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Ein Mittelweg?

Justizministerin Lambrecht mit "Diskussionsentwurf" zur Umsetzung der Urheberrechtsreform in Deutschland

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 25.06.2020

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Justizministerin Lambrecht mit "Diskussionsentwurf" zur Umsetzung der Urheberrechtsreform in Deutschland

Christine Lambrecht (SPD). © Susie Knoll

2019 hat die EU-Kommission die Urheberrechtsreform beschlossen. Jetzt legt Justizministerin Christine Lambrecht den ersten Entwurf vor, wie die Richtlinie in nationales Recht übersetzt werden könnte.

Lambrecht legte den mit dem Bundesjustizministerium erarbeiteten Entwurf am Mittwoch, den 24. Juni 2020 vor. Nach eigener Aussage stellt der Entwurf einen Mittelweg dar, der die Spielräume der EU-Richtlinie nutze. Lambrecht betont, dass es nicht um ein Gegeinander von Kreativen, Rechteverwerter/innen und Nutzer/innen gehe, sondern um ein Miteinander. 

Der Diskussionsentwurf im Überblick

Der Entwurf (hier als PDF) sieht u.a. vor, die Sorgfaltspflicht für die von Nutzer/innen hochgeladenen Inhalte auf Upload-Plattformen zu übertragen. Diese müssen die Einhaltung konkret geregelter Sorgfaltspflichten gewährleisten, darunter die Pflicht, Lizenzen für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützer Werke zu erwerben und unlizenziertes Material auf Information durch den Rechteinhaber zu entfernen. 

Die Möglichkeit des sogenannten "Pre-Flaggings", also des Markierens von Uploads, die einen geringen Teil urheberrechtlich geschützens Materials enthalten, soll die Verbreitung von Karrikaturen, Pastiches, Parodien und auch Memes gewährleisten. Laut Spiegel sollen nur Dateien, die zu mehr als 90 Prozent aus einem von einem Rechteinhaber gemeldeten Werk bestehen, als rechtswidriger Upload betrachtet und verhindert werden. 

Zu den weiteren Vorschlägen Lambrechts gehört eine Vergütung der Urheber/innen, auch bei der Nutzung von Ausschnitten aus ihrem Werk, durch die Plattformen und mittels der zuständigen Verwertungsgesellschaften. Von den Haftungsregeln ausgenommen sind außerdem Plattformen, die als Start-ups oder kleine Anbieter gelten.

Kritik, aber auch Lob

Obwohl Lambrecht selbst angibt, das der Entwurf so weit wie möglich ohne die umstrittenen Uploadfilter auskommen soll, zeigt sich spätestens hier, dass eine automatische Überprüfung des hochgeladenen Materials nicht zu umgehen ist. In einem Statement von Sebastian Alscher, dem Bundesvorsitzenden der Piratenpartei Deutschland, fordert dieser Lambrecht auf, den entsprechenden Teil zu streichen:  

"Nach wie vor ist ein Teil des Entwurfs, dass Internetplattformen Uploadfiltersysteme vorhalten, um eingehende Inhalte zu analysieren und bei Bedarf blockieren zu können. Wir halten den Aufbau einer solchen Infrastruktur nach wie vor für sehr bedenklich, da sie mit wenigen Änderungen zur Zensur eingesetzt werden kann. Politiker müssen, was solche Entwicklungen angeht, besonders wachsam sein und diese verhindern, wann immer es möglich ist."

Auch Julia Reda, eine der prominentesten Kritikerinnen der EU-Urheberrechtsreform, fordert die Streichung: Sperrentscheidungen sollten immer von Menschen getroffen werden. Ansonsten lobt sie den Vorschlag jedoch: Er lasse erkennen, dass sich die Bundesjustizministerin mit der lautstarken Kritik an Artikel 17 auseinandergesetzt habe. 

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