diesen nicht von der Beachtung seiner Verpflichtungen im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten befreien."
Das Urteil besagt also, dass die Betreiber von Facebook-Seiten (nach der alten EU-Datenschutzrichtlinie) für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Facebook mitverantwortlich sind. Das bedeutet u.a. dass der Schutz von Nutzerdaten gewährleistet sowie der Nutzer über die Datenerhebung angemessen aufgeklärt werden muss.
Festzuhalten bleibt dabei, dass die Datenschutzrichtlinie am 25. Mai 2018 durch die neue Datenschutzgrundverordnung (DSVGO) außer Kraft gesetzt wurde.
Die Folgen
Dieses Urteil betrifft sämtliche Betreiber von Facebook-Fanpages, also auch Musiker, die für ihr Projekt, ihre Band, ihr Label oder ähnliches eine solche Seite betreiben. Wie ist nun also damit umzugehen?
Die Juristin Anja Neubauer rät, die eigene(n) Fanpage(s) sofort unsichtbar zu schalten oder gleich zu löschen – so lange, bis Facebook dem Seitenbetreiber eine Option bereitstellt, die Speicherung von Daten explizit auszuschalten. Ob und wann dies der Fall sein wird, ist jedoch fraglich.
Der Rechtsanwalt Sören Siebert schreibt wiederum, dass dieser Schritt primär dann in Frage käme, wenn man "jedes rechtliche Risiko scheut". "Risikofreudigere" Betreiber könnten abwarten, ob dem Urteil durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) noch ein neuer Aspekt hinzugefügt wird – das EuGH-Urteil stellt noch keine abschließende Regelung dar.
Auch heise online legt nahe, nicht gleich in Panik zu verfallen. Das Urteil sei kein Grund, die eigene Facebook-Seite gleich zu schließen. Sei man unsicher, so könne man die Seite für einige Zeit offline nehmen und abwarten, wie sich die Lage entwickelt; insbesondere im Hinblick auf das noch ausstehende, finale Urteil des BVerwG. Eine "Abmahnwelle" sei in jedem Fall (noch) nicht zu erwarten.
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