Freie Bahn für den Trilog
EU-Urheberrechtsreform: Deutschland und Frankreich einigen sich offenbar über Upload-Filter
Der Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Strasbourg. © Von Diliff - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35972521
Die Einigung zwischen den beiden Ländern könnte laut Piraten-Politikerin Julia Reda der letzte notwendige Schritt zur Durchsetzung der polarisierenden Reform gewesen sein. Deutschland und Frankreich tragen aufgrund ihrer Größe zu einer entscheidenden Mehrheit für den Reformantrag bei.
Mitte Januar 2019 waren die Diskussionen zur Urheberrechtsreform zum Stillstand gekommen, da der von der rumänischen Ratspräsidentschaft vorgelegte Kompromissvorschlag eben keine mehrheitliche Zustimmung erhalten hatte; die letzten Trilogverhandlungen wurden abgesagt.
Artikel 13
Die an den Verhandlungen beteiligten Länder waren sich insbesondere uneins über Artikel 13 der Urheberrechtsreform. Dieser Artikel soll die Haftung von user generated content-Plattformen wie YouTube im Falle von Urheberrechtsverstößen seitens der Nutzerinnen und Nutzer regeln.
Der zwischen Deutschland und Frankreich vereinbarte Kompromiss – dessen Leak hier online betrachtet werden kann – bezog sich vor allem darauf, für welche (gewinnorientierten) Plattformen und Webseiten die Verpflichtung, die von Usern hochgeladenen Materialien zu scannen, letztlich greift.
Laut dem Entwurf sind lediglich solche Seiten von dem Zwang zur Filterung des Nutzercontents ausgenommen, auf die die folgendne drei Punkte zutreffen:
seit weniger als drei Jahren öffentlich zugänglich
jährlicher Absatz unter zehn Millionen Euro
weniger als fünf Millionen unique user pro Monat
Außerdem müssen selbst diese Plattformen zumindest vorweisen können, dass sie "größte Bemühungen" unternommen haben, die "notwendigen" Lizenzen von Rechteinhabern zu beschaffen – bei der unüberschaubaren Vielzahl von Medien (und Rechteinhabern), die potentiell irgendwo hochgeladen werden können, eine nahezu unmögliche Aufgabe.
Uploadfilter
Gegnerinnen und Gegner der Reform befürchten, dass sogenannte Upload-Filter eingesetzt würden, um den hochgeladenen Content zu scannen, sollte Artikel 13 in seiner derzeitigen Form verabschiedet werden.
Dies wäre u.a. deswegen problematisch, da bereits existente Uploadfilter noch immer extrem fehleranfällig sind, und weiterhin für den geforderten Datenabgleich eine Liste sämtlichen urheberrechtlich geschützten Werken benötigte – wie bereits weiter oben betont ein nahezu unmögliches Unterfangen.
Software ist laut Kritikerinnen und Kritikern außerdem nicht in der Lage, etwa Ironie zu erkennen – und kann damit auch nicht unterscheiden zwischen einer illegalen Urheberrechtsverletzung und einer Parodie, die legalerweise auf das parodierte Material zurückgreift.
Möglichkeit und Unmöglichkeit
Befürworter der Reform verweisen in diesem Zusammenhang immer wieder darauf, dass auch der jetzige Entwurf Upload-Filter noch immer nicht explizit vorschreibt. Obwohl dies zutreffend ist, bleibt jedoch die Frage bestehen, wie ein solches Monitoring vonstatten gehen soll.
Plattformen wie YouTube oder Facebook, die in erster Linie von der Urheberrechtsreform betroffen wären, wären aufgrund der schieren Menge an täglich hochgeladenen Inhalten gezwungen, den Kontrollprozess in irgendeiner Form zu automatisieren, wenn sie die bisherige Funktionsweise ihrer Plattform nicht radikal verändern möchten – und damit erneut der Fehleranfälligkeit von Algorithmen ausgeliefert.
Werdet aktiv!
Die ursprüngliche Intention der Urheberrechtsreform – die faire und geregelte Entlohnung von Kreativen – ist freilich positiv zu bewerten. Doch steht der jüngste Entwurf der Reform der Idee des Internets als einer Plattform zum freien Gedankenaustausch noch immer diametral entgegen.
Die Initiatoren der Urheberrechtsreform legen mit ihrem Vorschlag ein Unverständnis für die schiere Masse an Daten – sowohl im Internet wie auch im Bereich des Urheberrechts bzw. der Lizenzierung – an den Tag.
Gleichzeitig wälzen sie durch bewusst undeutlichen Formulierungen die Mammutaufgabe der technischen Realisierung der Reform auf die betroffenen Websites und Plattformen ab, die im Falle des Scheiterns der Realisierung gleichzeitig in Haftung genommen werden.
Noch ist es möglich, eine Petition gegen die Reform zu unterzeichnen. Hier finden sich die Kontaktdaten der deutschen EU-Parlamentarier, denen ihr auch direkt eure Kritik schicken könnt.
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