Wider die Proteste
Das EU-Parlament genehmigt den Entwurf der Urheberrechtsreform ohne weitere Änderungen
Abstimmungsergebnis: 348 dafür, 274 dagegen
Die Piraten-Politikerin Julia Reda, im Vorfeld eine der heftigsten Gegnerinnen der Urheberrechtsreform, postete das Ergebnis bereits kurz nach der Abstimmung via Twitter:
Schwarzer Tag für die Netzfreiheit: Das @Europarl_DE hat die Urheberrechtsreform mit #Artikel13 und #Artikel11 abgenickt. Änderungsanträge zur Urheberrechtsreform wurden gar nicht erst zugelassen. Das finale Abstimmungsergebnis: 348 dafür, 274 dagegen #SaveYourInternet pic.twitter.com/EPPrVH7jNt
— Julia Reda (@Senficon) 26. März 2019
Die im Vorfeld der Abstimmung vorgebrachten Änderungsanträge, die insbesondere den von Netzaktivistinnen und Netzaktivisten, aber auch zahlreichen Kreativen kritisierten Artikel 13 betrafen, wurden nicht zugelassen.
Stimmen aus der Industrie
Kultur- und Kreativverbände begrüßen die Entscheidung. Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, sieht die Reform als "Instrumentarium, um Monopolisten wie YouTube zu zwingen, angemessene Lizenzvereinbarungen abzuschließen. Die Kritiker der europäischen Urheberrechts-Richtlinie sind nicht unsere Gegner, sondern Google und Co. Wir sind offen für Gespräche!"
Auch der Geschäftsführer des Verbands unabhängiger Musikunternehmen (VUT), Jörg Heidemann, drückt seine Freude aus:
"Großartig! Wir danken den Europaparlamentarier_innen für dieses klare Signal. Die Richtlinie schafft endlich ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Plattformen, Nutzer_innen und Kreativen: Mehr Verantwortung für die Plattformen, Rechtssicherheit für private User_innen und vor allem eine gestärkte Stellung der Künstler_innen."
Dr. Florian Drücke vom Bundesverband Musikindustrie wiederum begrüßt die Richtlinie als einen "großen Schritt für die europäische Kultur- und Kreativwirtschaft – insbesondere auch für unsere Branche nach einer jahrelangen Diskussion über mehr Verantwortung der User-Upload-Content-Plattformen wie YouTube. Der europäische Gesetzgeber hat diesbezüglich ein klares Signal in die Welt gesendet."
Mangelnder Respekt?
Die Gegner der Reform wiederum zeigen sich enttäuscht von dem Ergebnis. Noch am Wochenende vor der Abstimmung hatten über hunderttausend Menschen in zahlreichen europäischen, insbesondere deutschen Großstädten gegen die Reform des Urheberrechts für den europäischen Binnenmarkt protestiert.
In den Augen des Initiators der aktuell größten Kampagne gegen die Urheberrechtsreform, Dominic Kis, wurde diesen Stimmen zu wenig Gehör geschenkt:
Erste spontane Stellungnahme von unserem Mitinitiator Dominic Kis. Fest steht: Wir werden uns weiter für ein freies Internet engagieren!#SaveYourInternet pic.twitter.com/5Yqc6eVxpI
— Savetheinternet.info (@uploadfilter) 26. März 2019
Terry Reintke, Abgeordnete der Grünen im EU-Parlament, kritisiert auf Twitter überhaupt den Umgang mit kritischen Stimmen im Zuge der Urheberrechtsreform:
Erst die Vorwürfe, Kritik am #Copyright würde von Bots ausgehen oder Demonstrant*innen wären angeblich gekauft.
— Terry Reintke (@TerryReintke) 26. März 2019
Dann dieses Verhalten gegenüber @Senficon heute im Plenum.
Das ist einfach nicht okay und kann die @CDU_CSU_EP nicht einfach so stehen lassen#SaveYourInternet pic.twitter.com/U9NEf7mUz2
Im Vorfeld der Demonstrationen hatte u.a. der CDU-Politiker Sven Schulze (CDU) Zweifel an der Echtheit der zahlreichen Prostestmails geäußert und behauptet, es handele sich hierbei um einen "Fake" seitens der betroffenen Konzerne. Die EU-Kommission wiederum bezeichnete die Gegner als "Mob".
Was nun?
Statt zu resignieren, betonen die Reform-Gegner jedoch, dass der Widerstand gegen die Richtlinie noch nicht am Ende sei. Nach Zustimmung des Europa-Parlaments muss die Urheberrechtsreform nun noch vom europäischen Rat, der Vertretung der Regierungen der Mitgliedsstaaten, beschlossen werden. Hier hoffen Aktivistinnen und Aktivisten bzw. auch Politikerinnen wie Julia Reda noch auf die Möglichkeit zur Umkehr:
„Schwarzer Tag für die Netzfreiheit! Das @Europarl_DE hat die Urheberrechtsreform mit #Artikel13 und #Artikel11 abgenickt. Die Bundesregierung muss jetzt klar Farbe bekennen!“ - @senficon #CopyrightDirective #Article13 #SaveYourInternet #GehtWählen pic.twitter.com/o9BNSsMwxe
— Change.org DE (@ChangeGER) 26. März 2019
Hier findet hier unseren großen Informationsartikel zur Urheberrechtsreform.
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